USA: New York hat jetzt eine muslimische Bürgerwehr

Eine neue Bürgerwehr im New Yorker Stadtteil Brooklyn sorgt für Aufregung. Während die Organisatoren von einer aktiven Beteiligung an der US-amerikanischen Zivilgesellschaft sprechen, fürchten die Kritiker eine Art "Scharia-Polizei".

von Timo Kirez

Rund 769.000 Muslime leben im "Big Apple". Das sind neun Prozent der Gesamtbevölkerung von New York, aber gleichzeitig auch 22 Prozent der gesamten muslimischen Bevölkerung in den USA. Im Jahr 2017 gab es in der Stadt 14 gemeldete anti-muslimische Vorfälle, so der Jahresbericht der Polizei. Im vergangenen Jahr gab es in den ersten drei Quartalen des Jahres 14 derartige Vorfälle laut den jüngsten verfügbaren Daten. Zwar kann man anhand dieser Zahlen von keiner Eskalation im Verhältnis der Muslime und Nicht-Muslime in New York sprechen, doch nun formierte sich eine neue muslimische Bürgerwehr in der Stadt, die sich vor allem im Süden des Stadtteils Brooklyn, in dem viele der Muslime leben, auf Patrouille begeben will.

Doch für die Organisatoren geht es nicht nur um die Sicherheit der Gemeinde, die unbewaffnete Bürgerwehr soll auch Übersetzungsdienste leisten, das kulturelle Verständnis fördern, verdächtige Aktivitäten im Viertel und Verkehrsunfälle melden sowie bei der Suche nach Vermissten helfen. Mitglieder der Organisation sprechen von einem aktiven, zivilen Engagement in der Gesellschaft. Die Patrouille hat zudem die Unterstützung von Brooklyns Bezirkspräsidenten Eric L. Adams und Assistant Chief Brian J. Conroy, dem kommandierenden Offizier von Patrol Borough Brooklyn South, der Polizei in Südbrooklyn. Bis jetzt besitzt die Bürgerwehr zwei Wagen, doch es sollen noch drei weitere bis Ende Februar hinzukommen.

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Als ein Foto eines der "Streifenwagen", die den offiziellen Polizeiautos der Polizei zum Verwechseln ähneln, auf Facebook und später auch auf Instagram auftauchte, hagelte es nicht wenige feindselige Kommentare. Der Tenor: Es handle sich hier um eine Truppe, die die Scharia in Brooklyn einführen und kontrollieren wolle. Ein Vorwurf, der absurder nicht sein könnte, da die Organisatoren von Anfang an mit den Behörden der Stadt zusammenarbeiten. So hielt die Gruppe kürzlich eine Schulung unter der Leitung von Beamten aus dem 72. Revier der Polizei Brooklyn Süd ab. "Wir kennen unseren Platz: Wir sind keine Polizisten", wird ein Mitglied in der New York Times zitiert. Und weiter: "Wir sind einfach Patrouilleure für die Gemeinschaft, die auch als Augen und Ohren für das NYPD dienen."

Ein auf Facebook gepostetes Video zeigt den ersten "Einsatz":

Auch Bezirkspräsident Adams sieht die Sache positiv. Gegenüber der New York Times sagte er: "Mehr als nur Gebäude gingen während des 11. September zu Bruch. Das Vertrauen zwischen den Gemeinschaften ging zurück", so Adams. Und er ergänzte: "Wir bauen einen Stein nach dem anderen wieder auf, und diese Patrouille ist einer dieser Steine." Sogenannte Bürgerwehren sind keine Seltenheit in der Millionenstadt New York. So gibt es schon seit den 1980er Jahren die Shomrim, eine jüdische Patrouille. Und auch die Asiaten haben mit ihrer Brooklyn Asian Safety Patrol ihre eigene Bürgerwehr.  

Die muslimische Patrouille finanziert sich aus Spenden. Die Freiwilligen planen, im Schichtdienst zu arbeiten und Patrouillen von 17.00 bis 23.00 Uhr durchzuführen, meist in der Nähe von Moscheen sowie Bus- und U-Bahnhaltestellen in Bay Ridge und Sunset Park, wo es eine große muslimische Bevölkerung gibt. Es sollen aber auch Suppenküchen für Bedürftige, Bildungseinrichtungen und Beratungsdienste folgen. Das Projekt zielt laut den Organisatoren darauf ab, jedem zu dienen, der Hilfe braucht – nicht nur Muslimen.