Die Europäische Union, die G7-Staaten und Australien haben sich auf eine Preisobergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel für russische Rohöllieferungen auf dem Seeweg geeinigt. Die Preisobergrenze wird am 5. Dezember in Kraft treten, geht aus einer Erklärung hervor.
Experten warnen allerdings vor Problemen, die diese Entscheidung nicht nur für deren Urheber, sondern auch für die Ukraine, in deren Interesse sie angeblich handeln, mit sich bringen wird.
Wie die Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtet, ist Sergei Kujun, der Direktor der Beratungsgruppe A-95 und führender Experte für den ukrainischen Kraftstoffmarkt, der Ansicht, dass die Preisobergrenze für russisches Öl dem ukrainischen Energiemarkt zum Verhängnis werden könnte. Das Öl könnte knapp werden und die Preise explodieren. Auf Facebook schrieb er:
"Es liegen noch zwei bis drei Monate Turbulenzen vor uns, bis sich der europäische Markt zunächst auf das Öl und dann auf die Ölsanktionen eingestellt hat. Und jetzt sieht es so aus, als wären wir die Ersten, die diese Sanktionen zu spüren bekommen. Das ist nicht einmal eine Frage des Preises, sondern der Verfügbarkeit. Ja, wir haben alle Möglichkeiten, es einzuführen, die Hauptsache ist, dass etwas vorhanden wäre. Wir sollten es also nicht eilig haben, unsere Verbündeten zu hassen. Das ist keine Frage des Preises, sondern eine Frage des Mangels. Denn wir werden sowohl Öl-Knappheit als auch Mondpreise zu spüren bekommen."
Hingegen meinen Experten aus Russland, dass die Preisobergrenze für russisches Öl vor allem auf deren Drahtzieher zurückfallen wird. So sagte beispielsweise Iwan Timofejew, Programmdirektor des Waldai-Clubs und außerordentlicher Professor am Institut für internationale Beziehungen, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur RIA Nowosti:
"Der eingeführte Grenzwert wird langfristig betrachtet negative Folgen für die Initiatoren haben, da Russland nicht aufgeben wird und nach verschiedenen Optionen für die weitere Arbeit sucht. Und je weiter die Entwicklung voranschreitet, desto offensichtlicher wird für die ganze Welt, dass es möglich ist, auf diese Weise zu leben und zu arbeiten, und dass die alten, westlich geprägten Systeme durchaus austauschbar sind. Außerdem ist es sinnvoll, dass man eigene, alternative Konzepte entwickelt, für den Fall der Fälle."
Zudem geht Timofejew davon aus, dass die Ölpreisobergrenze für Russland den Akteuren auf der Welt klar machen wird, dass sie sich von westlich orientierten Versicherungs- und Banksystemen verabschieden müssen. Er prognostiziert, dass nun auch nicht-westliche Marktteilnehmer über eine Abkehr von der starren Bindung an westliche Zahlungsabwicklungen und Transportkanäle nachdenken werden.
Mehr zum Thema - EU-Ölpreisobergrenze: Russland stellt fest, dass Europa nun ohne russisches Öl leben wird