Nach dem Corona-Krisenjahr droht nun das Wirtschaftskrisenjahr. Während im vergangenen Jahr durch Corona-Hilfen und das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht bis Ende Januar 2021 sogar ein Rückgang der Pleiten um 31,6 Prozent (10.981 Firmen- und Privatinsolvenzen) zu verzeichnen war, droht 2021 zum Insolvenzrekordjahr zu werden.
Patrik-Ludwig Hantzsch, Sprecher von Creditreform, warnt durch einen schnellen Abbau der Hilfsgelder vor einer verzögerten Insolvenzwelle. Gegenüber RT DE sagte Hantzsch:
"Aus dem letzten Jahr kommen zu der Marktbereinigung durch verzögerte Corona-Hilfsgelder und unterbrochene Lieferketten einige tausende Insolvenzen hinzu."
Nachdem auch schon der Handelsverband rund 50.000 Pleiten und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) rund 400.000 Insolvenzen im Jahr 2021 befürchtete, sieht Hantzsch einen "großen Anstieg der Zahlen noch im ersten Quartal durch Nachhohlbedarf und Klippeneffekte der auslaufenden staatlichen Unterstützung".
Die Wirkung würde sich allerdings zeitlich etwas verzögern. Er verweist darauf, dass vom Tag der Antragsstellung noch rund 60 Tage vergehen würden, bis sich die Zahlen in den Statistiken niederschlügen, was eine weitere Verzögerung der drohenden Krise im Superwahljahr bedeute.
Gründe für die Insolvenzen seien oft durch Bürokratie stark verzögerte Umsatzerstattungen und das die Statistik verzerrende Kurzarbeitergeld. Hantzsch: "Es ist absehbar und sicher, dass wir auch im Handel eine vertagte Strukturkrise erleben werden."
Auch der Gastronomie und Hotellerie droht eine Pleitewelle nie gekannten Ausmaßes, nachdem im Vorjahr die Privatpleiten auf das Niveau von 2006 (minus 26,8 Prozent) sanken. Allein im Handel sind 250.000 Arbeitsplätze in Gefahr.
Eberhard Vogt, Sprecher der Mittelstandsvereinigung BVMW mit rund 900.000 Unternehmern bundesweit, sagte gegenüber RT DE:
"Nach unseren Umfragen erwarten für dieses Jahr 50,82 Prozent [der befragten Unternehmen] einen Abschwung, eine Rezession. 84,18 Prozent verlangen von der Bundesregierung in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode vorrangig Bürokratieabbau."
Dabei lehnen die Mittelständler eine Verlängerung der Insolvenzaussetzungspflicht mit 63,5 Prozent deutlich ab. Mit negativen Auswirkungen für ihre Wirtschaftstätigkeit in der Corona-Krise rechnen demnach 83,23 Prozent.
Als problematisch erachtet Vogt auch die Überbrückungshilfen III, die ab Januar 2021 gelten sollen. "Hier zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab wie bei den Überbrückungshilfen I und II, bei denen das Gros der mittelständischen Betriebe durch den Rost gefallen ist", führt Vogt aus.
Lediglich ein Anknüpfen an die Fixkosten sei gerade in Monaten, in denen Unternehmen erneut von einem harten Lockdown betroffen sind, nicht hinreichend. Aus alldem werde deutlich, dass ein schlüssiges Gesamtkonzept für die nächsten Monate zwingend geboten sei. Der BVMW erwartet von der Bundesregierung eine verbindliche Aussage darüber, wie es mit dem Lockdown nach dem 10. Januar weitergehe. Es gehe jetzt um nicht weniger als das Überleben der Breite der deutschen Wirtschaft.
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