Auftragsboom für deutsche Industrie: "Die Corona-Scharte ist längst ausgewetzt"

Die Auftragsbücher der deutschen Industrie sind prall gefüllt. Insbesondere die Lage der Maschinenbauer lässt Hoffnung aufkommen. Das nährt die Aussicht auf eine kräftige Konjunkturerholung im Frühjahr. Ganz ungetrübt ist das Bild allerdings nicht.

Die deutsche Industrie lässt die Corona-Krise zunehmend hinter sich. Die Auftragsbücher füllten sich im März unerwartet kräftig. Ein besonders starkes Plus verzeichneten die exportorientierten Maschinenbauer, wie der Branchenverband VDMA am Donnerstag mitteilte. Ökonomen gehen davon aus, dass die Industrie im zweiten Quartal kräftig zum erwarteten Wirtschaftswachstum beitragen wird, auch wenn Betriebe zuletzt wegen Lieferengpässen bei Material Schwierigkeiten hatten, die Bestellungen abzuarbeiten.

Im März gingen nach Angaben des Statischen Bundesamtes 3 Prozent mehr Aufträge als im Vormonat bei den Industrieunternehmen ein. Experten hatten zuvor mit einem nur halb so hohen Zuwachs gerechnet. Gegenüber Februar 2020, dem Monat vor dem ersten Corona-Lockdown in Deutschland, lagen die Aufträge um 9,1 Prozent höher. Im Vergleich zum März 2020, in dem die Pandemie erste Spuren hinterlassen hatte, stiegen die Bestellungen sogar um 27,8 Prozent.

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, einer liechtensteinische Privatbank mit Sitz in Vaduz, sprach von einem "Auftragsboom", da die Bestellungen schon länger nach oben zeigten: "Die Corona-Scharte ist längst ausgewetzt." Jörg Zeuner, Chefökonom des Fondsanbieters Union Investment, sieht neben der auch im Inland anziehenden Nachfrage vor allem die Erholung der Weltkonjunktur als Grund, "von der Deutschland als eines der wenigen Länder mit nennenswerter Industriebasis besonders stark profitiert".

Nach Einschätzung von Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der Bank ING, ist der starke Auftragseingang ein gutes Zeichen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im zweiten Quartal. Zu Jahresbeginn hatte der zweite Corona-Lockdown Deutschland als Europas größte Volkswirtschaft ausgebremst. Im Frühjahr wird allgemein mit einer kräftigen Erholung der deutschen Wirtschaft gerechnet.

Bei den Maschinenbauern stehen die Zeichen auf "Aufholprozess", wie VDMA-Konjunkturexperte Olaf Wortmann sagte. Im ersten Quartal stiegen die Bestellungen preisbereinigt um 9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dabei legten die Auslandsaufträge deutlich um 15 Prozent zu, die Aufträge aus dem Inland blieben unverändert.

Ein besonders kräftiges Auftragsplus von insgesamt 29 Prozent verbuchte die deutsche Schlüsselindustrie im März gegenüber dem Vormonat. Zwar hatte die COVID-19-Pandemie ein Jahr zuvor erste Spuren hinterlassen, die Vergleichsbasis war daher entsprechend niedrig. "Aber selbst wenn ich das herausrechne, kann ich mit Fug und Recht sagen, dass sich der Auftragseingang im März deutlich beschleunigt hat", sagte Wortmann.

Mit steigenden Aufträgen verbesserte sich auch die Auslastung der Produktionskapazitäten der Unternehmen. "Gleichzeitig nahmen aber auch Produktionsbehinderungen aufgrund von Engpässen bei wichtigen Zulieferungen zu. Das ist Sand im Getriebe einer ansonsten erfreulichen Belebung", ergänzte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers.

Im Corona-Jahr 2020 hatten die mittelständisch geprägten Maschinenbauer den heftigsten Auftragsrückgang seit der Finanzkrise verzeichnet. Trotz der im Herbst einsetzenden Erholung verringerten sich die Bestellungen früheren Angaben zufolge insgesamt um 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Branche rechnet damit, den massiven Corona-Rückschlag in diesem Jahr zumindest teilweise wieder aufzuholen. Der VDMA sagte zuletzt ein Wachstum der Produktion von 7 Prozent voraus. Im Corona-Jahr 2020 war die Produktion preisbereinigt um rund 12 Prozent eingebrochen.

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(dpa/rt)