An diesem Dienstag kommt Außenministerin Annalena Baerbock angesichts der angespannten Lage um die Ukraine-Krise zu ihrem ersten Treffen im Amt mit dem russischen Spitzendiplomaten Sergei Lawrow in Moskau an. Im Vorfeld der Verhandlungen legte das russische Außenministerium die Erwartungen und Hoffnungen der russischen Seite bezüglich der bevorstehenden Gespräche und der Zukunft der deutsch-russischen Beziehungen in einem Kommentar dar.
Russland erkenne Deutschland als einen wichtigen Partner, einflussreichen Akteur auf der internationalen Bühne und bedeutenden Partner an und bemerke einen besonderen Charakter der Beziehung zu Berlin für Moskau, heißt es auf der Webseite des Ministeriums. Heute aber befinde sich das Verhältnis zu Deutschland wegen einiger unfreundlichen Schritte Berlins auf einem Tiefpunkt.
Unter anderem macht Russland dafür die Kampagne gegen RT DE und vor allem die Fernsehredaktion des Senders verantwortlich. Sie stehe im Widerspruch zu den deutschen Verpflichtungen bei der Sicherstellung von Meinungs- und Pressefreiheit, betont Moskau. Hinter dieser Kampagne sieht die russische Seite klare politische Motive:
"Seit dem Start des Fernsehsenders am 16. Dezember 2021 trafen die deutschen Behörden eine Reihe von Maßnahmen, um RT DE aus dem deutschen Informationsraum zu verdrängen, was zur teilweisen Sperrung der Satellitenübertragungen von RT DE sowie zur Löschung seines Kanals auf Youtube führte."
Darüber hinaus hält Moskau die aktuelle Position Deutschlands in Bezug auf die Verhandlungen im Normandie-Format für inakzeptabel, gemäß derer Russland zu einer der Parteien im Konflikt in der Ostukraine gemacht werde, während die offenkundige Weigerung Kiews, die Minsker Abkommen umzusetzen, von Berlin ignoriert werde. Russland erwartet demnach von Deutschland Unterstützung bei den Verhandlungen über die Unterzeichnung der rechtsverbindlichen gegenseitigen Sicherheitsgarantien mit den NATO-Mitgliedsstaaten.
Außerdem zeigt sich Russland davon enttäuscht, dass Deutschland die russische Regierung der Beteiligung an der angeblichen Vergiftung des Oppositionspolitikers Alexei Nawalny sowie der Ermordung des Terroristen Selimchan Changoschwili verdächtige und damit Konfliktsituationen schaffe, die zu den unfreundlichen Schritten wie der Ausweisung der russischen Diplomaten führten. Zugleich werde in deutschen Medien eine offensichtliche antirussische Kampagne betrieben.
Nach Ansicht der russischen Seite setzt sich Deutschland in vielen Bereichen der internationalen Agenda gegen russische Vorschläge ein. Mit der Zustimmung Berlins wurden in Brüssel die Sanktionen gegen Russland beschlossen, betont Moskau. Die Arbeit des wichtigen für die bilateralen Beziehungen Forums "Petersburger Dialog" werde wegen der künstlich ausgedachten Probleme eingestellt, nämlich der Einstufung dreier deutscher NGOs in Russland gemäß der russischen Gesetzgebung als ausländische Agenten. Russland zeigt sich aber mit der belehrenden Rolle des Partners in diesem Format nicht einverstanden:
"Wir bedauern, dass der 'Petersburger Dialog' nun von einigen seiner deutschen Teilnehmer, einschließlich der oben genannten NGOs, als Tribüne für die Kritik am russischen Staat, unserer Realität, Geschichte und Traditionen sowie für die Auseinandersetzung mit russischen Kollegen ausgenutzt wird, deren Meinungen und Positionen sie nicht teilen. Eine solche Herangehensweise schadet dem Dialog und behindert dessen großes kreatives Potenzial."
Dennoch streicht das russische Außenministerium im Kommentar auch die Erfolge bei der Weiterentwicklung des Handels und der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und Deutschland heraus. Unter anderem betont Moskau die Rolle der Gasleitung Nord Stream 2 dabei. Außerdem schätzt die russische Seite die Kooperation im Kulturbereich und die Kontakte auf der Stadt- und Gemeindeebene sehr hoch. Ein großer Wert werde auch auf die Jugendzusammenarbeit gelegt, unterstreicht das Ministerium.
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