Die Regierung von US-Präsident Joe Biden sucht nach Wächtern, die fließend Haitianisch sprechen, um ein Gefangenenlager in Guantánamo Bay, Kuba, (GITMO) zu besetzen. Doch das Lager ist eigentlich viel zu klein für die Tausenden von haitianischen Migranten, die derzeit in Texas untergebracht sind.
Einem Bericht des US-Nachrichtensenders NBC News vom Mittwoch zufolge hat das US-Ministerium für Innere Sicherheit (DHS) in der vergangenen Woche eine Ausschreibung für "mindestens 50" Wachleute veröffentlicht, von denen zehn Prozent fließend "Spanisch und Haitianisch" sprechen sollen, um innerhalb von 24 Stunden für die Arbeit in einem Gefangenenlager in der von den USA kontrollierten Enklave auf der Insel verfügbar zu sein.
Der Bericht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in den sozialen Medien und löste ungläubige Reaktionen von allen Seiten des politischen Spektrums aus.
"Das kann nicht passieren. Das kann nicht ... passieren. Ich bin gerade so was von wütend. Schämen Sie sich, Joe Biden", twitterte die Einwanderungsaktivistin Erika Andiola als Kommentar zu dem NBC-Artikel.
"Die Demokraten sind von WIR WERDEN GITMO SCHLIESSEN (2007) zu LASSEN WIR GITMO FÜR HAITISCHE IMMIGRANTEN VERWENDEN (2021) übergegangen", so der Journalist Glenn Greenwald.
Die Migranten nach GITMO zu schicken ist also human, aber Pferdezügel zu benutzen ist "schlimmer als Sklaverei", sagte der konservative Talkmaster Larry O'Connor auf sarkastische Weise.
Dies war eine Anmerkung zur Empörung der US-Demokraten über Fotos von berittenen Grenzschutzbeamten, die Haitianer bei der Überquerung des Rio-Grande-Flusses nach Texas "auspeitschen", die Anfang der Woche von einem Aktivisten veröffentlicht wurden. Obwohl die Beamten keine Peitschen hatten und es keine Beweise dafür gab, dass sie jemanden mit den gespaltenen Zügeln, mit denen sie ihre Pferde lenkten, schlugen, forderten das Weiße Haus und das Gesundheitsministerium eine Untersuchung.
Am Mittwoch behauptete die demokratische US-Kongressabgeordnete aus Kalifornien, Maxine Waters, dies sei "schlimmer als das, was wir in der Sklaverei erlebt haben", und forderte, die beteiligten "Cowboys" zu entlassen.
Allerdings scheinen diejenigen, die sich über den NBC-Artikel empören, dessen Inhalt nicht zur Kenntnis genommen zu haben. In der Stellenausschreibung des DHS heißt es, dass das Haftzentrum 120 Personen aufnehmen kann – oder bis zu 400, wenn der Andrang groß ist –, was bei weitem nicht ausreicht, wenn man bedenkt, dass über 14.000 Haitianer die US-Grenze von Mexiko aus überquert haben. Obwohl die Biden-Regierung versprochen hat, diejenigen abzuschieben, die nicht für ein Asylverfahren in Frage kommen, wurden bisher nur einige Hundert zurück nach Haiti geflogen, während der Rest Berichten zufolge ins Innere der USA entlassen wird, mit der Aufforderung, später zu einer Asylanhörung zu erscheinen.
Die USA hatten Guantánamo Bay schon einmal genutzt, um haitianische Asylbewerber nach dem Putsch von 1991 in dem Karibikstaat zu inhaftieren. Bis zu 12.000 Haitianer wurden auf dem Stützpunkt festgehalten, weil man befürchtete, sie könnten HIV-positiv sein.
Seit Joe Biden im Januar als Präsident vereidigt wurde und die Einwanderungsbeschränkungen der Trump-Regierung aufgehoben hat, überquerten mehr als eine Million Migranten, hauptsächlich aus Mittelamerika, die US-Grenze von Mexiko aus illegal.
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