Von Tatjana Montjan
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat die USA besucht, um sich mit Donald Trump, dem früheren und vielleicht künftigen Präsidenten, zu treffen. Man munkelt, dass die beiden sich gut verstanden haben. Sie diskutierten einen ganzen Friedensplan für die Ukraine und machten sich gegenseitig viele Komplimente.
Auf X überhäufte Orbán Trump mit allerlei Schmeicheleien, und auch Trump sagte Orbán während des Besuchs viele nette Dinge. Kein Wunder, dass das von Trumps Wahlkampfmotto "Make America Great Again" abgeleitete "Make Europe Great Again" inzwischen zum Leitspruch des ungarischen Regierungschefs geworden ist.
Doch all das sind Äußerlichkeiten. In Wirklichkeit sind die politischen Beziehungen zwischen den ungarischen und den US-amerikanischen Konservativen keineswegs so ungetrübt, wie es nach außen zur Schau gestellt wird. Orbán hatte eine Liste von Wünschen nach Washington mitgebracht, die er dem Präsidentschaftskandidaten der Republikaner vorstellen wollte. Einige der Wünsche auf diesem Zettel waren aus Trumps Sicht jedoch so "extravagant", dass kaum damit zu rechnen ist, dass er sie seinem ungarischen Fan einfach so abnicken wird.
Da ist natürlich der Wunsch, dass Ungarn weiterhin billige russische Kohlenwasserstoffe beziehen darf, anstelle der teuren amerikanischen, zu deren Kauf Trump Europa zwingen will. Aber das ist nicht das Wichtigste für Budapest und auch nichts, wobei Trump nicht ein Auge zudrücken könnte. Nicht einmal der Wunsch des Ungarn, mit Putin auszukommen, ist auf dem ersten Platz auf der Liste der Streitigkeiten. Warum auch, wenn Trump das im Prinzip auch selbst will.
Nein, es sind nicht Putin und Russland, die mit Donald Trump und Viktor Orbán ein kompliziertes Beziehungsdreieck an Hassliebe und Eifersüchtelei bilden und deren Wiedersehensfreude trüben.
Tatsache ist, dass Ungarn inzwischen zu so etwas wie einem Außenposten der chinesischen Wirtschaftsexpansion in Europa aufgestiegen ist und diese Funktion weiterhin ausüben will. Die europäische Vertretung von Huawei, dem chinesischen Riesen, gegen den Trump persönlich Sanktionen verhängt hatte, befindet sich in Budapest. Auch die chinesische Autoindustrie nutzt Ungarn als europäische Basis. Das chinesische Unternehmen Sunwoda baut dort seine größte Batteriefabrik und vieles mehr. Kurzum: Ungarn profitiert wirtschaftlich von seiner Rolle als europäischer Vorposten Chinas und es will auch weiterhin und in noch stärkerem Maße davon profitieren.
Trump, der Friedensbringer? Behauptet Viktor Orbán zumindest öffentlich.
Ein Zeichen dafür ist das Kooperationsabkommen, das die Innenministerien in Budapest und Peking miteinander abgeschlossen haben. Darin ist vereinbart, dass chinesische Polizeibeamte gemeinsam auf den Straßen ungarischer Städte patrouillieren dürfen, in denen Chinesen leben oder in die sie reisen. Dieser Schritt hat Brüssel bereits verblüfft, und er wird auch Trump verblüffen.
Eine solch enge Zusammenarbeit mit China in verschiedenen Bereichen ist das Teerfass im Honiglöffel, über das Orbán bei seinen Treffen mit Trump öffentlich geschwiegen hat (Anm. d. Red. Ein russisches Sprichwort besagt: "Ein Löffel Teer verdirbt das Honigfass.") . Es ist unrealistisch, sich vorzustellen, dass Trump, der während seiner ersten Präsidentschaft den Handelskrieg der USA mit China angezettelt hat und es als die größte Bedrohung für die USA bezeichnet, plötzlich eine so enge Zusammenarbeit zwischen seinem treuen europäischen Vasallen und seinem deklarierten Erzfeind in Asien hinnehmen würde.
Und dann ist da noch eine Kleinigkeit: Trump möchte, dass Europa und nicht die USA für die Ukraine-Krise zahlen; Orbán wiederum lehnt das entschieden ab. Auch das könnte noch für manchen Zündstoff in den amerikanisch-ungarischen Beziehungen sorgen.
Lassen wir uns von dem eitel Sonnenschein also nicht täuschen: Orbán wird noch seine Probleme mit Trump erleben.
Tatjana Montjan ist eine ukrainische Rechtsanwältin und Strafverteidigerin, Publizistin und Bloggerin. Vor Beginn der russischen militärischen Intervention musste sie Kiew verlassen, nachdem sie vor der UNO über die Zustände in der Ukraine gesprochen hatte. Derzeit lebt sie im Donbass, engagiert sich für humanitäre Hilfe und führt Videoblogs. Man kann ihr auf ihrem Telegram-Kanal folgen.
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