Von Elem Chintsky
Verständlicherweise arbeiten die Analytiker des Internationalen Währungsfonds (IWF) rund um die Uhr, um das Unausweichliche mit den bestmöglichen Spielkarten für den Westen zu konfrontieren. Das bedeutet, dass die Bretton-Woods-Finanzordnung, die seit 1944 herrscht und den US-Dollar als des Hegemons Weltreservewährung einsetzt, nicht einfach über Bord geworfen werden darf. Stattdessen müsse ein technologischer Macht- und Einfluss-Transfer vollzogen werden. Nur bleibt dafür nicht mehr so viel Zeit – ganz besonders, wenn deren Erwartungshaltung tatsächlich ist, dass das neue System auch "unipolar" aus dem Westen heraus dominiert werden soll.
So veröffentlichte der IWF im August ein neues Arbeitspapier, in dem eine weltweite eigene Blockchain der Zentralbanken vorgeschlagen wird. Damit will man, auf der Grundlage der Distributed-Ledger-Technologie der Blockchain, ein Zahlungssystem schaffen, welches die Probleme der unzureichenden Regulierung von Kryptowährungen lösen soll, sowie vermeintlich auch der mangelnden Transparenz des jetzigen Bankensystems vorbeugen. Diese "Zentralbank-Blockchain" soll in Perspektive auch das SWIFT-Zahlungssystem ersetzen.
Es reicht nicht aus, dass bereits seit einigen Jahren die Rothschild Investment Corporation, BlackRock und viele andere, "private", dem IWF nahestehende Finanzgiganten hinter den Kulissen in den Bitcoin investieren. Zwar wird schon die, durch diese Bündelung vieler Bitcoins in den Händen weniger Mächtiger, ideologische Erwartung der Krypto-Community für eine "wahrhaft dezentrale Finanzordnung" stark gestört. Aber dem IWF reicht diese inoffiziell wachsende Kontrolle nicht aus. Das System selbst muss zentralisiert bleiben, um weiterhin, wie die letzten 80 Jahre, im vollen Spektrum politische Kontrolle ausüben zu können. Entweder man bringt die Menschheit dazu, schier ausnahmslos die staatlich kontrollierten, freiheitsraubenden, digitalen Zentralbank-Währungen (CBDC) zu nutzen, oder man lässt den Menschen ihre mehr oder weniger privaten Kryptowährungen (zum Beispiel der Bitcoin, Ethereum, Dash oder Monero), zwingt sie aber auf die supranational-zentralisierte Blockchain, die laut dem IWF nun bald an den Mann gebracht werden müsse. Laut dem IWF, müssten die "privaten Netzwerk-Anbieter" – wie die Blockchains des Bitcoins (BTC), von Ethereum (ETH), Solana (SOL), Cardano (ADA) oder Polkadot (DOT) – mit dieser globalistisch-neoliberal aufgezwängten Blockchain, aus dem Rennen gedrängt werden.
Hier beißen sich eindeutig die beiden Grundsätze – freier Markt und Planwirtschaft. Besonders in Anbetracht der ambitionierten, monetären Ziele der BRICS-Organisation, bleibt fraglich, wie eine weltweit homogene, geopolitisch neutrale Synchronisierung und Einigung unter IWF-Kontrolle erreicht werden könnte. Genau bei diesem offensichtlichen Punkt schweigen die Experten des IWF.
Laut dem IWF soll diese von ihnen kuratierte Blockchain als neues Abwicklungssystem auf dem Grundsatz der Offenheit der Code-Basis beruhen – also "Open Source" sein. Demnach würden sie Drittentwicklern Zugang zu Informationen über Konten und Geldtransfers und zum Quellcode selbst gestatten. Die Variante eines "geschlossenen Systems und Quellcodes" wird auch kontempliert. Eine Vielzahl von Finanzinstrumenten soll ermöglicht werden, womit man das Vertrauen in die relevanten Institute wieder stärken möchte. Bedenkt man, wie viele Finanzinstrumente derzeit bereits als spekulative Blasen im klassischen System vorhanden sind, erscheint es fraglich, wie dieses "Verbraucher-Vertrauen" zu erreichen sei. Zumal zuerst der Crash des alten Systems vollzogen werden muss. Dieser wird das Vertrauen der Nutzer und Bürger weltweit mit Sicherheit noch einmal stark herunterziehen.
