Eine Analyse von Olga Samofalova
Trotz Sanktionen hat Russland einen neuen Abnehmer für sein Erdöl und seine Erdölprodukte gefunden. Es wurden grundlegende Vereinbarungen mit Pakistan getroffen. Russland hat bereits drei große Abnehmer – China, Indien und die Türkei. Der verstärkte Wettbewerb zwischen den Abnehmern wird aber dazu beitragen, den Preisnachlass für russische Kohlenwasserstoffe zu verringern. Pakistan könnte auch in Bezug auf Pipeline-Lieferungen von russischem Gas interessant werden. Wie genau?
Während die deutsche Tochtergesellschaft Nord Stream 2 AG liquidiert wurde, führt Russland Verhandlungen mit einem neuen Käufer für seine Energieressourcen. Russland und Pakistan einigten sich konzeptionell auf Erdöllieferungen und haben eine neue Runde der Neukonfiguration der Pakistan-Stream-Pipeline eingeleitet. Vorausgegangen war ein dreitägiges Treffen der russisch-pakistanischen Regierungskommission unter dem Vorsitz des russischen Energieministers Nikolai Schulginow und des pakistanischen Wirtschaftsministers Ayaz Sadiq.
Das Abkommen über Lieferungen von Erdöl und Erdölerzeugnissen wurde auf März 2023 verschoben, auch um das Inkrafttreten des Embargos für Erdölerzeugnisse am 5. Februar abzuwarten. Danach werden zu den Abkommen über Erdöl weitere über Erdölprodukte hinzukommen. Russland kann bis zu 35 Prozent der gesamten Erdölimporte des Landes liefern, was etwa 3,4 Millionen Tonnen pro Jahr entspricht, sagte der pakistanische Energieminister Malik. Seinen Worten nach werde die Bezahlung in pakistanischen Rupien erfolgen. Gleichzeitig sehen Russland und Pakistan den Tauschhandel als eine Möglichkeit der Geschäftstätigkeit, sagte Schulginow.
"Für Russland sind gerade alle neuen Märkte wichtig. Heute haben wir drei große Abnehmer: China, Indien und die Türkei. Und natürlich werden sie einen starken Preisnachlass verlangen. Je mehr Absatzmärkte wir aber für Erdöl haben, desto mehr Wettbewerb gibt es – und desto weniger Rabatte werden wir gewähren. Zudem werden wir in der Lage sein, mehr Erdöl zu platzieren, das wir bisher in die EU exportiert haben", sagte Igor Juschkow, ein Experte an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation und des Fonds für nationale Energiesicherheit.
"Die andere Frage ist, zu welchen Bedingungen Russland mit Pakistan Handel treiben wird, weil auf Regierungsebene von der Möglichkeit eines Tauschgeschäfts die Rede war. Übrigens, in dieser Phase, vor allem bei Erdölprodukten, wären wir mit einem akzeptablen Tauschhandel zufrieden", fügt der Experte hinzu.
Das Hauptproblem ist der Mangel an Tankern für den Transport, vor allem für Erdölprodukte, wo eine loyale Flotte noch schwieriger zusammenzustellen ist. Daher schließt der Experte den Iran als Teilnehmer an dem Vorhaben nicht aus.
"Um das Erdöl auf dem Seeweg nach Pakistan zu liefern, wären freie Tanker aus den Häfen des Leningrader Gebiets Ust-Luga und Primorsk oder aus Noworossijsk erforderlich. Doch wenn wir freie Schiffe dafür haben, warum sollte das Erdöl nicht nach Indien gehen? Und für die Lieferungen nach Pakistan könnte Russland den Transit über den Landweg, folglich auf der Schiene durch den Iran, in Betracht ziehen", argumentiert der Experte des Fonds für nationale Energiesicherheit.
Die Konfiguration solcher Lieferungen kann divers sein.
"So könnte Russland beispielsweise Diesel über das Kaspische Meer in den Norden Irans liefern, der ihn dann selbst verbraucht, und entsprechende Mengen an iranischem Diesel nach Pakistan schicken. Vergleichbare Tausch- oder Swapgeschäfte sind möglich. Dies könnten auch Tauschgeschäfte sowohl mit dem Iran als auch mit Pakistan sein, als Tauschmittel für bestimmte Produkte, die derzeit in unserem Land nachgefragt werden, z. B. Rüstungsgüter", argumentiert Juschkow.
