Tschechien zahlt erstmals Schmerzensgeld an DDR-Flüchtling

Tschechien zahlt erstmals eine Entschädigung an einen ehemaligen DDR-Bürger, der beim Fluchtversuch in den Westen schwer verletzt wurde. Der heute in Köln lebende Mann erhält nach einer Gerichtsentscheidung umgerechnet knapp 4.900 Euro Schmerzensgeld, wie ein Sprecher des Justizministeriums in Prag am Freitag bestätigte.

Der Mann war vor knapp 37 Jahren bei dem Versuch, die Grenze der damaligen ČSSR zur Bundesrepublik zu überschreiten, von tschechoslowakischen Soldaten angeschossen worden. Laut einem medizinischen Gutachten erlitt er einen Oberschenkeldurchschuss. Voraussetzung für die Entschädigungszahlung war die vorangegangene Rehabilitierung des Ex-DDR-Bürgers durch die tschechische Justiz.

Es sei in der Tat der erste derartige Fall, der einen fremden Staatsangehörigen betrifft, sagte der Ministeriumssprecher. Zahlreiche ehemalige tschechoslowakische Republikflüchtlinge seien bereits in der Vergangenheit entschädigt worden. "Aus unserer Sicht ist es daher keine revolutionäre Entscheidung, sondern nur die übliche Anwendung des Rechts", hieß es in Prag.

Der sogenannte Eiserne Vorhang zwischen der sozialistischen Tschechoslowakei sowie der Bundesrepublik und Österreich war mit Stacheldraht, Minen und mehr als 300 Wachtürmen streng gesichert. Von 1948 bis zur demokratischen Wende von 1989 wurden nach Angaben von Historikern mindestens 279 Zivilisten durch das Grenzregime getötet. Die Verantwortlichen im ČSSR-Politbüro wurden nie zur Rechenschaft gezogen. (dpa)