Kommentar zum Krieg in Nahost: Wir alle sind Opfer derselben zerstörerischen Macht

Am Samstagmorgen hat die Hamas vom Gazastreifen aus einen blutigen Angriff auf Israel gestartet. Aufnahmen gefallener israelischer Soldaten wie auch getöteter Zivilisten erschüttern und empören die Welt. Oleg Jassinski mahnt in einem ersten Kommentar, niemals den Kontext zu vergessen.

Von Oleg Jassinski

Ich glaube nicht an einen "Überraschungsangriff" der Hamas, den Israel "verschlafen" hat. Diese Version ist etwas für alte Damen auf der Parkbank. Wir kennen die technischen Möglichkeiten des israelischen Geheimdienstes, und es ist nicht schwer, sich das Ausmaß seiner Einbettung in palästinensische Organisationen auszumalen.

Die israelische Regierung braucht diesen Krieg, um die interne Krise zu überwinden und die Nation gegen einen offensichtlichen Feind zu mobilisieren, der von allen leicht zu hassen ist. Angenehme Nebenwirkung: das, was vergessen werden soll, wird vergessen.

Die eine Seite des blutigen Spiegelbildpaars kann nicht ohne die andere leben.

Die massenhaft auftretende Bestialität der Bewohner des Gazastreifens gegenüber den Körpern gefallener israelischer Soldaten darf für niemanden eine Entschuldigung für seinen Rassismus sein. Wir wissen, wie leicht und schnell Fernsehen und Raketen jedes Volk, selbst ein solches, das vor Kurzem noch als sehr kultiviert und gebildet galt, zu völliger Bestialität degradieren lassen.

Mein aufrichtiges Beileid an alle, die auf beiden Seiten dieses schändlichen mittelalterlichen Albtraums gestorben sind und noch sterben werden. Sowohl das jüdische als auch das palästinensische Volk bleiben Opfer derselben unsichtbaren zerstörerischen Kraft, die uns alle gegeneinander ausspielt. Immer wieder mit Erfolg. 

Oleg Jassinski (englische Transliteration: Yasinsky), ein aus der Ukraine stammender Journalist, lebt überwiegend in Chile und schreibt für RT Español sowie unabhängige lateinamerikanische Medien wie Pressenza.com, Desinformemonos.org. Er forscht über indigene und soziale Bewegungen in Lateinamerika, produziert politische Dokumentarfilme in Kolumbien, Bolivien, Mexiko und Chile. Außerdem ist er bekannt als Übersetzer von Texten der Autoren Eduardo Galeano, Luis Sepúlveda, José Saramago, Subcomandante Marcos und anderen ins Russische. Man kann ihm auch auf seinem Telegram-Kanal folgen.