Es gibt nicht genügend Tanker, um unsere Kohlenwasserstoffe zu transportieren. Wenn es also eine Möglichkeit gibt, Tanker einzusparen und Erdöl und Erdölerzeugnisse auf andere Weise nach Pakistan zu liefern, dann sollte man diese Möglichkeit nutzen.
Noch andere potentiell interessante Lieferungen wären Flüssiggas (LNG), das als Motorentreibstoff verwendet wird. Es gehört wie Diesel und Heizöl zu den Erdölprodukten und fällt unter die EU-Sanktionen. "Dabei ist Pakistan dafür bekannt, einen sehr großen Fuhrpark an Erdgasfahrzeugen zu haben. Der Iran und Pakistan sind weltweit führend auf dem Gebiet der erdgasbetriebenen Fahrzeuge. Möglicherweise wird die Rede davon sein, Flüssiggas nach Pakistan zu liefern", meint Juschkow.
Was die Zusammenarbeit im Bereich der Erdgasversorgung betrifft, so haben beide Seiten im vergangenen Jahr den Bau von "Pakistan Stream" beschlossen, was seit 2016 immer wieder verschoben wurde. Dabei ist die Rede nicht von Lieferungen russischen Erdgases, sondern von einer Beteiligung Russlands als Auftragnehmer am Bau einer Gaspipeline in Pakistan, die Erdgas aus dem Süden des Landes, wo LNG-Terminals angesiedelt sind, in den Norden des Landes zu den industriellen Großverbrauchern bringen soll.
"LNG-Lieferungen nach Pakistan sind für uns nicht aktuell. Wir haben kein Bedürfnis, nach neuen Märkten für LNG zu suchen, wie es mit Erdöl und anderen Erdölprodukten der Fall ist. Diesen können wir weiterhin nach Europa liefern, das ist [noch] nicht verboten. Im Jahre 2022 ging die gesamte Erdgasförderung in Form von LNG nach Europa. Außerdem können wir es nach Asien verfrachten", sagte der Experte des Fonds für nationale Energiesicherheit.
Möglich ist es aber, Geld mit dem Bau der Pipeline zu verdienen und die russische Industrie auszulasten. Darüber hinaus könnte Pakistan das katarische LNG vom europäischen Markt abziehen.
Allerdings darf nicht ausgeschlossen werden, dass Russlands Erdgas-Ausrichtung vom Westen in den Osten schließlich zu einer Ausrichtung auf Zentralasien hinauslaufen wird. Russland könnte sich der TAPI-Gaspipeline anschließen – Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan, Indien.
"Dies ist ein am wenigsten entwickeltes Projekt, doch eine sehr schöne Idee. Russland könnte Turkmenistan anbieten, das russische Erdgas durch die Leitung zu leiten. Im Gegenzug würde Russland für die Sicherung des afghanischen Abschnitts der Pipeline sorgen und einen Teil der Investitionen für den Bau übernehmen. Der Sicherheitsaspekt ist der Grund dafür, dass die TAPI bis heute nicht gebaut wurde", meint Igor Juschkow.
Der Nachteil dieses Projekts ist der lange Transportweg. Andererseits bedarf es keiner Investitionen in die Erschließung der Felder und in Pipelines, die vom Autonomen Bezirk der Jamal-Nenzen, wo der größte Teil der Erdgasproduktion herkommt, bis zur Grenze zu Turkmenistan und dann bis zur Grenze zu Afghanistan verlaufen. Im Wesentlichen muss also der afghanische Teil gebaut werden, dann der pakistanische Teil und schon erreicht man Indien.
"Das Problem ist, dass weder mit Indien noch mit Pakistan ein Handelsabkommen besteht. Normalerweise verkauft man zuerst das Gas und beginnt dann mit der Förderung und dem Bau von Pipelines. Aus diesem Grund bauen wir 'Power of Siberia 2' nicht, solange wir kein Gas an China verkauft haben. Übrigens, selbst wenn wir dieses Projekt nicht realisieren, ist es im Hinblick auf die Verhandlungen mit China wichtig, darüber zu sprechen und unsere Bereitschaft zu zeigen, es zu realisieren. Denn China wartet offensichtlich darauf, bis sich Gazprom in Resignation bei ihnen meldet. Peking glaubt, dass Gazprom eher zu Nachlässen bereit ist, je schlechter die Geschäfte in Europa laufen, während sich in diesem Bereich mit Pakistan und Indien eine Alternative anbietet", so der Gesprächspartner abschließend.
Übersetzt aus dem Russischen.
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