Hals über Kopf sind am vergangenen Montag demokratische Abgeordnete aus dem US-Bundesstaat Texas in die Bundeshauptstadt Washington, D.C. "geflohen". Der Hintergrund: Sie wollten damit eine Abstimmung über den von den Republikanern eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Wahlgesetzes in Texas verhindern. Die texanischen Demokraten wollen nun in Washington, D.C. ausharren, bis die vom texanischen Governeur Greg Abbott einberufene Sondersitzungsperiode Anfang August abläuft.
Demokraten im ganzen Land unterstützen die texanischen Abgeordneten
Die Demokraten aus Texas sehen die Wahlgesetzänderung als rassistisch und diskriminierend an. Sie befürchten, dass die Gesetzesänderung die freien und demokratischen Wahlen gefährden würde. Ihre "Flucht" aus Texas sehen sie als eine Verteidigung der Demokratie. Auf Twitter schreibt etwa der demokratische Abgeordnete James Talarico: "Wir fliegen nach DC, um den Kongress aufzufordern, den 'For The People Act' zu verabschieden und unsere Demokratie zu retten." Der For The People Act oder H.R.1 ist ein von den Demokraten eingebrachter Gesetzentwurf zur Reformierung der Bundeswahlen.
Auch Kamala Harris erkennt in dem Versuch der demokratischen Abgeordneten, die Abstimmung über den texanischen Gesetzentwurf zu boykottieren, einen bemerkenswerten Einsatz für die Demokratie. "Ich sage, dass sie die Führer sind, die auf dem Weg marschieren, den so viele andere vor ihnen beschritten haben, als sie für unser Wahlrecht kämpften und viele starben", erklärte die Vize-Präsidentin. "Und ich werde das später in meinen Kommentaren sagen, aber ich glaube, dass der Kampf für das Wahlrecht so amerikanisch ist wie Apple Pie."
Hintergründe: Wahlgesetzänderung in Texas und die nationale Spaltung
Die gegenwärtige Auseinandersetzung zwischen Demokraten und Republikanern über Wahlgesetze in Texas muss im Zusammenhang mit ähnlichen Vorstößen zu Wahlrechtsänderungen in anderen Bundesstaaten gesehen werden, die von Republikanern geführt werden. Demokraten bezeichnen diese durchweg als rassistisch und diskriminierend, da sie angeblich Minderheiten benachteiligen und vom Wählen abhalten würden. Die Republikaner weisen diese Vorwürfe zurück.
Letztlich stehen sich zwei Lager gegenüber, die jeweils anstreben, die Wahlen sicherer und einfacher zu machen – die Wege dahin jedoch sind einander diametral entgegengesetzt. Auch die Bevölkerung ist in dieser Frage zutiefst gespalten.
Die geplante texanische Wahlgesetzänderung sieht unter anderem vor, dass Anträge auf Briefwahl nicht an Menschen verschickt werden dürften, die diese nicht explizit angefordert hätten. Zudem würden für die Briefwahl die Identifizierungsmaßnahmen angepasst. Während der Pandemie 2020 eingeführte Drive-Through-Wahllokale soll es zukünftig nicht wieder geben.
All dies sei, so die Kritiker, rassistisch und diskriminierend und würde das Wahlrecht einschränken, weil gerade Benachteiligte und Minderheiten dadurch beeinträchtigt würden. Unter anderem wird mit Blick auf die "Drive through"-Wahllokale gesagt, Minderheiten und Schichtarbeiter hätten diese überdurchschnittlich genutzt, entsprechend stelle deren Verbot eine Diskriminierung dar.
Wie geht es weiter in Texas?
Der texanische Gouverneur Greg Abbott kündigte an, die geflohenen Demokraten zu verhaften, sobald sie nach Texas zurückkehrten, um sie zur Abstimmung über das Gesetz zu verpflichten. "Wenn Sie nicht zur Arbeit zurückkehren, riskieren Sie, ihren Job als Staatsvertreter zu verlieren, weil Sie nicht auftauchen", erklärt Abbott. "Um Ihre zweite Frage zu beantworten: Ja, es gibt etwas, was der Gouverneur tun kann. Als erstes werde ich Ihnen sagen, was das Repräsentantenhaus tun kann. Der Sprecher kann einen Aufruf erlassen, diese Mitglieder verhaften zu lassen. Darüber hinaus kann und werde ich aber auch weiterhin eine Sondersitzung nach der anderen einberufen, und zwar bis zur Wahl im nächsten Jahr. Wenn diese Leute also dort abhängen wollen, wo sie auf dieser vom Steuerzahler bezahlten Reise abhängen, dann müssen sie sich darauf einstellen, dass sie das weit über ein Jahr lang tun werden. Sobald sie in den Staat Texas zurückkommen, werden sie verhaftet. Sie werden im Kapitol von Texas eingesperrt, bis sie ihre Arbeit erledigt haben."
Es gilt als wahrscheinlich, dass die "Flucht" der Demokraten nach Washington die Verabschiedung der Wahlgesetzänderung in Texas zwar verzögern, aber nicht aufhalten wird.
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