Von Joe Bessemer
Ein Wanderzirkus, dessen Clownbelegschaft von heil- und heimatlosen, dafür aber oft hemmungslos blutrünstigen, aus allen Ecken Russlands oder der Sowjetunion (ab)stammenden "Dekolonisatoren" besteht, wurde jüngst so etwas wie geadelt. Wovon die Rede ist? Na gut, es gibt mehr als eine solche Freakshow, wo man es sich zum Ziel gemacht hat, Russland entlang ethnischer Grenzen zu zerteilen. Also, zur Erinnerung, ausgerechnet jenes Land, welches das erste Beispiel für einen erfolgreichen Kampf gegen Kolonialismus lieferte und die Fackel seiner Siege erfolgreich zu den Völkern vor allem Afrikas, aber auch Südamerikas und eben Asiens trug.
Natürlich werden die Pläne zur "Dekolonisierung" Russlands erklärtermaßen im Namen der Demokratie und Selbstbestimmung der Völker geschmiedet. Real jedoch dienen sie ausgerechnet den USA, die es selber sind, die mit dem Stiefel des Kolonialismus auf dem Antlitz der Welt herumtrampeln – denn wo die Loyalitäten liegen, kann man leicht an den Finanzierungsquellen vieler Teilnehmer solcher Konferenzen ablesen.
Doch genug auf die Folter gespannt: Es geht um das "Free Nations of Post-Russia Forum". Dies ist eine Konferenz für Separatisten, Mitglieder von Möchtegern-Marionettenregierungen im Exil, radikale Nationalisten echter oder erfundener Völker und andere Russland- und/oder Russenhasser beziehungsweise wohlfeile Maulhuren des Westens aus Russland, die nahezu allesamt aus Washingtons Hand fressen.
Seit Mai 2022 durfte das Forum bereits sieben Mal tagen. Ein ständiger Teilnehmer ist Ilja Ponomarjow, ein Zögling Michail Chodorkowskis. Ponomarjow ist ehemaliger Abgeordneter der Russischen Staatsduma. Wegen Korruptionsvorwürfen ist er aus Russland geflüchtet und hat im Ausland den "Kongress der Volksabgeordneten" mitgegründet. Diese Exilrussen-Organisation, in deren sogenanntem ausführendem Rat er sitzt, maßt sich die Funktionen eines russischen Übergangsparlaments an. Vor allem ist Ilja Ponomarjow aber so etwas wie eine Galionsfigur dreier moderner Wlassow-Armeen, die heute auf Seiten der Kiewer Kolonialdiktatur kämpfen. In der Ukraine sind dies die linksextreme Legion Freies Russland und das offen nazistische Russische Freiwilligenkorps. In Russland vertritt Ponomarjow eine sogenannte "National-Republikanische Armee". Diese, so behauptet Ponomarjow feierlich, sei für die terroristischen Meuchelmorde an Darja Dugina und Wladlen Tatarski verantwortlich.
Weitere notorische Forumsteilnehmer sind etwa die flüchtigen "itschkerischen" Terroristen Ahmed Sakajew und Inal Scherip. Mit von der Partie ist ferner Oleg Magalezki, einer der Mitbegründer. Er war Maidan-Terrorist der ersten Stunde, kämpfte später im Rahmen von Kiews sogenannter Anti-Terror-Operation im Osten des Landes und inszenierte im weiteren Verlauf als Vermarktungsspezialist für ukrainische Gastronomie rituellen simulierten Kannibalismus an Russen im Allgemeinen und Donbass-Bewohnern im Besonderen.
Natürlich waren die Gastgeberstaaten jedes Mal stets solche, die mehr oder weniger offen russophobe Politik betreiben.
Doch der jüngste Gipfel am 1. und 2. August 2023 war etwas Besonderes. Er wurde in Japan abgehalten, im Parlamentsgebäude in Tokyo. Darüber hinaus nahmen, wie Ponomarjow behauptet, aktive japanische Parlamentarier aller Parteien an dieser Sitzung des Forums teil und unterzeichneten die gleich am ersten Tag verabschiedete Erklärung des Forums, die unter anderem eine "Rückgabe" der Südkurilen-Inseln und der Halbinsel Sachalin an Japan vorsieht.
Was ist nun das Besondere? Die Absichtsbekundung seitens der Teilnehmer derartiger Foren, eine Entfremdung und Fremdübernahme russischer Gebiete einzuleiten oder zu begünstigen. Die Planung oder Vorbereitung solcher Schritte ist der erklärte Zweck solcher Clubs.
Auch die Teilnahme westlicher oder kolonialer politischer Prominenz ist nichts Neues. Am ersten Forum in Warschau nahm Anna Fotyga teil, ehemalige Außenministerin Polens, sowie Christopher Miller, Ex-Verteidigungsminister der USA.
Ebenfalls kein Novum ist das Abhalten der Konferenz in einem Parlaments- oder einem sonstigen Regierungsgebäude der örtlichen US-Kolonialverwaltung. Die fünfte Sitzung dieses Forums des Freidrehenden Wunschdenkens fand im Parlamentsgebäude der Europäischen Union in Brüssel statt. Im Übrigen wird an diesen Beispielen deutlich, wie hoch man in Washington seine "Partner" und "Verbündete" tatsächlich schätzt, seien es Asiaten oder Europäer.
