Von Gert Ewen Ungar
Das Gedächtnis deutscher Medien ist extrem kurzlebig. Noch im März wurde die Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) anlässlich ihres Besuchs in Niger für ihre betont bürgernahen Auftritte gefeiert. Baerbock ließ sich mit einer Holzstange über der Schulter ablichten, an der auf jeder Seite mit einem Strick ein Plasikeimer zum Tragen von Früchten, Waren und Wasser befestigt war. Baerbock war umringt von nigrischen Frauen und man lachte beherzt.
"Baerbock verwandelt sich, sobald sie auf normale Menschen trifft, umgehend in eine Außenministerin zum Anfassen – vor allem, wenn sie Frauen und Kinder sieht. (...) Sie fragt nach Namen und Alter, und erzählt auch gern, dass sie selbst Töchter hat. Das bricht das Eis”,
schrieb die Tagesschau, die es selbstverständlich für völlig unangemessen hält, wenn man sie der Hofberichterstattung bezichtigt.
Nun ist es für die nigrische Bevölkerung mit der deutschen Außenministerin zum Anfassen erstmal vorbei, denn das bettelarme Land wird zum Ziel von Sanktionen, deren Einführung Baerbock ausdrücklich begrüßt.
"Das wird Leben kosten",
verspricht Gregor Robak-Werth, Leiter der Hilfsorganisation Action contre la faim (Aktion gegen den Hunger). Der deutschen Außenministerin sind Menschenleben gleichgültig. Menschliches Leid ebenso, es sei denn, sie kann es instrumentalisieren. Was ihr in Niger keinerlei Regung von Mitgefühl entlockt, ist ihr in der Ukraine unglaublich wichtig. All die Opfer, die Kinder, ihre Familien und diese eine skrupellose Macht, die ihre Interessen mit Gewalt durchsetzt – die Welt darf nicht wegsehen! Was Baerbock auf Russland münzt, trifft in weitaus stärkerem Aufmaß auf Deutschland zu. Diese Bigotterie macht Baerbock nicht nur als Außenministerin, sondern auch als Mensch völlig unglaubwürdig.
Baerbocks großes Vorbild ist übrigens die ehemalige Außenministerin der USA, Madeleine Albright. Deren Gleichgültigkeit hinsichtlich Menschenleben weist auch Baerbock offenbar die politische Richtung. Albright ging es damals, um das, worum es Baerbock heute geht: um schiere Macht und Dominanz. Die von den USA verhängten Sanktionen gegen den Irak hatten den Tod von geschätzt 500.000 Kindern zur Folge. Albright fand, das war es Wert. Da kann sich Niger ja auf was gefasst machen.
Die deutsche Außenministerin beweist, dass feministische Außenpolitik vor allem zickig, launisch, menschenverachtend, willkürlich, aber verlässlich darauf bedacht ist, den eigenen Dominanzanspruch durchzusetzen. Mit ihrer feministischen Außenpolitik versammelt Baerbock alle negativen weiblichen Attribute auf sich. Vernunft, Rationalität, Diplomatie und Bemühen um Ausgleich – Fehlanzeige.
Nun behauptet Baerbock, sich im Völkerrecht auszukennen. Dass das nicht mehr als ein schlechter Werbegag ist, weiß jeder. Das Völkerrecht ist der deutschen Außenministerin schnurzpiepegal. Sie beweist es täglich.
Wie egal ihr das Völkerrecht ist, wird gerade am Beispiel Niger deutlich. Nachdem Deutschland aus Mali rausgeschmissen worden war, war Niger das letzte Land im Sahel, das eine deutsche Militärpräsenz zuließ. Nach dem Militärputsch Ende Juli ist es auch damit vorbei. Die deutschen Interessen sind gefährdet, also setzt sich die angeblich so bürgernahe Außenministerin für Sanktionen ein, die auch jene Frauen hart treffen werden, mit denen sie noch im März medienwirksam scherzte. Deren Wohlergehen ist Baerbock schlicht schnurz. Sie haben ihren PR-Zweck erfüllt.
Egal ist ihr auch, dass die von ihr befürworteten Sanktionen gegen Niger einen klaren Bruch des Völkerrechts darstellen. Es gibt nur ein Gremium, das Zwangsmaßnahmen verhängen kann, das ist der UN-Sicherheitsrat. Wer nur einen Hauch von Ahnung vom Völkerrecht hat, weiß das. Sowohl die Sanktionen gegen Niger als auch die gegen Russland und ebenso die Sanktionen gegen Iran, Syrien und gegen all die anderen Länder, gegen die Deutschland und die EU einseitige Strafmaßnahmen ohne Sicherheitsratsbeschluss verhängt haben, stellen einen klaren Verstoß gegen das Völkerrecht dar. Baerbock ist auch das völlig gleichgültig. Sie stellt sich und Deutschland über das internationale Recht. Dass das Konsequenzen haben wird, muss jedem klar sein.
