In mehreren US-Bundesstaaten laufen – von Mainstreammedien hierzulande in der Berichterstattung meist unberücksichtigt – Überprüfungen der US-Präsidentschaftswahlen. Dabei geht es nicht um bloße Neuauszählungen der Stimmen, sondern um eine "forensische" Begutachtung der einzelnen Stimmzettel sowie der Verfahren bei der Durchführung der Wahl. Den Anfang hatte Arizona gemacht, wo die Untersuchungen Ende April begannen. In einigen weiteren Bundesstaaten, darunter Georgia, wurden bald darauf ähnliche Prüfverfahren in die Wege geleitet oder angekündigt.
Anders als in Arizona, wo ein Beschluss des dortigen Senats die juristische Grundlage für die Überprüfung bot, hatte in Georgia eine Gruppe von neun Klägern vor dem Bezirksgericht von Fulton erzwungen, dass rund 145.000 Briefwahlstimmen überprüft werden. Die die Prüfung durchführende Organisation VoterGA, die sich nach eigenem Bekunden "für die Wiederherstellung der Wahlintegrität in Georgia" und für "unabhängig überprüfbare, prüfsichere, nachzählbare und transparente Wahlen" einsetzt, berichtete auf einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche über die gefundenen Ergebnisse.
Demnach gebe es bei 923 von 1.539 Stimmzettelpaketen Diskrepanzen zum offiziellen Wahlergebnis des Bezirks. Diese bezögen sich sowohl auf die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen als auch auf die Verteilung der Stimmen zwischen Donald Trump und Joe Biden. So seien etwa einige Stimmzettelpakete doppelt ins offizielle Ergebnis eingeflossen. Dies beträfe mindestens 36 Pakete mit insgesamt 4.255 Stimmen, wobei 3.390 Stimmen auf Joe Biden und 865 Stimmen auf Donald Trump entfallen waren.
Die Prüfer fanden bei sieben Stimmzettelpaketen auch offensichtliche Fälschungen der Ergebnisse. So befanden sich beispielsweise in einem der Pakete 60 Stimmen für Joe Biden und 50 für Donald Trump. Das entsprechende Paket war jedoch mit 100 Stimmen für Joe Biden gekennzeichnet worden. Insgesamt geht es bei diesen sieben Paketen um 850 Stimmen, die – fälschlicherweise – allesamt Joe Biden zugeordnet worden waren. Zudem seien über 200 Briefwahlunterlagen mit abgegebenen Stimmen entdeckt worden, deren Ergebnisse nicht in der Auszählung enthalten waren.
Doch auch prozessuale Fehler, die unter Umständen Spielraum für Manipulationen eröffnen könnten, habe es gegeben. So hatte es der Bezirk offenbar versäumt, über 100.000 Zählbögen, darunter mehr als 50.000 von Briefwahlstimmen, beizufügen, als die offiziellen Ergebnisse vom Wahlleiter des Bundesstaates im November veröffentlicht worden waren. Diese Auszählungsbögen fehlten noch bis Ende Februar, als der Bezirk seine ursprünglichen Ergebnisse ergänzte. Zudem seien Wahlurnen mindestens drei Tage lang nicht übergeben worden, obwohl der Bezirk rechtlich dazu verpflichtet gewesen wäre.
VoterGA nahm diese Unstimmigkeiten zum Anlass, um die Ausweitung der Überprüfungen auf den gesamten Bundesstaat zu fordern. Man habe "Beweise" dafür, dass die beobachteten Diskrepanzen "in anderen Bezirken Georgias schlimmer als im Bezirk Fulton sein könnten".
Nach Auffassung der Organisation, die sich als "überparteilich" und "von einem Bündnis von Bürgern, die sich für die Wiederherstellung der Integrität von Wahlen in Georgia einsetzen", versteht, müsse eine solche bundesstaatsweite Überprüfung neben der Begutachtung der physischen Stimmzettel und von Hilfsmitteln wie etwa Zählmaschinen auch die forensische Prüfung der eingesetzten Wahlserver beinhalten.
Auch müsse die Prüfung durch ein "wirklich unabhängiges Team" durchgeführt werden, das "keine Beziehungen zu mit der Durchführung von Wahlen betrauten Offiziellen" habe. Den Vorschlag des republikanischen Sprechers des Repräsentantenhauses von Georgia David Ralston, die oberste Ermittlungsbehörde des Bundesstaates ("Georgia Bureau of Investigation") dafür einzusetzen, lehne die Organisation indes ab. Diese habe wenig bis gar keine Erfahrung mit forensischen Wahluntersuchungen, sei bereits im Auftrag des obersten Wahlleiters des Bundesstaates in Untersuchungen eingebunden gewesen (und damit nicht unabhängig) und erbringe "zweifelhafte Ergebnisse bei Untersuchungen, die Regierungsbeamte betreffen".
Inwieweit es nun aber tatsächlich zu einer Ausweitung der Überprüfungen kommt, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sicher gesagt werden. Womöglich dürfte dabei auch eine Rolle spielen, welche abschließenden Ergebnisse die Prüfung in Arizona hervorbringt.
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