In den USA selbst wurde das sechste Forum weitaus bescheidener empfangen. Tagen durfte es in den Konferenzräumen der Denkfabrik Hudson Institute, der recht überschaubaren Kultureinrichtung Ukrainian Institute of America in New York sowie des Rathauses der Stadt Philadelphia.
Neu an diesem jüngsten Brainstorming der Russenhasser war jedoch die Signierung eines Plans zur feindlichen Übernahme seitens aktiver – und eben nicht ehemaliger – Politiker. In diesem Fall waren es Politiker einer wichtigen US-Kolonie, deren Steuerung von der Metropole Washington aus erfolgt und auf deren Territorium sich das mit gut 50.000 Mann weltweit größte und mit reichlich Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen am besten ausgestattete US-Besatzungskontingent befindet.
Sprich, wenn in Brüssel mit dem selbst längst zur Kolonie abgestuften Europa wenigstens noch eine Spielkreuz-Marionette nur den Gastgeber dieses Psychozirkus mimte, so unterschrieb in Japan quasi die US-Metropole höchstselbst, die sich dort in solchen Fällen lediglich notdürftig mittels einer Handpuppe in Gestalt japanischer Politik tarnt. Diese Unterschriften setzten die japanischen Abgeordneten zusammen mit Figuren wie dem oben erwähnten Ilja Ponomarjow oder den tschetschenischen Terroristen. Oder auch gemeinsam mit dem ukrainischen Nazi Oleg Magalezki.
Was bedeutet dies alles?
Zunächst einmal bedeutet dies, dass Teile der Eliten in den USA nach wie vor Hoffnungen hegen, Russland auseinandernehmen zu können. Wofür sie allerdings die Methoden der inneren Zersetzung bevorzugen und darum eine Vereinigung von Exilrussen und aller Nationalitäten der ehemaligen Sowjetunion ins Leben gerufen haben, die daran mitwirken können. Ein militärischer Sieg über Russland scheint ihnen also wohl zu unwahrscheinlich, vielleicht sogar gänzlich unrealistisch. Dafür sprechen die vielen Einwürfe westlicher Medien über die, wie es nun heißt, trotz aller Hilfe aus dem Westen äußerst schwierige Lage des Kiewer Regimes im Ukraine-Krieg und über die sich somit aus westlicher Sicht einstellende Notwendigkeit von Verhandlungen.
Die russische Führung mag aus dem Obigen den Schluss ziehen, dass die Strategie auf dem Schlachtfeld und in der Wirtschaft hinlänglich der Versorgung und Ausrüstung des Militärs zwar richtig gewählt wurde. Doch wenn der Westen schon meint, Russland von innen zersetzen zu können, um es dann in 30 oder mehr mundgerechte Häppchen zu zerteilen, dann gibt es zu Hause umso mehr zu tun, um dieser Gefahr aus dem Weg zu gehen. Die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben, schafft Moskau bislang offensichtlich recht gut. Und das ist notwendig, um Separatismus und möglichen Unruhen vorzubeugen. In Anbetracht der weitestgehend (was ist schon perfekt) diskriminierungsfreien Gesetze und der Förderung der einzelnen Nationalkulturen der russischen Völker ist dem Separatismus zumindest die sachliche Grundlage entzogen. Einzig das gekonnte oder in vielen Fällen auch künstlerische Vorstellen der Fakten, an denen sich die Einheit aller Völker Russlands ebenso zeigt wie deren Notwendigkeit, bedarf noch des Ausbaus.
Was bedeutet der Gipfel schließlich für Japan? Nichts Gutes. Abgesehen von der Erklärung zu Sachalin und den Kurilen fasst Moskau allein schon die Tatsache, dass Japan sich als Austragungsort des Forums hergegeben hat, als Eingriff in die internen Angelegenheiten Russlands auf. Außerdem hat Tokyo seine vollständige Hörigkeit gegenüber Washington nochmals unter Beweis gestellt. Folgerichtig kündigte das russische Außenministerium bei Wiederholung derartiger Schritte Konsequenzen für das Land der aufgehenden Sonne an.
Wie die Konsequenzen aussehen können, hängt natürlich vom Willen der USA ab, mit den Händen Japans die Lage zu eskalieren. Doch wofür Washington sich diese Samurais unserer Zeit herangezüchtet hat, sieht man am Verlauf der Gedenkzeremonien für die Opfer der Atombombenabwürfe auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki am Ende des Zweiten Weltkrieges: Der Urheber beider Angriffe wurde, wie immer, mit keinem Wort erwähnt, und die anwesenden Vertreter dieses Urhebers verzichteten, wie immer, auf eine Entschuldigung. Doch dafür wurde von japanischen Politikern Besorgnis über die angebliche Gefahr eines Atomkrieges geäußert, die ausgerechnet von Russland ausgehe. Damit dürfte klar sein, dass der Kolonialherr in Washington seine japanischen Vasallen bereitwillig in den Moloch einer nuklearen Auseinandersetzung werfen wird, falls ihm passend erscheint, seinen unsinkbaren Flugzeugträger vor der Westküste Russlands in den Krieg zu schicken. Erschwerend kommt hinzu: Mit Russland, dem Nachfolgestaat der Sowjetunion, hat Japan seit dem Zweiten Weltkrieg nicht einmal einen Friedensvertrag.
Ein Ronin, wem hier Übles schwant.
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