Beteiligungsmanager in Europa erwarten für dieses Jahr eine zunehmende Rolle der Finanzinvestoren in Deutschland. Dabei geht es in erster Linie um Fusionen und Übernahmen. Das ist eines der Ergebnisse einer Umfrage unter 2.500 Managern der Private-Equity-Branche durch die Unternehmensberatung Roland Berger.
In erster Linie sind es Familienunternehmen, die ihre Firma mangels Nachfolger verkaufen wollen. Bei Transaktionen zwischen 250 Millionen und 500 Millionen Euro kämen dann sehr oft Private-Equity-Fonds zum Zug.
Bestes Beispiel für die Deals ist die angekündigte Übernahme des Brillenherstellers Rodenstock durch Apax Partners. Das Unternehmen wurde mehrfach unter Private-Equity-Häusern weitergereicht und wurde nun für 1,5 Milliarden Euro veräußert. Die Kaufpreise sind schon seit Monaten wieder auf dem Niveau vor der COVID-19-Pandemie. Insgesamt 82 Prozent der Private-Equity-Manager halten die Bewertungen für überzogen – im laufenden Jahr rechnen die "Professionals" mit stetigen oder nur noch leicht steigenden Preisen. Die meisten Finanzinvestoren – nämlich 81 Prozent – rechnen für 2021 mit einer Besserung. Verfügbare Übernahmeobjekte sind rar.
Etwas mehr als die Hälfte der Finanzinvestoren sieht Mehrheitsbeteiligungen an Familienunternehmen als attraktivstes Investment. Rund jeder dritte Beteiligungsmanager rechnet sich Chancen bei insolventen oder notleidenden Firmen aus. Ulrike Hinrichs, Vorstandsmitglied beim Branchenverband BVK, sagt dem Handelsblatt:
"Die Pandemie hatte das Geschäft seit dem ersten Lockdown belastet. Trotzdem kamen die Investitionen anders als in der Finanzkrise nicht zum Erliegen. Auf Verkäuferseite stehen wie im Vorjahr weiterhin oft Familien und Unternehmen. Beteiligungskapital bleibt für mittelständische Unternehmer gerade auch in schwierigen Zeiten eine wichtige Finanzierungssäule und ein Stabilitätsanker."
Zu den Transaktionen mit Beteiligung von Private-Equity-Häusern gehörten in den vergangenen Monaten laut BVK das Pharmaunternehmen Neuraxpharm, der Antriebssysteme-Spezialist Flender sowie Schülke & Mayr (Hygiene und Infektionsprävention).
Auch Investoren aus China haben es auf den deutschen Mittelstand abgesehen: Immer mehr chinesische Unternehmen sind auf der Suche nach Innovationen und Technologien aus Deutschland. Ziel: die "Hidden Champions", jene Firmen, die zwar wenig bekannt, aber Weltmarktführer auf ihrem Gebiet sind.
Vornehmlich stürzen sich die Chinesen auf Technik-Unternehmen. Lenovo kaufte 2011 Medion. Der Deal verdoppelte den Anteil der Chinesen am deutschen Computermarkt auf rund 14 Prozent. Der Kommunikationsausrüster Huawei mit einem Hauptstadtbüro in Deutschland hat 30 Prozent der Schutzrechte in Europa zwischen 2003 und 2007 in Deutschland angemeldet. Das chinesische Mobilfunkunternehmen Hytera kaufte 2012 die Rhode & Schwarz Professional Mobile Radio GmbH. Das deutsche Ingenieurbüro entwickelt professionelle Funknetze.
Auch im Maschinenbau stiegen die Asiaten in Deutschland vermehrt ein: Der chinesische Baumaschinenkonzern Sany Group übernahm Anfang 2012 den deutschen Betonpumpenhersteller Putzmeister für 500 Millionen Euro und wurde zum Weltmarktführer unter den Betonpumpenherstellern. Der chinesische Baumaschinenhersteller Zoomlion ging 2011 eine Kooperation mit der deutschen JOST Cranes GmbH ein. Der drittgrößte Maschinenbauer Chinas XCMG übernahm 52 Prozent des deutschen Betonpumpenherstellers Schwing.
Ob Logistikunternehmen, Handelshäuser oder Edelboutiquen – deutsche Unternehmensbeteiligungen scheinen immer beliebter bei den Asiaten zu sein. Das Handelshaus Li & Fung Limited aus Guangzhou beliefert beispielsweise Unternehmen wie Toys R Us, die Bekleidungskonzerne Esprit, Abercrombie & Fitch und Marks & Spencer sowie die Handelsunternehmen Metro, Walmart oder Carrefour. Der Rüstungs- und Flugzeugkonzern Aviation Industry of China (AVIC) ist einer der größten chinesischen Mischkonzerne und größter Anteilseigner des deutschen Zementspezialisten KHD. Ende 2010 stieg AVIC mit 20 Prozent bei KHD ein, das Transaktionsvolumen betrug rund 45 Millionen Euro.
Der staatliche Industriekonzern North Lingyn Industrial übernahm 2012 den deutschen Spezialisten für Autoschlösser Kiekert. Saunaking kaufte den deutschen Saunahersteller Saunalux. Chinas größter Windturbinenhersteller Goldwind gründete 2006 das deutsche Tochterunternehmen Goldwind Windenergy GmbH – und verdreifachte weltweit seine Patente. Die Hanergy Group ist Chinas größtes privatwirtschaftliches Unternehmen der Energieindustrie.
Im Herbst übernahm Hanergy ein Tochterunternehmen der insolventen Q-Cells AG. Das Know-how des auf Photovoltaikmodule spezialisierten Unternehmens aus Deutschland machte Hanergy zum weltweit größten Hersteller von Dünnschichtmodulen. Die Shanghai Electric Group Company (SEC) hält Kooperationen mit deutschen Unternehmen, darunter seit 2011 ein Joint Venture mit Siemens sowie eine Kooperation mit dem deutschen Pumpen- und Armaturenhersteller KSB seit 2008.
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