Viele US-Staaten – von den Republikanern beherrschte wie Florida und selbst wie New York von den Demokraten – haben begonnen, die Volkswirtschaft wieder zu öffnen und die Beschränkungen wegen des Coronavirus aufzuheben. Anders sieht die Situation in Washington, D.C. aus, wo die Bürgermeisterin Muriel Bowser ein Dekret gegen das Tanzen auf Hochzeiten erließ.
In einer Pressekonferenz, die – bis auf einige wenige lokale Medien – ziemlich unbeachtet blieb, kündigte Bowser letzte Woche an, dass zwar Hochzeiten im hauptstädtischen District of Columbia stattfinden dürfen, wenn auch nur mit einer auf 25 Prozent gedrosselten Auslastung. Außerdem erklärte sie jedoch, das "Tanzen und das Stehen bei Empfängen" sei ab dem vergangenen Sonnabend verboten. Ein Sprecher von Bowser teilte am Sonnabend weiter mit, diese Regel sei eingeführt worden, "um die Verbreitung von COVID-19 zu verringern, denn wenn Menschen stehen und tanzen, ändert sich ihr Verhalten".
Das Tanzen war auch in der fiktiven Stadt Bomont, Oklahoma, im Film aus dem Jahre 1984 "Footloose" (engl.: Ungebunden) verboten. Swing-Tänze wurden auch schon von den Taliban in Afghanistan unter Androhung der Todesstrafe verboten – im 20. Jahrhundert sogar in einigen US-Städten, wenn auch dort wenigstens ohne die Gefahr der Enthauptung. Twitter-Nutzer, die am Montag auf Bowsers Dekret stießen, verspotteten die Bürgermeisterin von der Demokratischen Partei. Ein Nutzer schrieb:
"Ich bin so froh, dass wir Bürgermeisterin Bowser haben, um uns vor den sündigen Arten des Tanzens oder Stehens auf Hochzeiten zu schützen. Ohne sie könnte sich DC in einen Sündenpfuhl hampelnder Arme und Beine verwandeln!"
Jenseits der Ringautobahn der US-Hauptstadt, wo die Beschränkungen ohnehin aufgehoben werden, erscheint diese Idee eines Tanzverbots wahrscheinlich hochgradig lächerlich.
Unterdessen hob Ron DeSantis, der republikanische Gouverneur von Florida, am Montag alle lokalen Coronavirus-Notstandsmaßnahmen für seinen Bundesstaat auf und nannte dies "die evidenzbasiert zu treffende Maßnahme" angesichts sowohl des Rückgangs von Infektionen und Todesfällen als auch der Impfkampagne. DeSantis ist einer der lautesten Kritiker von Sperren, Maskenpflicht und Impfpässen. Und er erhielt – trotz zahlreicher Kritik in den Medien – auch Lob für die von ihm unternommenen Schritte, um Floridas Senioren zu schützen und Wirtschaft offen zu halten.
In New York befürwortete Gouverneur Andrew Cuomo harte Restriktionen, auch wenn er Pflegeheime anwies, COVID-19-Patienten aufzunehmen – mit entsetzlichen Folgen. Cuomo wurde in den Medien zum "Anti-DeSantis", wendet sich aber inzwischen zunehmend wieder zu den Vorzügen einer schrittweisen Öffnung. Cuomo merkte an, dass die Stadt innerhalb der nächsten zwei Monate wieder vollständig geöffnet werde – was "buchstäblich alles wieder normal" bedeute. Anders als in Florida werden vorerst jedoch Masken und soziale Distanzierung in Innenräumen weiterhin obligatorisch sein.
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