Exportbeschränkungen treiben die Lebensmittelpreise in die Höhe und könnten die globale "Polykrise" weiter verschärfen, sagte die Generaldirektorin der Welthandelsorganisation (WTO) Ngozi Okonjo-Iweala am Sonntag bei der Eröffnung der zwölften Ministerkonferenz der WTO in Genf.
Laut der Beamtin ist die Welt seit dem letzten Ministertreffen im Jahr 2017 "komplexer geworden" – angesichts der anhaltenden Corona-Krise, des Krieges in der Ukraine und der daraus resultierenden Lebensmittel- und Energiekrise.
Okonjo-Iweala sagte:
"Diese Mehrfachkrise ist wirklich beispiellos. Und das Wichtigste bei all dem ist, dass kein Land diese Krise allein lösen kann. Dies ist der Zeitpunkt, ab dem die Welt zusammenarbeiten muss. Sie brauchen globale Solidarität."
Besondere Aufmerksamkeit schenkte Okonjo-Iweala den Beschränkungen durch sogenannte "Exportkontrollen", die ihrer Ansicht nach gelockert werden sollten, um eine Verschlimmerung der ohnehin schon schwierigen Lage zu vermeiden.
Okonjo-Iweala führte dazu weiter aus:
"Sie haben gesehen, dass in der Lebensmittelkrise 2008/2009 genau diese Art von Maßnahmen [Exportkontrollen] zu Preisspitzen geführt haben. In der Erklärung zur Ernährungssicherheit versuchen unsere Mitglieder zu erläutern, wie sie versuchen würden, sich bei solchen Maßnahmen zurückzuhalten. Dies ist ein sehr wichtiger Beitrag, den sie leisten können, um zu verhindern, dass die Preise für Lebensmittel noch weiter steigen."
Die WTO-Chefin wies darauf hin, dass der internationale Handel zwar dazu beigetragen habe, etwa eine Milliarde Menschen aus der Armut zu befreien, dass aber ärmere Länder und ärmere Menschen in wohlhabenden Ländern immer noch zu kämpfen hätten und oft ohne Unterstützung dastünden, während sich die Wohlhabenden mit Vorräten eindeckten.
Der Beamte wies auch auf die Situation in der Ukraine hin, die traditionell als eine der Kornkammern der Welt gilt, die aber aufgrund der militärischen Auseinandersetzung mit Russland derzeit nicht in der Lage sei, ihr Getreide zu exportieren. Die WTO schätzt, dass derzeit zwischen 22 und 25 Millionen Tonnen Getreide in den ukrainischen Häfen festgehalten werden. Die westlichen Staaten haben Russland beschuldigt, diese Exporte zu blockieren, während Russland wiederholt erklärt hat, man möchte den mit Getreide beladenen Schiffen durchaus eine sichere Durchfahrt durch das Schwarze Meer ermöglichen, dass jedoch die ukrainische Armee Hindernisse geschaffen hat, wie etwa die jüngste Brandstiftung [von Silos] im Hafen von Mariupol sowie die nicht beseitigte Verminung von Gebieten in und um die betroffenen Häfen.
Zu dieser Situation sagte Okonjo-Iweala, dass die Vereinten Nationen "die Lage unter Kontrolle haben" und in ständigen Gesprächen mit Russland und der Ukraine sowie mit der EU und anderen Einrichtungen stünden, um das Problem zu lösen. Sie brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Frage der Getreideexporte aus der Ukraine bald gelöst werden könne. Zuvor hatte Okonjo-Iweala gewarnt, dass Lebensmittelimporte aus der Schwarzmeerregion für rund 35 afrikanische Länder überlebenswichtig seien, da Russland und die Ukraine zusammen rund 24 Prozent der weltweiten Weizenlieferungen lieferten.
Der Beamtin zufolge wird auf der laufenden WTO-Tagung geprüft, ob Ausfuhrbeschränkungen für Lebensmittel aufgehoben oder gelockert werden sollen, um den Druck auf Länder zu mindern, die aufgrund der Krise in der Ukraine mit einem Mangel an Weizen, Düngemitteln und anderen Produkten konfrontiert sind. Sie wies darauf hin, dass ein Entwurf für ein Abkommen zur Lockerung der Exportmaßnahmen bereits ausgehandelt wird.
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