Nach dem Post-Brexit-Handelsabkommen mit Großbritannien brachte die EU in letzter Minute noch ein wichtiges Abkommen unter Dach und Fach. Auf Betreiben von Bundeskanzlerin Angela Merkel gelang rechtzeitig vor Jahresende der Durchbruch bei dem Investitionsabkommen zwischen der EU und China.
Die Europäische Union und China erzielten am 30. Dezember eine grundsätzliche Einigung auf ein Investitionsabkommen. Das berichteten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie chinesische Staatsmedien am Mittwoch. Zuvor hatten die EU-Spitze und Kanzlerin Angela Merkel über Video mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping gesprochen. Für Merkel, die das Abkommen zur Chefsache gemacht hatte, ist das ein großer Erfolg.
Die EU-Kommission pries das Abkommen als großen "Durchbruch" und lobte die "Konzessionen", die China gemacht habe. "Es wird nicht besser, wenn wir länger verhandeln", heißt es in einer internen Notiz an das Europäische Parlament. So sollen europäische Automobilbauer einen besseren Zugang zum chinesischen Markt für elektrische und hybride Fahrzeuge bekommen.
China will zudem den Telekom-Markt öffnen und der Verpflichtung der Welthandelsorganisation (WTO) nachkommen und Subventionen offenlegen. Auch soll der erzwungene Technologietransfer künftig ein Ende haben. China habe zugesagt, "dauerhafte und nachhaltige Anstrengungen" zur Ratifizierung der Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zur Zwangsarbeit zu unternehmen. Das Investitionsabkommen muss nun von den EU-Staaten und dem Europaparlament gebilligt werden.
Die FAZ kommentierte, dass Peking einen eindeutigen geostrategischen Vorteil mit dieser Vereinbarung erhalten habe. Dieser Vorteil gelte auch als Grund dafür, dass das Abkommen jetzt unter Zeitdruck fertig verhandelt worden sei. Die neue US-Regierung wolle gegenüber Peking eine harte politische Linie fahren. Die EU wäre nach dem Amtsantritt des designierten US-Präsident Joe Biden im Interesse von verbesserten transatlantischen Beziehungen gezwungen gewesen, dieser Linie zu folgen und womöglich in den Verhandlungen mit China nicht so weit gekommen.
Das Abkommen werde Peking die dringend erforderliche "diplomatische Atempause" verschaffen, da sich Biden darauf vorbereite, engere Beziehungen zu europäischen Partnern zu unternehmen, um der Weltmacht China entgegenzutreten, analysierte die South China Morning Post. Im Rahmen des Abkommens würden europäische Unternehmen, so Handelsexperten, privilegiertere Investitionsmöglichkeiten in China genießen als die amerikanischen Unternehmen.
Großbritannien und Türkei schließen Freihandelsabkommen ab
Nach dem Brexit-Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU unterzeichneten zudem die Türkei und das Vereinigte Königreich am 29. Dezember ein Freihandelsabkommen. Die beiden Länder wollen die Fortsetzung ihrer wirtschaftlichen Beziehungen nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt sicherstellen. Die türkische Handelsministerin Ruhsar Pekcan unterzeichnete das Abkommen am Dienstag bei einem Videogespräch mit ihrer britischen Amtskollegin Liz Truss.
Das Abkommen, das am 1. Januar in Kraft treten wird, zielt darauf ab, den Handel zwischen beiden Ländern zu unterstützen. Das Handelsvolumen der beiden Länder belief sich 2019 nach britischen Angaben auf 18,6 Milliarden Pfund (rund 20,5 Milliarden Euro). Pekcan bezeichnete die Vereinbarung als "historisch". Sie stelle den zollfreien Handel für alle landwirtschaftlichen und industriellen Produkte sicher. Die Ministerin für internationalen Handel und President of the Board of Trade im Kabinett Boris Johnson, Truss, sagte, das Abkommen sei ein großer Gewinn für die britische Automobil-, Fertigungs- und Stahlindustrie. Es ebne den Weg für ein weiteres Abkommen mit der Türkei in naher Zukunft.
Das Abkommen ist eines von vielen Handelsabkommen, welche die britische Regierung mit Staaten auf der ganzen Welt nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union vereinbart.
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