Das digitale Zentralbankgeld, welches auf dieser eigenen Blockchain funktionieren würde, ist als sogenanntes "programmierbares Geld" höchst verdächtig – auch wenn im Vorhinein behauptet wird, dass "jeder daran herumprogrammieren dürfe". Faktisch wird es der Staat allein sein, genauer, die jeweilige Exekutive an der Spitze, die an den jeweiligen Bürger angepasst, Geld "programmieren darf und wird". Wer darf was, wie viel und wofür bezahlen und wer nicht? Fragen, die mit solchem digitalen Zentralbankgeld beantwortet werden. Das ist besonders wichtig, wenn man die bisherigen politischen Entscheidungen zur staatlichen Einschränkung, Verfolgung, Diskriminierung und Mundtotmachung politischer Gegner im In- oder Ausland, oder auch den Diebstahl der russischen, milliardenschweren Devisenreserven aus westlicher Hand betrachtet. Mit zentral "programmierbarem Geld" wäre diese Art der drakonischen, neuen Ökonomie sogar noch exponentiell vereinfacht und willkürlicher.
Das Dokument gesteht aber auch auf Seite 27 durchaus ein, dass die Aussicht auf "programmierbares Geld" in den Händen der Zentralbank Fragen aufwirft:
"Darüber hinaus stehen die Zentralbanken bei der Einführung von programmierbarem Geld aufgrund ihrer einzigartigen institutionellen Stellung vor besonderen Herausforderungen. Die Verankerung von Regeln und Beschränkungen in der Währung könnte als Überschreitung der traditionellen Grenzen der Zentralbankenaufsicht empfunden werden."
Genau das ist die größte Hürde, die der IWF aber durch die vermutete, mangelnde finanzielle Bildung der meisten Bürger schaffen könnte, zu überwinden.
Von dem Volumen neu geschaffener Bitcoins her ist die Volksrepublik China das zweitgrößte Land für das Mining – 95,09 BTC pro Tag. Obwohl Peking bezüglich dieser Frage – ob das Mining des Bitcoins legal oder illegal sei, betrieben oder nicht betrieben würde – in den letzten Jahren regelmäßig für Verwirrung sorgte. Auf dem ersten Platz bleiben die USA, die, wie weiter oben noch einmal unterstrichen, zurzeit immer noch als der alte Wirt für die Ambitionen des IWF verbleiben.
Kürzlich unterschrieb Präsident Putin einen Erlass, der das energieaufwendige Mining von Bitcoins in Russland ab November 2024 legalisiert. Diese wettbewerbsrelevante, für Torschlusspanik sorgende Tatsache haben die Experten des IWF sicherlich auch auf dem Schirm. Für die BRICS-Gruppe spielt der Bitcoin also eine nicht unbeträchtliche Rolle.
Mit dem erst kürzlich erreichten, historischen Goldkurs-Rekord von 2.500 US-Dollar pro Unze, ist klar, dass große Teile des weltweiten Finanzmarktes eines verstanden haben: Ein kolossaler Eigentums- und Geldwert-Transfer ist am Horizont. Wer die Möglichkeit hat (Nationen, Korporationen sowie Individuen), die Kaufkraft und den Wert der eigenen Anlage-Portfolios zu sichern, kauft Gold oder den Bitcoin ein. Allem Anschein nach werden diese beiden langfristigen Wertanlagen, wenn auch in ihrer Volatilität unterschiedlich, später – sobald die neue Finanzordnung aufgezwungen wurde – zurück ins System eingespeist.
Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit RT DE besteht seit 2017. Seit Anfang 2020 lebt und arbeitet der freischaffende Autor im russischen Sankt Petersburg. Der ursprünglich als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildete Chintsky betreibt außerdem einen eigenen Kanal auf Telegram, auf dem man noch mehr von ihm lesen kann.
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