Nach dem großen Reibach: Bezos für höhere Unternehmenssteuern

Amazon-Gründer Jeff Bezos hat sich für höhere Unternehmenssteuern und den Infrastrukturplan des Weißen Hauses ausgesprochen. Hiermit sorgte der reichste Mensch der Welt für Hohn und Spott. Die G20 planen unterdessen eine geänderte Besteuerung von Internetkonzernen.

Seit langem steht der weltgrößte Onlinehändler Amazon wegen Steuervermeidung in der Kritik. Jetzt spricht sich ausgerechnet Konzernchef Jeff Bezos für höhere Abgaben aus. "Wir unterstützen eine Anhebung des Unternehmenssteuersatzes", erklärte Bezos am Dienstag (Ortszeit) in einer Stellungnahme auf Amazons Unternehmensblog. Kongress und Regierung ermutigte der Multimilliardär zu einer "richtigen, ausgewogenen Lösung, die die Wettbewerbsfähigkeit der USA aufrechterhält oder erweitert".

Bezos' Aussagen erfolgen vor dem Hintergrund eines billionenschweren Infrastruktur- und Investitionsprogramms, welches US-Präsident Joe Biden plant und das zum Teil durch stärkere Unternehmensbesteuerung finanziert werden soll. Die Debatte um höhere Abgaben an den Fiskus war am Montag von US-Finanzministerin Janet Yellen weiter angefacht worden, die einen globalen Mindeststeuersatz für Unternehmen fordert.

Dass Bezos oder Amazon sich öffentlich zu politisch brisanten Themen äußern, ist eher ungewöhnlich. Allerdings steht der Konzern unter Druck und könnte eine positive PR derzeit gut gebrauchen. US-Präsident Biden hatte Amazon jüngst bei einer Rede als eines der Unternehmen gerügt, die gesetzliche Schlupflöcher nutzen, um Steuerzahlungen zu vermeiden. Außerdem ließ eine Abstimmung in Alabama, durch die erstmals eine US-Gewerkschaft Zutritt bei Amazon erhalten könnte, die Debatte um die Arbeitsbedingungen des Konzerns wieder hochkochen.

Bereits während des Präsidentschaftswahlkampfs im Jahr 2019 erklärte Biden, dass "kein Unternehmen, das Milliardengewinne einfährt, einen niedrigeren Steuersatz zahlen sollte als Feuerwehrleute und Lehrer". Amazon konterte mit der Behauptung, seit dem Jahr 2016 rund 2,6 Milliarden US-Dollar an Körperschaftssteuern gezahlt und in den vergangenen zehn Jahren Hunderte Milliarden an Investitionen getätigt zu haben. Außerdem könne der Konzern nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass er lediglich dem bestehenden Steuergesetz folge.

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Noch Ende März war Amazon auf seinem offiziellen Twitter-Konto auf den Abgeordneten Mark Pocan losgegangen, nachdem er die dortigen Arbeitskonditionen angeprangert hatte. Zunächst entgegnete der Konzern den Anschuldigungen schnippisch mit der Frage "Sie glauben doch nicht wirklich an die Sache mit dem Pinkeln in Flaschen, oder? Wenn das wahr wäre, würde niemand für uns arbeiten". Diesen Post musste der Konzern jedoch später als Eigentor zurücknehmen und relativierte die Praxis, indem man auf andere Unternehmen wie Uber, UPS und DPD verwies, bei denen es ebenfalls üblich sei, dass Fahrer kaum Gelegenheit für Toilettengänge haben.

Entsprechend fiel die öffentliche Reaktion auf die aktuell von Bezos verkündete Steuerfreundlichkeit eher skeptisch aus. In den sozialen Medien kritisierten Nutzer die Methoden des Multimilliardärs zur Nutzung von Schlupflöchern, um Zahlungen zu umgehen.

Bezos ist laut Forbes das vierte Jahr in Folge der reichste Mensch der Welt.

Dank steigender Amazon-Aktien ist sein Vermögen in einem Jahr um 64 Milliarden auf 177 Milliarden US-Dollar angewachsen. An zweiter Stelle folgt demnach Elon Musk. In einem Interview kritisierte Bernie Sanders, der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im US-Senat, die Macht, welche mit dem enormen Reichtum des Amazon-Konzernchefs einhergeht. Bezos besitzt unter anderem die Zeitung Washington Post. Ohne den Namen der zweiten Person zu nennen, betonte Sanders, dass zwei US-Bürger so viel besitzen wie vierzig Prozent der weniger privilegierten US-Bevölkerung zusammen. Dies zeige den großen Unterschied bei den Einflussmöglichkeiten.

Den Vorschlag bezüglich der Steuerzahlungen äußerte Multimilliardär Bezos zudem vor dem Hintergrund der Konferenz der G20-Finanzminister am Mittwoch. Die führenden Wirtschaftsnationen (G20) wollen bis Juli eine weltweite Steuerreform durchsetzen. Diese soll aus zwei Säulen bestehen: einer Mindeststeuer für international tätige Konzerne und einer Digitalsteuer, durch die Internetkonzerne wie Amazon, Google oder Apple nicht nur am Unternehmenssitz Abgaben zahlen, sondern auch in den Ländern, wo sie ihre Umsätze erzielen.

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(rt/dpa)