Andrei Nastasjin, stellvertretender Leiter der Informations- und Presseabteilung des russischen Außenministeriums, sagte am Mittwoch, YouTube ignoriere die Forderungen der Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor, mehr als 60.000 extremistische Inhalte zu entfernen, und betreibe ungestraft politische Zensur. Seit 2020 habe YouTube mehr als 200 Kanäle russischer Medien, staatlicher Behörden und Blogger gesperrt. Nastasjin brachte dies damit in Verbindung, dass sich westliche Beamte mit der russischen Rhetorik unwohl fühlten, weil sie "ihrer Propaganda zuwiderläuft".
"YouTube ist keine neutrale Plattform, sondern arbeitet nach politischen Anweisungen aus Washington", betonte Nastasjin bei einem Briefing am Mittwoch. Stattdessen sollten Nutzer auf das russische Pendant "Rutube" umsteigen.
"Wir fordern alle auf, das Video-Hosting-Portal Rutube zu nutzen und Inhalte dort hochzuladen."
Ein Moskauer Bezirksgericht hat am Mittwoch das Unternehmen Google, zu dem YouTube gehört, für schuldig befunden, wiederholt gegen das Verbot der Verbreitung falscher Informationen verstoßen zu haben, und eine Geldstrafe von fünf Millionen Rubel (53.000 Euro) verhängt. Grund dafür waren Videos, in denen das Gericht "falsche Informationen über die Verluste der russischen Streitkräfte während der Militäroperation, über zivile Opfer und Pläne zum Einsatz von Atomwaffen" fand.
Vergangene Woche kündigte der Chef des Duma-Ausschusses für Informationspolitik, Alexander Chinschtein, an, dass die Download-Geschwindigkeit von YouTube in Russland auf stationären Computern um bis zu 70 Prozent sinken könnte. Mobile Geräte sollen vorerst nicht betroffen sein.
Er begründete den Schritt zunächst mit technischen Schwierigkeiten: Die meisten Inhalte, die Russen auf YouTube konsumieren, liegen auf Google-Servern in Russland. Diese würden von lokalen Telekommunikationsanbietern und Rechenzentren bereitgestellt. Um die Rechenzentren am Laufen zu halten, müsse Google sie regelmäßig warten. Nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat Google jedoch aufgehört, den Zustand seiner Server zu überwachen, und einige von ihnen ganz abgeschaltet. In der Folge sei die Ladegeschwindigkeit von YouTube innerhalb von zwei Jahren um 40 Prozent gesunken.
Später erklärte Chinschtein jedoch, die Verlangsamung sei eine "Zwangsmaßnahme" und eine Folge der antirussischen Politik von YouTube.
Nikolai Sobolew, bekannter Blogger mit einem Millionenpublikum, sagte gegenüber der Plattform Fontanka, dass die YouTube-Verwaltung in keiner Weise unter der Verlangsamung in Russland leiden werde, ebenso wenig wie die Werbekunden von Google:
"Die Besitzer der Medienunternehmen werden keine Schwierigkeiten oder Verluste erleiden, wenn die russischen Videoblogger aufhören, Videos auf dieser Plattform zu produzieren. Nur die russischen Nutzer werden darunter leiden."
Wenn die Verlangsamung von YouTube künstlich sei, sei sie kontraproduktiv für die russischen Nutzer, die zwischen dem Amboss von YouTube und dem Hammer der russischen Gesetzgeber gefangen seien.
"Wenn man versucht, YouTube zu verlangsamen, ist das ein Schuss ins Knie. Wenn man versucht, YouTube zu blockieren, ist das ein Schuss in den Kopf. Das Problem besteht nicht darin, dass YouTube langsamer wird, sondern dass die Entwicklung einer starken kreativen Medienkultur in Russland gestoppt wird. "
Kremlsprecher Dmitri Peskow versicherte vergangene Woche, es gebe keine Pläne, YouTube vollständig zu blockieren. Allerdings riet er allen Nutzern, auf andere Plattformen auszuweichen. Der Westen werde Russland weiterhin von seinen Informationsquellen "ausschließen".
Nach Angaben des Medienforschungsunternehmens Mediascope sehen sich rund 45 Prozent der russischen Bevölkerung täglich Videos auf YouTube an. Die Plattform gehört zu den vier beliebtesten Internetressourcen in Russland.
Mehr zum Thema ‒ YouTube-Downloadgeschwindigkeit in Russland wird nächste Woche drastisch sinken