Von Björn Kawecki
In Chemnitz hat die Tageszeitung Freie Presse am Freitag im Rahmen ihres Formats "Leserdebatte" zu einer Diskussion über den Ukraine-Konflikt mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/ Die Grünen) und dem ehemaligen Profiboxer Wladimir Klitschko eingeladen. Die Veranstaltung, die unter dem Motto "Wir sind Heimat" lief, gab sich zwar bürgernah und gesprächsbereit. Da zu einer Diskussion aber unterschiedliche Standpunkte gehören, stellte sich das Event schnell als eine Bühne für Baerbock und Klitschko heraus, die sich über 90 Minuten in langen, teils wirren Monologen zu ihren längst bekannten Positionen ausließen.
Die drei Bürger aus Chemnitz, eine vegan kochende Fleischermeisterin von der CDU, ein aus Bayern zugezogener Textilunternehmer und ein afghanischer Flüchtling saßen ebenfalls auf dem Podium. Ihre Rolle erschöpfte sich allerdings darin, Baerbock und Klitschko Fragen zu stellen, um dann schnell wieder den Mund zu halten. Das Gleiche galt offenbar für das Publikum, das mit zunehmender Dauer der Veranstaltung immer müder wirkte, sodass die Anwesenheit von Claqueuren unter ihnen immer offensichtlicher wurde.
Vereint im Kampf gegen deutsche Sprache
Auffällig war, dass Baerbock und Klitschko nicht nur im verbalen Kampf gegen Russland, sondern auch gegen die deutsche Sprache ein Team bildeten. Obwohl die Fragen an Baerbock und Klitschko augenscheinlich vor der Veranstaltung abgesprochen und darauf angelegt waren, die beiden vor dem ostdeutschen Publikum möglichst gut aussehen zu lassen, hatten beide Schwierigkeiten, klar zu antworten. Sichtlich bemüht zeigten sie sich jedoch darin, das Publikum durch die gebetsmühlenartige Wiederholung von Schilderungen über den Schrecken des Krieges für ihre Position zu vereinnahmen.
Klitschko versuchte außerdem, dem deutschen Publikum damit ein schlechtes Gewissen zu machen, dass er behauptete, die Interessen der Ukraine seien in der Vergangenheit dem günstigen Erdgas aus Russland geopfert worden. Nach einem widersprüchlichen Monolog über die Frage nach der Bedeutung von Heimat, in dem sich Klitschko kurzerhand selbst zum Chemnitzer erklärte, dankte er den Deutschen für ihren Einsatz für die Ukraine – was er wohl für eine große Geste hielt. An späterer Stelle versuchte er es mit dem Schüren antirussischer Ressentiments, indem er an die Zeit erinnerte, als Ostdeutschland der Weisung Moskaus unterstand.
Auch Baerbock redete dem Publikum ins Gewissen, als sie die Anwesenden an die "Unterstützung" durch die Westdeutschen in der Nachwendezeit erinnerte. Die Ostdeutschen hätten damals die nötige Hilfe bekommen, die 2022 die Ukrainer erhalten haben: "Andere waren für uns da, als wir sie brauchten, und jetzt können wir für andere da sein, wenn sie uns brauchen."
Weder Ehrlichkeit noch Diskussion
Die Frage des Moderators, ob es um die Ukraine aktuell tatsächlich so schlecht stehe, wenn sie Streubomben brauche, überging Baerbock. Ob die Ukraine Streubomben einsetzen wolle, müsse sie selbst entscheiden. Es brauche aber weitere militärische Unterstützung. Wer hätte es gedacht? Diese sei laut Baerbock erst dann entbehrlich, "wenn der russische Präsident aufhört, Menschen, … Mütter, Väter, Kinder, tagtäglich zu bombardieren, zu verschleppen, zu vergewaltigen".
"Weil das ist das, was im Osten der Ukraine – wo wir gar nicht darüber reden, weil niemand darüber berichten kann, weil wir gar nicht wissen, was da passiert – tagtäglich passiert."
Auch wenn es unerträglich ist, Baerbock zuzuhören, hat ihr Unvermögen, sich ein realistisches Bild von sich selbst und ihrem Publikum zu machen, doch etwas Gutes. Jeder weitere öffentliche Auftritt verdeutlicht, wie ungeeignet sie für das Amt der Außenministerin ist.
Später schien sich der Moderator der Freien Presse übrigens an seine Journalistenrolle zu erinnern, und er wiederholte seine Frage, ob die Lage in der Ukraine wirklich so prekär sei. Die Grünen-Politikerin überging sie jedoch erneut. Wer Baerbock einlädt, sollte keine Ehrlichkeit erwarten – und schon gar keine Diskussion.
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