Harvard-Professor Rogoff: China könnte im Zentrum der nächsten globalen Finanzkrise stehen

Seit der Finanzkrise von 2008 ist ein Jahrzehnt vergangen. Der wirtschaftliche Abschwung sei endlich vorbei, was eine gewisse Umkehrung des Produktivitätswachstums bedeute, meint der Harvard-Professor für Public Policy, Kenneth Rogoff.

Unsere Forschungen ergeben, dass es nach einer tiefen, systemischen Krise meist acht bis zehn Jahre dauert, bis sich die Konjunktur erholt. Das war dieses Mal nicht anders. Eine Dekade nach der Krise normalisiert sich die Wirtschaft, und wir kommen in eine Phase, in der Produktivität und Investitionen in den nächsten Jahren überdurchschnittlich wachsen", sagte er der Schweizer Wirtschaftszeitung Finanz und Wirtschaft.

Es habe einen tiefen, langanhaltenden Einbruch bei den globalen Investitionen gegeben, unterstrich Rogoff und fügte hinzu, dass es das Wichtigste im Moment sei, dass die Investitionen weiter zunehmen.

Nach Ansicht des Professors ist das Bankensystem in den meisten Ländern heute "recht solide", aber das Niveau der Regulierung habe sich so stark verschärft, dass die Banken nicht mehr so einfach Kredite vergeben, wie sie es früher getan haben. Das mache es auch für mittlere und kleine Unternehmen schwierig, Kredite zu bekommen.

In den meisten Ländern ist das Bankensystem heute recht gesund und weniger fragil als 2007. Weniger gut sieht es hingegen bei der Finanzierung von Wachstum aus",

erklärte der Experte und fügte hinzu, dass man daher die Regulierung der Banken verbessern müsse.

Über die Möglichkeit einer erneuten Finanzkrise sprechend, sagte Rogoff, dass es zweifellos Probleme mit der Eurozone gebe, aber China der erste Kandidat sei, der zum nächsten Zentrum einer Finanzkriege werden könnte:

Die einzige bedeutende Region, die hinsichtlich des Konjunkturzyklus aus dem Rahmen fällt, ist aber China. China ist der Topkandidat, um im Zentrum der nächsten großen Finanzkrise zu sein."

Er lobte die harte Arbeit der chinesischen Regierung, die versuche, eine Finanzkrise zu verhindern, bezeichnete das Land aber dennoch als die derzeit zerbrechlichste Großregion der Welt. Nach Ansicht des Professors besteht das Problem darin, dass die chinesische Wirtschaft nach wie vor sehr unausgewogen ist und stark von Investitionen und Exporten abhänge. Darüber hinaus sei Peking sehr kreditabhängig, so der Professor.

Rogoff wies außerdem darauf hin, dass die Schuldenstände der westlichen Länder zwar ebenfalls sehr hoch seien, diese aber phänomenal niedrige Zinsen hätten.