Volkswagen dementiert kroatische Berichte über Alternativpläne für neues Werk

Die türkische Intervention in Syrien sorgt nicht nur in der internationalen Politik für Wirbel. Auch die Pläne eines neuen VW-Werks in der Türkei wurden deshalb auf Eis gelegt und sorgten für einen Freudentaumel auf dem Balkan. Einen so großen Fisch wie Volkswagen hätten einige Länder gern gefangen.

von Zlatko Percinic

Neben Bulgarien, Rumänien und Serbien soll auch Kroatien im Rennen um einen alternativen Standort für das neue VW-Werk sein, das eigentlich in der Türkei gebaut werden sollte. Das zumindest berichtet die renommierte Zeitung Večernji list unter Berufung auf Informationen aus dem kroatischen Wirtschaftsministerium. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier soll bei seinem Besuch in Zagreb am 21. Oktober dieses Thema im Gespräch mit seinem Amtskollegen Darko Horvat angesprochen haben. Außerdem traf er sich auch noch mit dem Ministerpräsidenten Andrej Plenković und der Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović.

In dem neuen VW-Werk sollen bis zu 300.000 Pkws pro Jahr vom Band rollen und 4.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Dafür möchte der Wolfsburger Konzern bis zu 1,3 Milliarden Euro investieren, rechnete das kroatische Blatt vor. Für Kroatien – und jedes andere der genannten Länder – käme diese Investition und die Schaffung von tausenden Arbeitsplätzen einem Segen gleich. Es bliebe nicht nur bei VW, sondern es würden sich weitere Zulieferer für das Werk ansiedeln, die wiederum Investitionen und Arbeitsplätze nach sich ziehen würden.

Deshalb ist auch jedes der genannten Länder bereit, mit großzügigen Steuererleichterungen und weiteren Incentives Volkswagen davon zu überzeugen, in ihrem Land das Werk aufzubauen. Der kroatische Wirtschaftsminister Horvat bestätigte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Altmaier, dass Kroatien bereit ist, entsprechend große staatliche Investitionen zu tätigen, um die Rahmenbedingungen für eine Automobilindustrie zu schaffen. Dafür sollen auch Mittel aus EU-Fonds verwendet werden. Horvat versuchte, seinen deutschen Gast auch mit der günstigen geostrategischen Lage seines Landes zu überzeugen sowie mit der guten Ausbildung von Fachkräften, die deutlich günstiger als in Deutschland sind.

Doch auf Nachfrage von RT Deutsch dementierte der stellvertretende Leiter der VW-Kommunikationsabteilung solche Pläne und verwies auf die Antwort von Dr. Andreas Tostmann, Mitglied des Markenvorstands Volkswagen für den Geschäftsbereich "Produktion und Logistik":

Wir beobachten die Situation weiterhin sehr genau. Die Planungen für das neue Werk sind unverändert on hold – es gibt derzeit keine alternativen Standortplanungen.

Demnach halte Volkswagen weiterhin an den Plänen in der Türkei fest, und man habe die Realisierung vorerst lediglich auf Eis gelegt. Doch der politische Aktivismus in Bulgarien, Rumänien, Serbien und eben auch in Kroatien legt nahe, dass man sich durchaus mit einer Alternative zur Türkei beschäftigt. Bulgarien soll sein Subventionsangebot von 135 Millionen Euro auf 260 Millionen Euro fast verdoppelt haben, nachdem das Projekt in der Türkei auf Eis gelegt wurde. Wer allerdings tatsächlich die Fühler in diese Richtung ausgestreckt hat, ist zurzeit unklar, zumal VW selbst bestreitet, dass es überhaupt eine "alternative Standortplanung" gibt.   

Zagreb sieht einen weiteren Vorteil für einen Standort Kroatien für die Automobilindustrie: die Batterieproduktion. Mit dem Unternehmen Rimac Automobili verfügt Kroatien bereits über entsprechendes Know-how und baut sogar in China ein Werk für Elektrobatterien und -motoren für den chinesischen Markt. Kroatien möchte deshalb dem europäischen Batterieverbund beitreten, wo Deutschland gegenwärtig den Vorsitz hat. Dieser Batterieverbund ist ein informeller Zusammenschluss von Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Polen, Schweden, der Slowakei und Spanien, um ein "funktionierendes Ökosystem" für die Batterieproduktion in Europa aufzubauen.

Deutschland ist Kroatiens größter Wirtschaftspartner und verfügt auch in der Regierung über entsprechenden Einfluss. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium hieß es zuvor, dass ein "inhaltlicher Schwerpunkt" die bevorstehende kroatische EU-Ratspräsidentschaft sein würde. Offensichtlich einigte man sich in Zagreb darauf, dass Kroatien und Deutschland sich die Präsidentschaft teilen werden. So soll Kroatien das erste Halbjahr den Vorsitz haben, Deutschland dann im zweiten, meldete die Regierung.

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