Briefwahl in USA als Politikum: US-Repräsentantenhaus stärkt Staatspost

Millionen US-Bürger werden bei der Präsidentschaftswahl per Post abstimmen. Deswegen steht der staatliche Logistikkonzern plötzlich im Zentrum eines politischen Streits zwischen Demokraten und Republikanern. Das Repräsentantenhaus stärkt nun die Post mit einem Gesetz.

Wegen der großen Bedeutung der Briefwahl bei den US-Wahlen im November hat das Repräsentantenhaus ein Gesetz zur Stärkung der staatlichen Post beschlossen. Es verbietet der Post, weniger Dienstleistungen als zu Jahresbeginn anzubieten und sieht zudem eine Finanzspritze von 25 Milliarden US-Dollar (21 Milliarden Euro) vor. Die Demokraten befürchten, dass die Regierung von US-Präsident Donald Trump die Post gezielt geschwächt habe, um die Briefwahl zu erschweren und damit die Wahlbeteiligung zu drücken. Die Republikaner bezeichnen das als absurde Verschwörungstheorie.

Die von Demokraten kontrollierte Parlamentskammer unterbrach für die Abstimmung ihre Sommerpause, obwohl die Erfolgsaussichten des Gesetzes bestenfalls unklar waren. Das Gesetz wurde am Samstagabend von der demokratischen Mehrheit dennoch durchgedrückt. Auch gut 20 Republikaner stimmten dafür und 150 Abgeordnete dagegen.

Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, erklärte prompt, die Parlamentskammer werde dem Gesetz nicht zustimmen. Das Weiße Haus hatte bereits zuvor erklärt, dass der Präsident sein Veto einlegen werde, falls beide Kammern zustimmen sollten. Donald Trump hatte wiederholt vor einem möglichen massiven Wahlbetrug durch die Briefwahl gewarnt.

Die Demokraten hatten das Gesetz nach Berichten über zunehmende Verspätungen bei der Zustellung und über den Abbau von Briefkästen und Sortiermaschinen auf den Weg gebracht. Sie machten Reformen des seit Juni amtierenden neuen Post-Chefs Louis DeJoy für die Missstände verantwortlich.

Dieser hatte am Freitag die Vorwürfe zurückgewiesen, wonach die Wahl im November gefährdet werden könnte. Er versicherte in einer Anhörung vor dem Senat, dass die Post in der Lage sei, die per Brief abgegebenen Stimmen "sicher und rechtzeitig zuzustellen". Das sei die heilige Pflicht.

Aufgrund der Coronavirus-Situation wird bei der Präsidentschaftswahl am 3. November mit einer deutlichen Zunahme der Abstimmung per Briefwahl gerechnet. Sollten Stimmzettel wegen Verspätungen der Post nicht rechtzeitig in den Wahlämtern eintreffen, wären sie ungültig. Falls das bei Tausenden oder Zehntausenden Stimmzetteln passieren sollte, könnten Zustellprobleme theoretisch die US-Wahl entscheiden. Bei den Wahlen im Jahr 2016 haben gut 33 Millionen Amerikaner per Post abgestimmt. (dpa)

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