Ökonom Gabriel Felbermayr fürchtet Wegfall von 600.000 Jobs in Deutschland wegen Corona

Laut der jüngsten Prognose vom Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft werde die Corona-Krise einige Branchen deutlich verändern. Demnach werde die Wirtschaft zwar Ende 2021 wieder das Vor-Corona-Niveau haben. Probleme aber werde es bei der Beschäftigung geben.

Nach einer Einschätzung des Ökonomen Gabriel Felbermayr werden wegen der COVID-19-Pandemie in Deutschland rund 600.000 Arbeitsplätze verloren gehen. Am härtesten werde es Bereiche wie die Luftfahrt- und die Tourismusbranche treffen. Wie der Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erklärte, hätten diese Bereiche bereits vorher einem strukturellen Wandel unterlegen. So müsse wohl die Luftfahrt in einer dekarbonisierten Welt ohnehin schrumpfen.

In Bezug auf die Tourismusbranche wies der Ökonom auf einen Unterschied zwischen dem privaten und dem Geschäftstourismus hin:

"Im privaten Tourismus wird der Rückprall zwar sehr deutlich ausfallen: Die Menschen wollen an die Küsten und in die Berge."

Im Fall des Geschäftstourismus werde es aber einen deutlichen Strukturwandel geben, denn man werde weniger zu Kongressen reisen. Stattdessen werde die Online-Kommunikation wichtiger. Diese Entwicklung werde vor allem Stadthotels treffen.

Felbermayr prognostizierte darüber hinaus, dass die COVID-19-Pandemie auch den Einzelhandel nachhaltig verändern wird. Im Zuge der Digitalisierung hätten einige Bevölkerungsschichten erstmals im Internet eingekauft. Die sehen gerade, dass Zahlungen mit Kreditkarte nicht zwangsläufig mit einem Betrug endeten und dass die Waren unbeschädigt eintrafen:

"Für den Einzelhandel in den Innenstädten und in Einkaufszentren ist die Krise deshalb auch dann nicht vorbei, wenn das Infektionsgeschehen eigentlich die Rückkehr in die Innenstädte erlaubt."

Das Kieler Institut prognostizierte für dieses Jahr einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 3,1 Prozent. Sofern die Pandemie im Sommer abebben werde, kann die Wirtschaft das Vorkrisenniveau im vierten Quartal 2021 wieder erreichen, sagte Felbermayr. Die Normalisierung des Beschäftigungsniveaus sei aber erst etwas später zu erwarten.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Prof. Marcel Fratzscher sagte seinerseits der Augsburger Allgemeinen, dass eine Verlängerung des Lockdowns schwere Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft nach sich ziehen könne:

"Je länger es dauert, desto mehr Unternehmen kommen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten, desto mehr werden pleitegehen. Die Frage ist jetzt nicht, ob eine Welle an Unternehmensinsolvenzen kommen wird, sondern wann."

Auch Fratzscher warnte vor einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Der Arbeitsmarkt sei weniger gut durch die Krise gekommen, als dies die Statistiken zeigten. Fast 600.000 regulär sozialversicherungspflichtig Beschäftigte hätten 2020 ihren Arbeitsplatz verloren. Dazu kämen rund 850.000 Minijobber, die allerdings in gar keiner Arbeitslosenstatistik auftauchten, und Unzählige der rund zweieinhalb Millionen Solo-Selbstständigen.

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(dpa/rt)