Schnuppe ist ihr auch, dass die einseitigen Maßnahmen des Westens vom UN-Menschenrechtsrat als völkerrechtswidrig und als Verstoß gegen die Menschenrechte verurteilt und ihre sofortige Aufhebung gefordert wurde. Baerbock setzt sich einfach darüber hinweg. Auch dass Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete gegen die UN-Charta verstoßen – was soll's? Das alles ficht eine Baerbock nicht an.
Friedensgebot im Grundgesetz, die Aufforderung der UN, die diplomatischen Bemühungen im Ukraine-Konflikt zu erhöhen, all das geht der deutschen Außenministerin hinten vorbei. Sie erhöht die Bemühungen nicht, sie stellt sie im Gegenteil komplett ein. Mit Russland könne man nicht reden, behauptet dreist ausgerechnet diejenige, die mit sich nicht reden lässt.
Natürlich weiß jeder politische Beobachter, dass Baerbock den Begriff des Völkerrechts für PR-Zwecke missbraucht. Nur ein kleiner Kreis von ganz hart gesottenen Baerbock-Groupies glaubt ihrer Aussage, dass Deutschland sich an UN-Charta und internationales Recht halten würde. Jeder, der sich auch nur ab und zu außerhalb des deutschen Mainstreams informiert, weiß, dass das nicht der Fall ist. Ganz im Gegenteil. Baerbock macht das Völkerrecht zur Makulatur. Sie setzt auf das Recht des Stärkeren. Baerbocks feministische Außenpolitik steht für genau die Form der Barbarei, vor der internationales Recht schützen soll.
Verbindliche Regeln, an die sich auch sie, an dies sich Deutschland halten müsste, interessieren die deutsche Außenministerin nicht. Sie interessiert ausschließlich die Durchsetzung des westlichen Hegemonialanspruchs. Sie legt das Völkerrecht nach Lust und Laune aus. Seinen Geist versteht sie ohnehin nicht. Der besteht darin, dass Sicherheit ein unteilbares Konzept ist. Man ist nicht sicher vor einer anderen Macht, sondern nur gemeinsam mit ihr.
Natürlich versteht man all dies außerhalb des deutschen Mainstreams. Man versteht es vor allem im Ausland. Die moralische Hybris der Baerbock ist reine Show – eine Luftnummer. Ohne Substanz, ohne Verbindlichkeit. Deutschland ist unzuverlässig und deutsche Politik bietet keine Grundlage für die Ausbildung stabiler internationaler Beziehungen. Launisch eben. Niger kann von dieser Launenhaftigkeit ein traurig klingendes Lied singen. Russland und China ebenso.
Baerbock hat der Welt deutlich vor Augen geführt, dass Deutschland ein tief verlogenes Land ist, das sich für Gerechtigkeit, Ausgleich der Interessen und vor allem für Frieden und Diplomatie nicht interessiert. Es geht Baerbock mit all ihrem feministischen Getue um Macht und Dominanz – sie vollzieht patriarchale Politik der allerschlimmsten Provenienz. Baerbock hat mit ihrem Auftreten das Interesse der Welt an einer Ablösung der westlichen, “regelbasierten Ordnung”, bei der der Westen die Regeln vorgibt, an die er sich dann selbst nicht hält, noch einmal beschleunigt. Die mulitipolare Welt muss Wirklichkeit werden, damit eine Außenpolitik nach deutschem Gusto, nach Baerbocks Gutdünken nicht mehr möglich ist.
Mit ihrer launenhaften Unberechenbarkeit und ihrer Willkür hat Baerbock natürlich auch dem Ansehen Deutschlands massiv geschadet. Sie hat zudem deutlich gemacht, dass Deutschland nach Dominanz und Herrschaft strebt. Sie hat damit auch gezeigt, dass es dringend einer Reform der internationalen Institutionen bedarf, einer Demokratisierung der internationalen Beziehungen, im Rahmen derer sichergestellt ist, dass sich auch Länder wie Deutschland wieder an das Völkerrecht halten, gegen dessen Geist die Baerbocksche "feministische Außenpolitik" permanent verstößt.
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