Nachdem beinahe alle Corona-Maßnahmen zurückgeschraubt wurden, belastet der Ukraine-Krieg die deutsche Wirtschaft. Vor allem die Produktion in der deutschen Industrie ist im März deutlich eingeknickt. Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes brach die Gesamtproduktion gegenüber dem Vormonat um 3,9 Prozent ein.
Einen stärkeren Rückgang hat es zuletzt zu Beginn der Corona-Krise im April 2020 mit damals 18,1 Prozent gegeben, erläuterte die Wiesbadener Behörde am Freitag. Demnach war die Produktion im März 2022 im Vergleich zum Vorjahr 3,5 Prozent niedriger.
Lieferengpässe und Materialmangel verschärften sich infolge des Krieges. So machten etwa fehlende Kabelbäume aus der Ukraine der Autoindustrie im März massiv zu schaffen. "Infolge anhaltender Einschränkungen durch die Corona-Krise und des Krieges in der Ukraine haben viele Unternehmen wegen gestörter Lieferketten nach wie vor Probleme beim Abarbeiten ihrer Aufträge", hieß es seitens der Wiesbadener Behörde.
Nach zuletzt fünf Anstiegen in Folge habe die Industrieproduktion einen herben Dämpfer erfahren, vor allem bedingt durch den russischen Krieg in der Ukraine, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium.
Als exportorientiertes Land ist Deutschland überproportional von den Handelssanktionen gegenüber Russland betroffen. Zudem seien auch wichtige Waren im Produktionsprozess durch den Krieg in der Ukraine knapp geworden. In der Autoindustrie brach die Produktion im März demnach um 14,0 Prozent ein. Der ebenfalls wichtige Maschinenbau verbuchte ein Minus von 5,3 Prozent. Für die Industrie, die bereits im letzten Jahr durch Lieferengpässe bei wichtigen Vorleistungsgütern belastet wurde, stelle der Krieg mit den damit verbundenen hohen Rohstoffpreisen einen erneuten Dämpfer dar, so das Ministerium.
Nach Angaben des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung klagten im März gut 80 Prozent der befragten Industrieunternehmen über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer erwartet, dass es in den kommenden Monaten mit der Industrieproduktion tendenziell weiter nach unten gehen dürfte. "Zum einen lässt die Null-Corona-Politik Chinas den Nachschub für die deutsche Industrie stocken. Zum anderen verunsichert Putins Angriffskrieg hierzulande Verbraucher und Unternehmen."
Nach Einschätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) blickt die Industrie auch in den nächsten Monaten auf große Herausforderungen. "Gerade Lieferkettenprobleme werden das Verarbeitende Gewerbe noch belasten", sagte DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen.
Die Herstellung von Investitionsgütern verringerte sich im März um 6,6 Prozent. Die Energieerzeugung lag um 11,4 Prozent niedriger als im Vormonat, nachdem sie im Februar noch deutlich gestiegen war. Die Aktivitäten am Bau stiegen dagegen leicht um 1,1 Prozent.
Die Industrie-Produktion reiht sich ein in eine Serie schwacher Konjunkturdaten, die in dieser Woche veröffentlicht wurden. Auch der Export sowie der Auftragseingang waren im März gegenüber dem Vormonat gesunken. Nach Einschätzung von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, dürften die Frühjahrs- und Sommermonate für die deutsche Industrie schwierig bleiben.
Die Preiserwartungen der vom Ifo-Institut befragten Unternehmen hingegen steigen stark an. Eine große Mehrheit der Unternehmen plant kurzfristige Preisanhebungen, vor allem im Großhandel mit 79,3 Punkten, gefolgt vom Einzelhandel mit 75,4 Punkten und der Industrie mit 73,1 Punkten. Weniger stark, aber auch deutlich steigen die Preiserwartungen im Bau mit 64,2 Punkten und die Dienstleister mit 51,5 Punkten.
"Die Inflation in Deutschland dürfte damit auch in den kommenden Monaten bei über sieben Prozent liegen", so Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.
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(rt/dpa)