Die alljährlich stattfindende und live im Fernsehen übertragene Spendengala "Licht ins Dunkel" des Österreichischen Rundfunks ORF hat in diesem Jahr für erhebliche Kritik und Empörung gesorgt. Während Millionen Österreicher ins heimische Wohnzimmer verbannt waren, fanden sich im ORF-Studio bestens gelaunte Politiker und Prominente ein.
Die Bürger des Landes Österreich müssen sich seit dem 22. November mit dem vierten bundesweiten Lockdown seit Beginn der Pandemie arrangieren. Bestandteil ist die forcierte Einschränkung des individuellen Daseins. Ausnahmegründe zum Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs sind eindeutig definiert und vorgegeben.
Während der Darbietung des geladenen Showacts Opus mit ihrem Welthit "Live is Live" schwenkten die Kameras nun am Mittwochabend zur besten Sendezeit durch die Reihen vergnügter und annähernd enthusiastisch mitsingender und mitklatschender Anwesender. Darunter, ersichtlich für Millionen Österreicher an den Bildschirmen, auch die Politiker, die für die Lockdown-Politik maßgeblich verantwortlich sind: Bundespräsident Alexander van der Bellen, Kanzler Alexander Schallenberg, Vizekanzler Werner Kogler und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein.
Die gelebte und live ausgestrahlte Ausgelassenheit sorgte umgehend für heftige Kritik in sozialen und klassischen Medien: "Wir sind im Lockdown, und im ORF wurde getanzt", titelt etwa die Kronen Zeitung.
"Land im Lockdown – aber unsere Politiker feiern im ORF", schrieb Heute.
Neben der ausgelassenen Stimmung wird vor allem der anschließende Umtrunk für die teilnehmenden Gäste stark kritisiert. Selfies und Fotos fanden auch hier ihren Weg in die sozialen Medien. Die Kronen Zeitung schrieb:
"Mitten im Lockdown. Kanzler ohne Maske und Mindestabstand bei ORF-Gala. Kanzler Alexander Schallenberg schoss danach auch noch innige Fotos mit anderen Gästen - während Millionen Österreicher im von ihm abgesegneten harten Lockdown sitzen.
Der ORF reagierte am Freitagnachmittag auf die harsche Kritik und entsprechende Medienberichte. Es habe nach Ende der live übertragenen TV-Produktion keine Aftershow-Party im klassischen Sinne gegeben. "Nach der Live-Sendung wurden die Mitwirkenden, die sich 180 Minuten in den Dienst der guten Sache gestellt haben, verabschiedet."
Es habe "ungefähr 35 Minuten" gedauert, "bis die letzten anwesenden Politikerinnen und Politiker sowie Prominente den ORF verlassen hätten. (...) Dabei wurden offenbar von einzelnen Mitwirkenden Erinnerungsfotos gemacht, die aus dem Kontext gerissen den falschen Eindruck einer Partysituation erwecken können."
Die Veranstaltung selbst sei unter strengen 2G- und Testkontrollen aller Teilnehmer durchgeführt worden.
Das Büro von Bundeskanzler Schallenberg erklärte, es habe sich hier keinesfalls um eine "Party", sondern lediglich um eine TV-Sendung gehandelt. "Alle Personen seien negativ PCR-getestet gewesen und der Kanzler selbst habe, nachdem er einige Foto-Wünsche erfüllt hätte, die Veranstaltung nach 20 Minuten verlassen."
Der FPÖ-Politiker Dominik Nepp fragte dagegen, warum sich die verordnende Politik Rechte herausnehme, die "für normale Bürger" nicht gelten würden. "Die feiern ab. Egal, ob das mit 2G+ ist, oder 3G+ oder 1G, (...) und die Wiener sind zu Hause eingesperrt. Was ist denn das für ein Sittenbild der Politik?", wird Nepp zitiert.
Laut ORF wurden am Abend der Gala bis 24 Uhr 3.372.150 Euro eingesammelt, die über den Verein "Licht ins Dunkel" an Sozialprojekte gehen.
Seit dem 22. November 2021 gelten die aktuellen Lockdown-Verordnungen in Österreich bis voraussichtlich 12. Dezember 2021. Dann wird tagesaktuell von der Regierung entschieden, ob es gegebenenfalls zu einer Verlängerung kommen wird.
Mehr zum Thema - WHO und UN zur Impfpflicht in Österreich: Corona-Maßnahmen dürfen nicht diskriminierend sein