Brexit: EU und Großbritannien einigen sich auf Handelspakt

Nach monatelangen Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt ist der Europäischen Union und Großbritannien eine Einigung gelungen. Dies bestätigten beide Seiten am Donnerstagnachmittag. Mit der Einigung scheint ein harter wirtschaftlicher Bruch zum Jahreswechsel abgewendet.

Das Handelsabkommen soll die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Inselstaat und dem Kontinent ab Januar 2021 regeln. Wichtigster Punkt ist die Vermeidung von Zöllen und die Gewährleistung eines möglichst reibungslosen Handels. Der Vertrag umfasst aber auch den Fischfang sowie die Zusammenarbeit bei Energie, Transport, Justiz, Polizei und vielen anderen Themen.

Großbritannien hatte die EU Ende Januar verlassen und ist nur noch in einer Übergangszeit bis zum 31. Dezember Mitglied im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Dann kommt der wirtschaftliche Bruch. Ohne Abkommen würden Zölle und aufwendigere Kontrollen notwendig. Wirtschaftsvertreter auf beiden Seiten warnten vor Verwerfungen und dem Verlust Zehntausender Jobs.

Die Verhandlungen hätten eigentlich schon im Oktober abgeschlossen werden sollen, doch zogen sich immer weiter in die Länge. Mehrfach standen sie wohl kurz vor dem Scheitern. Wegen der Kürze der Zeit kann ein Abkommen auf EU-Seite nicht mehr rechtzeitig ratifiziert werden. Es müsste vorläufig angewendet werden, falls die 27 EU-Staaten zustimmen. Auf britischer Seite hat die Regierung angekündigt, das Parlament zu befassen.

Das Abkommen verspricht Großbritannien Exporte ohne Zölle und ohne Mengenbegrenzung in den EU-Binnenmarkt. Dafür verlangt die EU aber faire Wettbewerbsbedingungen – das sogenannte Level Playing Field. Gemeint sind gleiche Umwelt-, Sozial- und Subventionsstandards.

Die Frage blieb bis zum Schluss ein höchst komplizierter Streitpunkt. Gesucht wurde ein Weg, fairen Wettbewerb auch für die Zukunft sicherzustellen und anderenfalls gegensteuern zu können. Erst am Mittwochnachmittag hieß es schließlich, alle Punkte beim "Level Playing Field" seien geklärt.

Danach blieb noch ein allerletzter Knackpunkt, über den wochenlang heftig gestritten worden war: der Zugang von EU-Fischern zu britischen Gewässern. Die Klärung der letzten Einzelheiten zog sich über viele Stunden bis Donnerstagmittag hin. Schließlich fand man auch hier einen Kompromiss.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem Abkommen von "historischer Bedeutung". Die Bundesregierung werde den Abkommenstext nun intensiv prüfen, kündigte die Kanzlerin an. "Wir fangen dabei aber nicht bei Null an.
Denn die Kommission hat die Mitgliedsstaaten über den gesamten Verhandlungsprozess hinweg eng eingebunden. Wir werden daher rasch beurteilen können, ob Deutschland das heutige Verhandlungsergebnis unterstützen kann. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hier ein gutes Resultat vorliegen haben", so Merkel.

Auch Außenminister Heiko Maas äußerte sich zu dem vereinbarten Abkommen:

"Wir haben endlich weißen Rauch aufsteigen sehen aus den Verhandlungen, aber noch ist das Abkommen noch nicht unter Dach und Fach. Wir werden uns den Entwurf in den EU-Mitgliedsstaaten jetzt natürlich genau ansehen. Denn es müssen alle 27 EU-Mitgliedsstaaten und später auch das Europäische Parlament zustimmen. Wir wollen als Ratspräsidentschaft alles tun, damit das Abkommen rechtzeitig zum 1.1.2021 vorläufig in Kraft treten kann."

Die britischen Wähler hatten 2016 mit knapper Mehrheit für den EU-Austritt gestimmt. Premierminister Boris Johnson gewann 2019 die Parlamentswahl unter anderem mit der Ansage, den Brexit nun tatsächlich durchzuziehen. Als zentralen Punkt nannte er immer wieder, Souveränität und Kontrolle über die eigenen Grenzen und Gesetze wiederzuerlangen.

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(dpa/rt)