von Pierre Lévy
Einerseits war dies ein militärischer Angriff von außergewöhnlicher Schwere, sowohl politisch als auch juristisch. Um dies zu ermessen, reicht es beispielsweise aus, sich vorzustellen, dass Wladimir Putin den ranghöchsten ukrainischen Offizier an der Ostfront auf dem Boden eines engen Verbündeten von Kiew hätte liquidieren lassen. Oder, dass der iranische Oberste Führer sich zu der Eliminierung des berühmtesten amerikanischen Generals auf britischem Territorium stolz bekannt hätte.
Man wagt es kaum, sich die kriegerischen Tiraden, den harten Auftritt von Stiefeln und das Säbelrasseln vorzustellen, ganz zu schweigen von den apokalyptischen Sanktionen, die den Planeten in kürzerer Zeit erwärmt hätten als es für einen rachsüchtigen Tweet nötig ist.
Andererseits waren die Reaktionen der europäischen Hauptstädte und der höchsten EU-Politiker nach dem vom Weißen Haus angeordneten Drohnenangriff bemerkenswert mäßig, ja sogar nachsichtig. Unnötig zu sagen, dass der einfache diplomatische Begriff "Verurteilung" (der in vielen anderen Fällen so üblich ist) natürlich aus keinem Brüsseler Mund kam. Es waren nur die Worte "Sorge" und "Besorgnis" zu hören.
Besser noch: Die "Aufrufe zur Zurückhaltung" wurden "an beide Seiten" gerichtet, bevor die Mahnungen zur "Mäßigung" schließlich ausschließlich nach Teheran umgeleitet wurden, sobald der Iran angedeutet hatte, dass er ein solches Verbrechen nicht ungestraft lassen wird.
Und als Donald Trump zweimal bekräftigte nicht zögern zu wollen, persische Kulturstätten zu bombardieren, hatte die Europäische Kommission, als sie von Journalisten befragt wurde, "keinen Kommentar" abzugeben. (Der Sprecher des britischen Premierministers seinerseits erinnerte daran, dass es sich dabei um "Kriegsverbrechen" handeln würde; dank der Nähe des Brexits fühlte sich Boris Johnson offensichtlich frei, das Schweigen Brüssels zu übergehen).
Die Haltung der EU wird im Übrigen nicht überraschen. Ihre Verbundenheit mit dem westlichen Lager ist genetisch bedingt. Und die Brüsseler Verurteilung der US-Raketen zu erwarten, war so realistisch wie die Vorstellung, dass die NATO ihre Elitetruppen mobilisieren würde, um Washington zu widerstehen ...
Zu diesem Zeitpunkt musste jeder feststellen, dass die iranische Reaktion von großer Besonnenheit war. Sogar so sehr, dass man, wenn man einigen Abgeordneten und Mainstreammedien zuhörte, fast eine heimliche Enttäuschung erahnen konnte ... Dieselben Leute sprachen am Tag zuvor von der Gefahr einer "Spirale". Ein Begriff, der nicht falsch ist, der aber die jeweiligen Verantwortungen nicht klar benennt.
Es ist daran zu erinnern, dass die Spannungen zwischen Washington und Teheran zunächst durch die einseitige Kündigung des Abkommens mit dem Iran seitens der USA im Mai 2018 wiederbelebt wurden. Dieses zielte darauf ab, die Produktion von (ziviler) Kernenergie durch dieses Land zu begrenzen (ein Abkommen, von dem man nicht begeistert sein musste, da es der Islamischen Republik unrechtmäßige Beschränkungen auferlegte).
Und wenn man auf ältere Quellen zurückgreifen will, muss man sich die – längst bekannte – Rolle der amerikanischen (und britischen) Führer beim Sturz des fortschrittlichen und nationalistischen Premierministers Mohammad Mossadegh im Jahr 1953 in Erinnerung rufen. Es ging damals schon darum, die westliche Vorherrschaft in diesem ölreichen Schlüsselland des Nahen Ostens aufrechtzuerhalten.
Der Schuss ging für die USA nach hinten los
Die Folgen der Ermordung von General Soleimani sind vorerst nicht gerade zum strategischen Vorteil der Vereinigten Staaten.
Die Iraner, sowohl regierungsfreundliche als auch regierungsfeindliche, haben sich millionenfach hinter die Behörden gestellt, um das amerikanische Verbrechen anzuprangern, obwohl einige Wochen zuvor hart unterdrückte Anti-Regierungsdemonstrationen stattgefunden hatten.
Im Irak werden diejenigen, die den iranischen Einfluss im Land infrage stellten – ein Bestandteil der jüngsten Protestbewegung – marginalisiert. Der Ölpreis ging nach oben, was von den ölproduzierenden Ländern, einschließlich Russlands und Venezuelas, nur begrüßt werden kann. Aber das tut dem amerikanischen Präsidenten und Kandidaten nicht viel Gutes, denn seine Wähler werden die Aussicht auf höhere Treibstoffpreise wahrscheinlich kaum schätzen.
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