Naomi Klein in Berlin: "Klima versus Kapitalismus"
Mit ihrem neuen Werk "Die Entscheidung: Klima vs. Kapitalismus", sticht Noami Klein nach ihren Welterfolgen "No Logo" und "Die Schock-Strategie" mitten in ein Wespennest. Kaum eine gesellschaftliche Debatte wird ähnlich emotional geführt, wie die des Klimawandels. Oft ideologisch aufgeladen feinden Gegner und Befürworter der These des menschgemachten Klimakollaps einander an, unterstellen sich jeweils gegenseitig unlautere Absichten und messen ihre Kräfte in unendlichen digitalen Kommentarschlachten.
Umso wertvoller ist es da, mit Naomi Klein - einer der profiliertesten Kritrikerinnen der neoliberalen Agenda - das Blickfeld zu erweitern. Denn, so kann kaum bezweifelt werden, das bestehende, auf Wachstum ausgerichtete, Wirtschaftssystem zerstört die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen. Laut einer WWF-Studie verbraucht die Menschheit jedes Jahr 50 Prozent mehr Ressourcen, als die Erde innerhalb dieses Zeitraums regenerieren und damit nachhaltig zur Verfügung stellen kann. Die Probleme sind dabei zweifellos mannigfaltiger als die Frage steigender Temperaturen. Erosion und Umweltzerstörung beim Abbau fossiler Brennstoffe, massives Artensterben durch Überfischung, nukleare Katastrophen, die - wie Fukushima zeigte - kein Einzelfall bleiben: Die bestehende Anabolika-Ökonomie als weltweites Dogma zersetzt in vielerlei Hinsicht den Planeten.
Doch der Kanadierin geht es mit ihrem neuen Werk, das sie am vergangenen Sonntag auf Einladung der Rosa-Luxemburg-Stiftung und des Blätter-Verlages vorstellte, nicht nur um eine Zustandsbeschreibung. Klein möchte mobilisieren und wählte wohl deshalb auch aus strategischen Gründen als Titel ihres Buches die dichotome Gegenüberstellung der Frage Kapitalismus oder Klima.
Denn, so Klein, nur eine weltweite soziale Bewegung, kann die herrschenden wirtschaftlichen Dogmen in Frage stellen und den nötigen Druck für systemische Alternativen aufbauen. Diesen mobilisierenden Kristallisationspunkt sieht Klein beim Thema Klimawandel. Kleins Kritik geht - vor allem in Bezug auf ihr Gesamtwerk betrachtet - an den Kern der multikausalen sozialen und ökonomischen Krise, deren Verwerfungen laut ihr immer offensichtlicher global zu Tage treten.
Im aktuellen Werk nun also der Schwerpunkt Umwelt: Anstatt immer mehr Wirtschaftsbereiche zu privatisieren, brauche es eine starke Öffentlichkeit, Umweltverschmutzung müsse stärker besteuert werden und diese Mittel sollen direkt in die grundlegende Umstrukturierung der Wirtschaft fließen. Besonders Konzerne, die sich heute oft erfolgreich jeder Regulierung entziehen, gilt es dabei in die Verantwortung zu nehmen. Doch in der genauen Skizze einer "Nächsten Ökonomie" bleibt Naomi Klein eher unkonkret. Hierin liegt wohl auch das größte Problem an ihrem kürzlich erschienenen Buch. Denn die von Klein umfangreich analysierten Ursachen für eine gesellschaftliche Stagnation bei der Entwicklung von Lösungen können auch damit zusammen hängen, dass auch Vordenker wie Klein hier letztendlich zu wenig anbieten.
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