Von Pjotr Akopow
Der "Fluch des August", "Augustschock": Diese Begriffe haben sich in der russischen Alltagssprache eingebürgert und ein Eigenleben entwickelt. So nennt man hierzulande plötzliche, außergewöhnliche Ereignisse im letzten Sommermonat, derer die russische Geschichte eine Vielzahl bietet.
Man kann sich über die Kriterien für die Auswahl dieser tatsächlich oder vermeintlich schwarzen Ereignisse streiten – nicht jeder August bringt groß angelegte Prüfungen mit sich. Aber zweifellos war das, was vor 33 Jahren geschehen ist, eine echte Katastrophe, deren Folgen wir bis heute spüren und sie bis heute nicht bewältigt haben.
Gemeint ist natürlich der sogenannte "Augustputsch". Neutraler formuliert: die Gründung des Staatskomitees für den Ausnahmezustand (russische Abkürzung GKTschP). Seine Bildung wurde am Morgen des 19. August 1991 bekannt gegeben, tatsächlich gegründet wurde er am Abend des 17. August. An ebenjenem 17. August 1991 wurden auch diese Zeilen aus seinem Manifest geschrieben, vor genau 33 Jahren:
"Eine tödliche Gefahr droht dem großen Vaterland! (...) Extremistische Kräfte sind aufgetaucht, die den Kurs auf die Auflösung der Sowjetunion, den Zusammenbruch des Staates und Machtergreifung um jeden Preis eingeschlagen haben. Die Ergebnisse des nationalen Referendums über die Einheit des Vaterlandes wurden mit Füßen getreten. Die zynische Spekulation mit nationalen Gefühlen ist nur ein Vorwand für die Befriedigung von Ambitionen. Die politischen Abenteurer kümmern sich weder um das heutige Unglück ihres Volkes noch um dessen Zukunft. (...) Sie vergessen, dass die Bande, die sie verurteilen und zerreißen, auf der Grundlage einer viel breiteren Unterstützung des Volkes entstanden sind, die von der Geschichte seit Jahrhunderten erprobt wurde."
Diese Zeilen richteten Mitglieder des Staatskomitees an das sowjetische Volk. Das Gremium, das die volle Macht in einem Land übernehmen wollte, das aufgrund der Fehler Michail Gorbatschows gerade zusammenbrach. Das GKTschP bestand aus dem amtierenden Vizepräsidenten des Sowjetunion, ihrem Ministerpräsidenten, den Unionsministern für Verteidigung und Inneres sowie dem Chef des KGB. Formal verfassungswidrig wurde es gebildet, um das Land zu retten, saß aber von Anfang an in der Falle, weil Gorbatschows Position ungewiss war: Er war weder zurückgetreten noch des Amtes enthoben, sondern lediglich aufgrund angeblicher Gesundheitsprobleme suspendiert.
Diese Ungewissheit ruinierte das GKTschP, dessen Gründung sowohl eine Reaktion auf Gorbatschows Schwäche und Doppelzüngigkeit als auch ein mit ihm vereinbarter Schritt war. Die Behörden in Sowjetrussland erkannten das Komitee nicht an, in Moskau brachen Massenproteste aus, und die "Putschisten" verhielten sich wie gelähmt und wurden zwei Tage später verhaftet. Ihr Versuch, das Land zu retten, wurde zum Vorwand, es zu zerstören. Die Macht ging in die Hände der russischen Führung unter Boris Jelzin über, und die Unionsrepubliken begannen, sich für unabhängig zu erklären. Es dauerte noch vier Monate, bis die Sowjetunion für "nicht existent" erklärt wurde, doch die tödliche Wunde wurde dem Land in jenem August zugefügt.
Dabei hatte das GKTschP völlig recht: Die Spekulation auf nationale Gefühle (sowohl in den nationalen Republiken als auch in Russland) war nur ein Mittel im Machtkampf, die Politiker, die nach der Macht strebten, dachten nicht an die Folgen des Auseinanderreißens historisch gewachsener Bindungen. Einige von ihnen dachten, dass die Scheidung ihre Völker zu einem besseren Leben führen würde, während andere hofften, dass alles so bleiben würde, wie es war, nur ohne die KPdSU und den Sozialismus, ohne die starke Hand Moskaus, in einer neuen, "weichen" Union.
Die zentralasiatischen Republiken wurden gar aus dem vereinigten Land regelrecht herausgedrängt, als der Russe Jelzin und der Ukrainer Leonid Krawtschuk es so eilig hatten, den Zusammenbruch der Union zu formalisieren. Das Folgenschwerste war jedoch die Teilung des russischen Kerns des Staates, aus dem drei unabhängige Einheiten entstanden: Russland, die Ukraine und Weißrussland. Die gesamte tausendjährige Logik des Wachsens und der Entwicklung des russischen Staates wurde durchbrochen, und überraschenderweise dachten viele Menschen wirklich, dass dies ohne Folgen bleiben könnte.
Der Zerfall eines (historisch, geistig, wirtschaftlich, militärisch usw.) geeinten Raums war an sich schon ein Verbrechen am russischen Volk und an allen anderen Völkern der Union, sogar denjenigen, die wie die zentralasiatischen Völker erst im 19. Jahrhundert Teil Russlands wurden. Es war aber auch eine tickende Zeitbombe: Es war unvermeidlich, dass externe Kräfte keine Gelegenheit auslassen und die Karte des Zwistes zwischen den brüderlichen Republiken von gestern ausspielen würden. Dies betraf in erster Linie die Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine, deren Reintegration zu verhindern zum wichtigsten Bestreben des Westens wurde.
Genau aus diesem Grund gibt es die Pläne, die Ukraine in die NATO und die Europäische Union einzubeziehen – um die Möglichkeit einer Wiedervereinigung (in der einen oder anderen Form) der beiden Teile des eigentlich untrennbaren Ganzen auszuschließen. Als Russland die eurasische Integration beschleunigte, indem es die Gründung der Eurasischen Wirtschaftsunion ankündigte, die auch die Ukraine einschließen sollte, wurde der Widerstand gegen unsere Pläne besonders groß.
Wladimir Putin begann, die Verwerfungen der russischen Geschichte zu korrigieren, die nach der Niederlage des GKTschP eingetreten waren, und die transatlantischen Kräfte stellten sich der Wiedervereinigung Russlands in den Weg. Sie stellten sich der russischen Geschichte in den Weg, stellten die Ukraine Russland in den Weg. Eine Ukraine, die selbst zur Geisel ihrer antinationalen "Elite" geworden war, die sich selbst für gerissen und die klügste überhaupt hielt.
Aber die Schuld an der Tragödie des Bruderkrieges liegt nicht nur bei ihr und nicht nur beim Westen. Der Westen hat nur unsere Fehler und die Krise, die Folgen von 1991, ausgenutzt. Was heute geschieht, wäre nicht möglich, wenn es dem GKTschP im August 1991 gelungen wäre, ein geeintes Land zu bewahren, das reformiert, aber nicht getötet werden konnte und musste. Heute versuchen weder Putin noch das russische Volk in seiner Gesamtheit, die UdSSR wiederherzustellen. Wir wollen die Einheit des russischen Landes und des großen russischen Volkes wiederherstellen. Wir wollen die Folgen der August-Katastrophe von vor 33 Jahren korrigieren.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Originalartikel ist am 17. August 2024 auf ria.ru erschienen.
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