Studie: Früh eingeschulte Kinder bekommen häufiger ADHS-Diagnose

Nach der Einschulung erhalten die jüngsten Kinder in einer Klasse weit häufiger eine ADHS-Diagnose als ihre ältesten Mitschüler. Das berichten US-Forscher der Harvard Universität nach einer Studie im renommierten "New England Journal of Medicine". Sie haben Versichertendaten von gut 400.000 Mädchen und Jungen ausgewertet.

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist die häufigste psychische Erkrankung im Kinder- und Jugendalter. Die Betroffenen lassen sich leicht ablenken, sind impulsiv und oft motorisch unruhig.

Schon frühere Studien hatten einen Zusammenhang zwischen frühem Einschulungsalter und ADHS-Diagnose belegt - etwa nach einer 2015 veröffentlichten Auswertung von Millionen von Abrechnungs- und Arzneiverordnungsdaten in Deutschland. Demnach erhielten 5,3 Prozent der jung eingeschulten Grundschüler im Verlauf ihrer Schulzeit eine ADHS-Diagnose, aber nur 4,3 Prozent der spät eingeschulten.

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"Es kann sein, dass manche Kinder ein falsches Etikett bekommen", sagt der ADHS-Experte Marcel Romanos der Deutschen Presse-Agentur. An eine große Anzahl von Fehldiagnosen glaubt der Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Uniklinikum Würzburg allerdings nicht. Schließlich werde die Diagnose nur dann gestellt, wenn die Betroffenen in mehreren Lebensbereichen beeinträchtigt seien, nicht nur in der Schule. "Ältere Kinder mit einer ADHS-Problematik können diese möglicherweise besser kompensieren und fallen den Lehrern im Unterricht deshalb nicht auf", sagt der Psychiater. Kinder später einzuschulen, sei keine Lösung. In Deutschland sei die Zahl der Diagnosen seit einigen Jahren stabil und habe sich laut Erhebungen des Robert Koch-Instituts (RKI) zuletzt sogar reduziert. (dpa)