Der Immunologe und oberste Corona-Berater der US-Regierung Dr. Anthony Fauci hatte bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus erklärt, er glaube, dass für die US-Amerikaner "wahrscheinlich" eine zusätzliche Dosis des Impfstoffs von Pfizer/BioNTech oder Moderna erforderlich sein wird, um in naher Zukunft als "vollständig geimpft" zu gelten. Fauci, der auch Direktor des US-amerikanischen Nationalen Instituts für Allergie und Infektionskrankheiten (NIAID) ist, verwies dabei auf aktuelle Daten aus Israel. Gegenüber Reportern sagte er:
"Aus meiner eigenen Erfahrung als Immunologe würde es mich nicht überraschen, wenn die entsprechende vollständige Impfung aus drei Dosen bestünde."
Die Daten zur Auffrischungsimpfung aus Israel zeigten demnach eine "sehr deutliche" und "dramatische" Verbesserung des Schutzes, so Fauci. Er fügte jedoch hinzu, dass die endgültige Entscheidung die Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) sowie die Centers for Disease Control and Prevention (CDC), eine Behörde des US-Gesundheitsministeriums, treffen werden.
In Israel ist die Wirksamkeit des Impfstoffs im Laufe der Zeit deutlich zurückgegangen. Im Juli wurde ein starker Anstieg schwerer Erkrankungen unter den Vollgeimpften – nach der früheren Definition mit zwei Impfdosen – gemeldet. Der US-Immunologe verwies auf eine Studie, die sich auf Daten von etwa einer Million Israelis im Alter von 60 Jahren und darüber stützt und aus der hervorgeht, dass eine dritte Dosis des Pfizer/BioNTech-Impfstoffs "erhebliche positive Auswirkungen" hat und zu einer zehnfachen Verringerung einer schweren Erkrankungen führt.
Fauci betonte zwar, dass die CDC und die FDA noch kein endgültiges Urteil über die Auffrischungsimpfungen gefällt hätten, sagte aber, es gebe "guten Grund zur Annahme", dass die dritte Dosis bei den Empfängern nicht nur eine "starke", sondern auch eine "dauerhafte" Immunreaktion hervorrufen würde. Er betonte:
"Und wenn es dauerhaft ist, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Drei-Dosen-Schema das Routine-Schema sein wird. Aber wir müssen einfach abwarten, um sicher zu sein, dass dies der Fall ist, nachdem die Daten der FDA vorgelegt wurden."
Obwohl die Regierung von Joe Biden bereits mit der Werbung für Auffrischungsimpfungen begonnen hat – der US-Präsident selbst rief alle US-amerikanischen Erwachsenen dazu auf, sich innerhalb von acht Monaten nach der letzten Dosis zum dritten Mal impfen zu lassen –, hat dieser Schritt bei den Bundesaufsichtsbehörden eine Kontroverse ausgelöst und Anlass zur Sorge gegeben, dass das Weiße Haus mit seiner Auffrischungskampagne zu schnell handelt.
Anfang der Woche traten zwei hochrangige FDA-Mitarbeiter, die sich mit der Erforschung und Prüfung von Impfstoffen befassen, aus Protest gegen eine Reihe von Fehlern der Regulierungsbehörden zurück. Und Bidens überstürzte Ankündigung von sogenannten Boostern dürfte wohl der letzte Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Biden hatte seine Rede noch vor der offiziellen Genehmigung durch die FDA gehalten, obwohl die Behörde zuvor Auffrischungsimpfungen für Menschen mit geschwächtem Immunsystem befürwortet und inzwischen einen Rückgang der durch Vakzine hervorgerufenen Immunität in den USA eingeräumt hatte.
Fauci selbst zeigte sich zuvor zurückhaltend in Bezug auf die Verabreichung zusätzlicher Dosen und erklärte noch im Juli, dass es viel zu früh sei, um über Auffrischungsimpfungen zu diskutieren. Der CEO von Pfizer, Albert Bourla, habe sich sogar bei ihm dafür entschuldigt, dass er die Studien des Unternehmens zu einer dritten Impfung zu einem so frühen Zeitpunkt veröffentlich habe, so Fauci. Mitte August änderte der Gesundheitsberater seine Haltung deutlich und argumentierte stattdessen, dass die US-Amerikaner "unvermeidlich" einen Booster benötigen würden. Damals sagte er:
"Kein Impfstoff, zumindest nicht in dieser Kategorie, wird einen unbegrenzten Schutz bieten."
Den Angaben der CDC-Behörde zufolge gelten fast 175 Millionen US-Amerikaner – etwas mehr als 52 Prozent der Bevölkerung – nach dem derzeitigen Zwei-Dosen-Schema bzw. einer Dosis beim Impfstoff von Johnson & Johnson als "vollständig" geimpft. Bei der am stärksten gefährdeten Altersgruppe, den über 65-Jährigen, liegt der Anteil der "vollständigen" Impfungen bei knapp 82 Prozent.
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