Nachdem Facebook wegen der Aussage des US-Präsidenten scharf protestiert hatte, ruderte dieser nun zurück. Am vergangenen Freitag hatte Joe Biden – angesprochen auf die Verbreitung von Falschinformationen zum Coronavirus über Plattformen wie Facebook – gegenüber Reportern erklärt, dass diese "Menschen töten". Der 78-Jährige distanzierte sich von der Behauptung und erklärte, dass es nicht das sei, was er wirklich gemeint habe. Zugleich bestand Biden weiterhin darauf, dass die sozialen Netzwerke mehr zensieren sollten.
Bei einer Pressekonferenz am Montag versuchte Biden, seinen Kommentar zu Facebook und anderen sozialen Plattformen klarzustellen und zu erklären, was er genau gemeint habe. So sagte er, dass, basierend auf einem Artikel, den er über Facebook gelesen habe, ein Dutzend Menschen verantwortlich für etwa 60 Prozent der "Falschinformationen" auf der Plattform seien. Biden ergänzte:
"Facebook tötet keine Menschen. Diese zwölf Leute da draußen verbreiten Falschinformationen und jeder, der ihnen zuhört, wird dadurch verletzt. Das tötet Menschen. Das sind falsche Informationen."
Seine Hoffnung sei, so Biden weiter, dass die Plattform etwas gegen die "ungeheuerlichen Falschinformationen über die Impfung" unternehmen würde, anstatt die Aussage persönlich zu nehmen. Das sei das, was er meine, fügte Biden hinzu.
Vergangene Woche hatte sich auch die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, an Facebook gewandt und unter anderem gefordert, viel schneller Beiträge zu entfernen, die gegen die Richtlinien verstießen und falsch seien. Als am Freitag die Aussage des US-Präsidenten erfolgte, wonach "Falschinformationen" über das Coronavirus und die Impfung auf Facebook Menschen töten würden, legten Vertreter des US-Techgiganten scharfen Protest ein. Die Plattform wies jede Schuld an der inzwischen ins Stocken geratenen Impfkampagne in den USA zurück.
Nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC haben bislang gut 185 Millionen Menschen in den Vereinigten Staaten mindestens eine erste Dosis eines Impfstoffes verabreicht bekommen – das entspricht rund 56 Prozent der Bevölkerung. Doch zuletzt nahm das Interesse ab. Die Regierung in Washington machte unter anderem auch die Falschinformationen in den sozialen Netzwerken für die abwartende oder gar ablehnende Haltung vieler Bürger gegenüber den Corona-Impfstoffen mitverantwortlich.
Facebook wehrte sich gegen diese Vorwürfe mit dem Verweis auf Zahlen, wonach etwa 85 Prozent seiner Nutzer für die Impfung seien. Zudem hatte Facebook auch "beispiellose Ressourcen" eingesetzt, um Informationen zu bekämpfen, die nicht von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder lokalen Regierungen genehmigt wurden. Wie Facebook-Vizepräsident für Integrität, Guy Rosen, erklärte, seien 167 Millionen Inhalte, die von Faktenprüfern als unwahr eingestuft worden waren, ausgeblendet und 18 Millionen Einträge von "COVID-19 Falschinformationen" gelöscht worden.
Doch das war offenbar nicht genug für die Korrespondenten, die aus dem Weißen Haus berichten. Denn sie fragten den US-Präsidenten, ob Facebook über das Wochenende diesbezüglich etwas mehr unternommen hätte und ob er beabsichtige, sie zur Rechenschaft zu ziehen, falls dies nicht der Fall ist.
"Um ganz ehrlich zu sein, ich weiß nicht, ob sie heute etwas getan haben, über das Wochenende. Ich glaube nicht, dass sie es getan haben. Ich weiß es aber nicht", antwortete Biden. Alles, was er versuche zu tun, fügte Biden hinzu, sei, "die Menschen dazu zu bringen, auf sich selbst zu schauen, in den Spiegel zu schauen".
Oliver Darcy, Reporter des US-Senders CNN und ein ausgesprochener Verfechter der Zensur der sozialen Medien, bezeichnete Bidens Aussagen beim Kurznachrichtendienst Twitter als "einen ziemlichen Schritt zurück".
Der Kreuzzug der Biden-Administration gegen Online-"Falschinformationen" wurde am vergangenen Donnerstag gestartet, als der oberste Gesundheitsbeamte der US-Regierung, Vivek Murthy, sie für "eine unmittelbare und heimtückische Bedrohung für die Gesundheit unserer Nation" erklärte. Murthy behauptete zugleich, dass 67 Prozent der ungeimpften US-Amerikaner mindestens einen "Mythos" über Corona-Impfstoffe gehört hätten.
Die Pressesprecherin des Weißen Hauses legte einen Tag später nach und forderte etwa, dass Menschen, die auf einer Plattform gesperrt seien, dies dann auch auf allen anderen sein sollten. Zugleich wich Psaki den Fragen zur Definition von Fehlinformationen sowie zu den Bedenken bezüglich der Redefreiheit aus.
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