Im Januar haben tschetschenische Strafverfolgungsbeamte die Frau eines ehemaligen Richters der Teilrepublik festgenommen. Wie später bekannt wurde, wurde die 53-Jährige aus der Stadt Nischni Nowgorod in die tschetschenische Hauptstadt Grosny gebracht. Richter Sajdi Jangulbajew wurde zunächst nicht mitgenommen, da er im Ruhestand Immunität genoss. Später wurde ihm diese entzogen. Republikchef Kadyrow beschuldigte die Familie, zu Terrorismus und Extremismus aufgerufen zu haben, und bezeichnete die Jangulbajews sowie einige Menschenrechtsaktivisten und Journalisten, die sich mit dem Fall befassten, als "Komplizen von Terroristen". Er begründete seine Aussagen damit, dass die Familie möglicherweise an der Organisation eines Angriffes auf einen ehemaligen tschetschenischen Sicherheitsbeamten in der Türkei beteiligt gewesen sei. Ein weiterer tschetschenischer Abgeordnete, Adam Delimchanow, drohte, die Familie zu enthaupten.
Wie der Pressedienst des tschetschenischen Innenministeriums anschließend berichtete, haben Ermittler den Sohn des pensionierten Bundesrichters auf die föderale Fahndungsliste gesetzt. Dieser war früher als Anwalt beim Komitee gegen Folter tätig, einer Gruppe, die mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien untersucht. Der Richter selbst verließ mittlerweile Russland und legte Berufung gegen die Entscheidung, ihm seine Immunität zu entziehen, ein. Seiner Meinung nach habe es dafür keinen Anlass gegeben.
Auch Jelena Milaschina, eine Journalistin der Zeitung Nowaja Gaseta, die ebenfalls bedroht worden war, verließ Russland Anfang Februar aus Sicherheitsgründen. Wie Milaschina selbst sagte, nehme sie die Drohungen sehr ernst. Nowaja Gaseta reichte eine Beschwerde gegen Kadyrow ein.
Zunächst hieß es aus dem Kreml, dass der russische Präsident Wladimir Putin nicht vorhabe, sich in die Situation einzumischen. Falls russische Bürger konkrete Bedenken hinsichtlich ihrer Sicherheit hätten, sollten sie sich an die Strafverfolgungsbehörden wenden. Anfang Februar wurde allerdings bekannt, dass sich sowohl Putin als auch Premierminister Michail Mischustin mit Kadyrow im Kreml getroffen hatten. Dabei sei auch die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden besprochen worden, sagte Sprecher Dmitri Peskow.
Am 7. Februar startete der Moskauer Oppositionspolitiker Ilja Jaschin eine Online-Petition, die den Rücktritt Kadyrows fordert. In dem Schreiben heißt es, dass die Teilrepublik ein Staat im Staat geworden sei, mit eigenen Regeln, wo russische Gesetze nicht funktionieren würden. Kadyrow und seine Gefolgsleute sprächen öffentlich Drohungen gegen Journalisten, Menschenrechtsaktivisten, Richter und ihre Familienangehörigen aus. Jaschin appellierte an Putin, Kadyrow aus seinem Amt zu entlassen. Die Forderung sammelte an einem Tag mehr als 109.000 Unterschriften.
Kadyrow reagierte bisher nicht auf die Petition. Aus dem Kreml hieß es, man nehme die Initiative nicht ernst. Sprecher Peskow betonte, dass es sich um eine anonyme Abstimmung handele, die falsifiziert werden könne. Die Präsidialverwaltung verfolge jedoch die Reaktion der tschetschenischen Führung auf das Gespräch zwischen dem russischen Präsidenten und dem Oberhaupt der Republik.
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