Australische Zentralbank stellt niedrigsten Leitzins ihrer Geschichte in Aussicht

Steuererleichterungen in Milliardenhöhe und Infrastrukturausgaben in jüngster Zeit haben die australische Wirtschaft nicht in Schwung gebracht. Die australische Zentralbank wird die Leitzinsen binnen eines Monats unter ein Prozent senken müssen.

Mehr als drei Milliarden Australische Dollar sind in Form von Steuersenkungen in den letzten zwölf Monaten auf die Bankkonten australischer Steuerzahler geflossen. Außerdem sind die Zinssätze für Hypothekenzinsen Mitte Juli von allen großen Kreditgebern gesenkt worden, um den Käufern weiteres Geld zur Verfügung zu stellen. Doch die Australier sparen oder begleichen ihre bestehenden Schulden; trotz der Finanzspritzen sind die Einzelhandelsumsätze im Juli zurückgegangen. Die Regierung in Canberra ist für ihre Wirtschaftspolitik in der Kritik.

Laut den am Mittwoch vorgelegten Zahlen wird die australische Wirtschaft um weniger als 1,5 Prozent wachsen und damit deutlich unter ihrem historischen Durchschnitt von 3 bis 4 Prozent liegen. Dies wäre das schlechteste Jahresergebnis seit 1990, als die Wirtschaft aufgrund einer Rezession um 1,4 Prozent schrumpfte. Die Einzelhandelsumsätze gingen im Juli um 0,1 Prozent zurück und stiegen gegenüber dem Vorjahr nur um 2,4 Prozent.

Premierminister Scott Morrison hat Unternehmen und Haushalte auf ein "sehr schwieriges Quartal" vorbereitet, aber die Einzelhandelszahlen vom Dienstag zeigen, dass die schlechten Aussichten voraussichtlich über das Geschäftsjahr 2019 hinaus anhalten werden.

Die Zentralbank Australiens RBA beließ den offiziellen Zinssatz bei ihrer Sitzung am Dienstag bei einem Rekordtief von 1 Prozent, erklärte sich jedoch bereit, die Zinssätze weiter zu senken, um die Arbeitslosenquote zu senken und die Löhne anzuheben. Der Gouverneur der RBA, Philip Lowe, sagte, die Bank suche noch immer nach einer Straffung des Arbeitsmarktes, und fügte hinzu, dass eine Anhebung der Löhne eine "willkommene Entwicklung" sei.

Er zeigte sich jedoch auch zunehmend besorgt über die internationalen Aussichten und verwies auf zunehmende Risiken durch die anhaltenden Spannungen zwischen den USA und China.

Im Außenhandel profitiert Australien jedoch von den internationalen Spannungen. Im Juni verzeichnete das Land seinen ersten Leistungsbilanzüberschuss seit 44 Jahren. Angetrieben von einem starken Anstieg der Warenexporte, verzeichnete Australien einen Überschuss von 5,9 Milliarden Australischen Dollar – eine Steigerung um 0,6 Prozentpunkte. Allein die Eisenerzexporte stiegen um 5,8 Milliarden AUD, was auf einen Preisanstieg von 20 Prozent zurückzuführen ist.

Analysten prognostizieren, dass der Leitzins bis Ende des Jahres 0,75 Prozent erreichen wird, und haben ihre Erwartungen für die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung auf ein Wachstum von 1,4 Prozent herabgestuft – deutlich weniger als von der RBA im April-Budget prognostiziert. Pessimistische Schätzungen sehen den Leitzins sogar bei 0,6 Prozent oder darunter.

Schatzmeister Josh Frydenberg hat den Australiern dennoch geraten, die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung in Betracht zu ziehen und sich auf einen zu erwartenden Aufschwung im September zu konzentrieren, wenn die Infrastrukturausgaben und Einkommenssteuersenkungen von bis zu 36 Milliarden AUD ihre Wirkung zeigen.

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