Entdollarisierung: China entwickelt digitales Zentralbankgeld

Mit seinem Sanktionsregime treibt der Westen die Suche nach Alternativen zum US-Dollar ungewollt voran. Der von China entwickelte digitale Yuan könnte an Bedeutung gewinnen, ohne dass sich Peking dem Risiko freier Konvertierbarkeit komplett aussetzt. Auch Russland entwickelt einen digitalen Rubel.

China strebt nach einer Internationalisierung der eigenen Währung, ohne sich den Risiken aussetzen zu müssen, die mit einer vollständigen Öffnung gegenüber den Devisenmärkten einhergehen würden. Diese These vertreten die Verfasser einer Studie des Think-Tanks Stiftung Wissenschaft und Politik. 

Die Autoren schreiben: 

"Ziel der chinesischen Währungspolitik ist es, nach innen Stabilität sicherzustellen und nach außen im internationalen Finanz- und Währungssystem die eigenen Machtspielräume zulasten des Westens auszuweiten und das globale System in einer Weise umzugestalten, dass es kompatibler mit den Strukturen des chinesischen Einparteienstaats wird."

Angetrieben wird dieses Vorhaben ausgerechnet vom Westen selbst. Mit der Politisierung seiner Währungen und Handelsbeziehungen macht er die Suche nach einer Alternative zu Dollar und Euro für die Länder des Globalen Südens zu einer Aufgabe von vitalem Interesse. Mit dem Verhängen der Russland-Sanktionen, dem Abschneiden Russlands vom SWIFT-Zahlungssystem und der Drohung mit Sanktionen gegen Drittstaaten wurde deutlich, dass ein auf den Westen ausgerichtetes und vom Westen dominiertes Finanzsystem nicht im Interesse der Mehrzahl der Länder der Welt ist. 

China setzt bei der Entwicklung von Alternativen vor allem auf die Digitalisierung des Yuan. Mit digitalem Zentralbankgeld "kann ein im internationalen Geschäftsverkehr einsatzfähiger digitaler RMB China und Drittländer in die Lage versetzen, westliche Finanzsanktionen einfacher zu umgehen."

Damit würde der Yuan an Attraktivität gewinnen, ohne sich dem freien Spiel der Währungen an den Devisenmärkten aussetzen zu müssen. China würde die Kontrolle über die Stabilität behalten. Der Vorteil der von China entwickelten Technologie ist ihr günstiger Preis und die hohe Geschwindigkeit von Zahlungstransfers. 

Auch andere Länder setzen auf die Entwicklung digitaler Währungen, über die - im Gegensatz zu anderen digitalen Zahlungsmitteln - der Staat die Kontrolle behalten soll. Ein Pilotversuch mit einem von der russischen Zentralbank herausgegebenen digitalen Rubel startete im Sommer letzten Jahres. Damit liegt Russland zwar zeitlich hinter China, aber weit vor der EU. Dort steckt die Entwicklung bisher noch in den Anfängen. Wie auch im Fall Chinas, ist das Interesse Russlands groß, den digitalen Rubel im grenzüberschreitenden Handel einzuführen und so westliche Finanzdienstleister zu umgehen. 

Würde es China gelingen, die eigene Währung als Alternative zum Dollar zu etablieren, würde dies die Möglichkeit minimieren, China mit Sanktionen zu treffen. Wirtschaftssanktionen funktionieren häufig, indem das sanktionierte Land vom Zugang zu den Währungen abschnitten wird, in denen Rohstoffe gehandelt werden.

Vor diesem Hintergrund ist die Absicht Saudi-Arabiens, seine Ölgeschäfte auf Yuan umzustellen, von großer Bedeutung. Die Möglichkeit der USA, durch den Zugang zum Ölgeschäft Druck auf andere Länder auszuüben, würde dadurch verringert. 

In diesem Zusammenhang müssen auch die Pläne der BRICS-Staaten eingeordnet werden, ein eigenes Währungssystem etablieren zu wollen. Der Handel zwischen den Staaten des sich erweiternden Kreises der BRICS könnte dann nicht mehr von westlichen Staaten behindert werden. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Der Wille, sich aus der Abhängigkeit vom Westen zu befreien, ist jedoch in den Ländern des Globalen Südens stark ausgeprägt. 

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