Bei einem Auftritt vor Zehntausenden Anhängern in Texas am vergangenen Wochenende griff der 45. Präsident der USA, Donald Trump, seinen Amtsnachfolger für dessen außenpolitische Linie scharf an. Joe Bidens Schwäche und Inkompetenz hätten die Welt an den Rand des Dritten Weltkriegs gebracht, die demokratischen "Schlafwandler" in Senat und Abgeordnetenhaus riskierten die Zukunft Amerikas und der Welt:
"Die Art und Weise, wie wir Afghanistan verließen, war katastrophal und veränderte das Ansehen Amerikas. (...) Es war ein so peinlicher und schädlicher Augenblick! Die Schwäche und Inkompetenz von Biden schafft ein sehr reales Risiko des Dritten Weltkriegs. Schaut, was jetzt geschieht. Mit uns wäre das nie passiert", sagte Trump.
Statt sich in immer neue Auslandsabenteuer zu stürzen, müsste die Administration nach der Auffassung des Republikaners Amerikas eigene Probleme lösen, unter anderem den Anstieg der Kriminalität und die illegale Immigration besser bekämpfen:
"Heute ist jeder in Washington besessen davon, die ukrainische Grenze zu verteidigen, aber die wichtigste Grenze für uns ist nicht die der Ukraine, das ist die amerikanische Grenze! (...) Es kommen Leute rein, von denen wir nicht einmal wissen, wer sie sind. Die erste Pflicht des amerikanischen Präsidenten ist es, die amerikanischen Grenzen zu verteidigen. Statt über Invasionen anderer Länder zu reden, müssen unsere Führer die Invasion in dieses Land stoppen. (...) Statt unsere Truppen zur Verteidigung von Grenzen in Osteuropa zu schicken, sollte Biden sie hierher schicken, um unsere Grenze hier in Texas zu verteidigen."
Trump lobte sich für seine eigene außen- und sicherheitspolitische Bilanz. Er habe die richtige Balance zwischen demonstrierter Stärke und Ausgleich mit anderen Ländern gefunden. Mit ihm hätte Putin sich nicht getraut, ein anderes Land anzugreifen, meinte der Ex-Präsident. Man habe sich gut mit Putin verstanden, Amerika sei respektiert gewesen und Russland habe während seiner Amtszeit keine offensiven Schritte unternommen. Ronald Reagan, erinnerte Trump an seinen berühmten Vorgänger, hätte diese Art der Außenpolitik als "Frieden durch Stärke" bezeichnet.
Ausdrücklich bekannte sich Donald Trump stolz darauf zu sein, keinen neuen Krieg angefangen zu haben:
"Ich bin stolz darauf, der erste Präsident seit Jahrzehnten zu sein, der die USA nicht in neue Kriege führte. Ich habe uns herausgenommen aus (der Spirale der) unendlichen, lächerlichen Kriege."
Jetzt dagegen, scherzte er sichtlich gut gelaunt, müsse gar der ukrainische Präsident Biden anrufen und zur Räson aufrufen: "Komm runter, komm runter. Ich denke, dass mit uns alles in Ordnung ist, beruhige dich bitte", deutete Trump seinen Anhängern die Inhalte der Telefonate der letzten Wochen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Selenskij und Biden an.
Aufgrund der Finten von Biden und seinem Team, fuhr Trump fort, sei die Inflation in die Höhe geschnellt, seien die Preise gestiegen und die Versorgungsketten zusammengebrochen. Man könne vieles nicht kaufen, und er selbst könne auch kein Buch veröffentlichen, weil es in den Druckereien kein Papier mehr gäbe. Die Zahl der Morde nehme zu, und es kämen immer mehr Migranten ins Land.
Für den Fall seiner Wiederwahl versprach der 45. Präsident eine Amnestie für alle, die wegen des sogenannten "Sturms auf das Kapitol" strafverfolgt werden. Seine Anhänger rief er dazu auf, im Herbst dieses Jahres die "demokratischen Schlafwandler" aus dem Kongress herauszuwählen und für "verantwortungsvolle und kompetente" republikanische Kandidaten zu stimmen.
Die Halbzeitwahlen (midterm elections) werden in den USA dieses Jahr am 8. November abgehalten. Dabei wird die gesamte Abgeordnetenkammer neu gewählt und ein Drittel der Sitze im Senat neu vergeben. Die Republikaner erhoffen sich eine Revanche für die verlorenen Präsidentschafts- und Kongresswahlen des Jahres 2020, die nach weitverbreiteter Auffassung unter Trumps Anhängern zugunsten der Demokraten teilweise manipuliert worden seien.
Nach Zusammenstellung aller aktuellen Meinungsumfragen auf der Plattform RealClearPolitics führen die Republikaner seit November 2021 deutlich. Derzeit würden 47 Prozent der Befragten ihre Stimme den Republikanern geben, die Demokraten haben nur noch 43 Prozent. Die Zustimmung zur Amtsführung Bidens ist auf etwa 40 Prozent gesunken.
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