Österreich kritisiert Einreiseverbot der Ukraine für ORF-Reporter

Die österreichische Regierung hat ein Einreiseverbot der Ukraine für einen Reporter des Österreichischen Rundfunks (ORF) scharf kritisiert. Bundeskanzler Sebastian Kurz stellte sich am Freitag an die Seite seiner Außenministerin Karin Kneissl, die das Verbot als "in Europa inakzeptablen Akt der Zensur" bezeichnet hatte. "Der Bundeskanzler teilt die Meinung der Außenministerin in dieser Causa", hieß es am Freitag aus dem Bundeskanzleramt.

Die Ukraine hatte am Donnerstag ein Einreiseverbot gegen den ORF-Korrespondenten Christian Wehrschütz verhängt. Der ukrainische Botschafter in Wien, Alexander Schtscherba, hatte Wehrschütz bereits im Februar eine "demonstrative" Missachtung der Grenzen des Landes vorgeworfen. Der Reporter soll beim Drehen einer Reportage auf der Halbinsel Krim die Brücke zum russischen Festland betreten und damit aus ukrainischer Sicht unrechtmäßig die Grenze zu Russland übertreten haben.

Die Parlamentsabgeordnete Olga Tscherwakowa warf Christian Wehrschütz zudem vor, die ostukrainischen Konfliktgebiete Lugansk und Donezk unter Umgehung ukrainischer Grenzkontrollen von Russland aus besucht zu haben. Der 57-Jährige habe zudem die Klischees der "Kreml-Propaganda" in seiner Berichterstattung verwendet. Der Journalist bezeichnete die Vorwürfe am Freitag im ORF-Radio Ö1 als "abstrus". "Ich nehme an, dass die jetzige Führung der Ukraine eine Rechtfertigung sucht, um mich draußen zu halten, weil man mit kritischer Medienberichterstattung (...) nicht zufrieden ist." Er besitze eine legale Aufenthaltsgenehmigung bis Ende Juni.

Bisher hatte Kiew vor allem russischen Journalisten die Einreise verwehrt. Nur in wenigen Fällen waren Reporter aus anderen europäischen Ländern betroffen, deren Einreiseverbote teils schnell wieder aufgehoben wurden. (dpa)

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