Neuer Waffenlieferant gesucht – Ukrainischer Außenminister reist nach Pakistan

Die NATO braucht dringend zusätzliche Partner, die in ihrem Stellvertreterkrieg gegen Russland die Ukraine mit Waffen beliefern können, da im Westen die Vorräte langsam zur Neige gehen. Eine Rolle dabei soll wohl Pakistan übernehmen.

Von Andrew Korybko

Wie The News International am vergangenen Mittwoch berichtete, soll der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba demnächst Pakistan einen "notfallbedingten Besuch" abstatten, angeblich um Gespräche über das in der kommenden Woche bevorstehende Auslaufen des Getreideabkommens zu führen. Ein solcher Vorwand ist üblicherweise kein Grund für einen kurzfristig angesagten Besuch auf so hoher Ebene, geschweige denn für den Spitzendiplomaten eines Landes, das gerade in einen heißen Krieg verwickelt ist. Solche Gespräche könnten auch aus der Ferne geführt werden, weshalb es wahrscheinlich einen anderen Grund für die bevorstehende Reise von Kuleba gibt.

Im vergangenen Jahr kursierten Berichte, wonach Pakistan die Ukraine über eine von Großbritannien betriebene Luftbrücke und via Drittländer heimlich mit Waffen versorgt habe. Islamabad bestreitet dies, obwohl es gute Gründe gibt, diese Behauptungen für glaubwürdig zu halten. In erster Linie handelt es sich bei Pakistan um einen großen Nicht-NATO-Verbündeten, dessen amtierende Regierung und dessen mächtiger militärischer und geheimdienstlicher Apparat seit der Absetzung des ehemaligen Premierministers Imran Khan im April 2022 alle Hebel in Bewegung gesetzt hatten, um die Beziehungen zu den USA zu verbessern.

Der russisch-westliche "Wettlauf der Logistik" und "Zermürbungskrieg", den der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg Mitte Februar schließlich anerkannte, tendiert zugunsten Russlands, wie die allmählichen Erfolge auf dem Schlachtfeld seit Jahresbeginn und das bisherige Scheitern von Kiews jüngster NATO-gestützter Gegenoffensive belegen. Biden gab in einem Interview mit CNN sogar zu, dass der einzige Grund, warum er nun die Lieferung von Streumunition an die Ukraine genehmigt habe, darin bestehe, dass "den Ukrainern die Munition ausgeht, während wir nur noch wenig davon vorrätig haben".

Auch wenn Frankreich, Deutschland und die USA in der vergangenen Woche weitere Waffenlieferungen für die Ukraine angekündigt haben, können die im Westen zunehmend zur Neige gehenden Vorräte nicht schnell genug wieder aufgefüllt werden, um das Tempo, das Ausmaß und der Umfang dieser Waffenlieferungen auf unbestimmte Zeit aufrechtzuerhalten. Dies wird wahrscheinlich zu einer Wiederaufnahme der Friedensgespräche bis zum Jahresende führen, wie auch hier bereits hier erläutert wurde. Bis dahin will die NATO die Gegenoffensive in Kiew noch bis zum Winter fortsetzen und bittet bei den Verbündeten auf der ganzen Welt daher dringend um Waffen und Munition.

Dazu gehören Südkorea, worüber unterschiedliche Berichte vorliegen, ob es einer indirekten Bewaffnung der Ukraine zustimmen wird, und eben Pakistan. Diese beiden Länder verfügen über enorme Vorräte an Waffen und Munition, die dazu beitragen könnten, Kiews Gegenoffensive in den nächsten Monaten voranzutreiben. Kuleba wird bei seinem geplanten "notfallbedingten Besuch" in Pakistan wahrscheinlich versuchen, diese Vorräte noch stärker anzuzapfen, als es Kiew wahrscheinlich ohnehin schon getan hatte.

Man geht davon aus, dass Islamabad Kulebas – vermutlich von der NATO genehmigten – Forderungen nachkommen wird, da Pakistan mittlerweile dem vom Westen kontrollierten IWF verpflichtet ist, nachdem eine Einigung über die Auszahlung versprochener Finanzhilfen erzielt werden konnte. Das Time Magazine hat kürzlich unter dem Titel "Warum ein IWF-Darlehen in Höhe von drei Milliarden US-Dollar nicht ausreicht, um Pakistans Wirtschaft zu retten" einen Artikel veröffentlicht, der in diesem größeren Kontext darauf hindeutet, dass Pakistan gar keine andere Wahl hat, als das zu tun, was der Westen von dem Land verlangt, da er die Kontrolle über Pakistans Geldbeutel hat.

Indizien dafür, dass diese Herr-Diener-Beziehung bereits wirkt, können aus dem Bericht der Express Tribune vom vergangenen Mittwoch entnommen werden, über die "Störungen im potenziellen pakistanisch-russischen Ölabkommen", der zufällig einen Tag vor dem Artikel von The News International über den Besuch von Kuleba veröffentlicht wurde. Die Express Tribune zitiert in ihrem Bericht ungenannte Quellen, um zerstreut damit die großen Hoffnungen, die seit einem Jahr bestanden haben, dass Pakistan und Russland ein langfristiges Ölabkommen erzielen könnten.

Dies bedeutet nicht automatisch, dass ein solches Abkommen nicht zustande kommen wird. Es bedeutet nur, dass aufgrund einer angeblichen Uneinigkeit in Fragen des Preises und einem angeblichen unbefriedigenden Resultat bei der Raffinierung dieser bestimmten Öl-Sorte, die Chancen auf ein Abkommen immer geringer werden. Trotz dieser angeblichen "Probleme" liegt es nach wie vor im Interesse Pakistans, einen langfristigen Ölvertrag mit Russland abzuschließen, um den finanziellen Druck auf seinen stark belasteten Staatshaushalt etwas zu verringern, da alle alternativen Quellen wesentlich teurer sind.

Dennoch signalisiert Pakistan über die Medien, Beobachter sollten sich keine Hoffnungen machen, dass ein Ölabkommen mit Russland zustande käme. Diese Einsicht legt wiederum nahe, dass eine der nicht offengelegten Bedingungen beim IWF-Darlehen an Pakistan darin bestehen könnte, dass diese Gelder nicht für den Kauf von russischem Öl verwendet werden dürfen, weshalb Islamabad nun nach einem plausiblen Weg sucht, um aus den bereits über ein Jahr andauernden Verhandlungen mit Moskau aussteigen zu können.

Schließlich ist der Zeitpunkt der Erscheinung des Berichts von The Express Tribune höchst verdächtig, weil alles zusammenzuhängen scheint: Kurz nach Bidens offenem Eingeständnis, dass der NATO "die Munition ausgeht", einen Tag vor dem Bericht in The News International über einen "notfallbedingten Besuch" von Dmitri Kuleba in Pakistan und schließlich auch noch unmittelbar nach dem Ende des NATO-Gipfeltreffens in Vilnius. Sollte dies der Fall sein, könnte es durchaus sein, dass mehr Finanzhilfe für Pakistan informell davon abhängig gemacht wurde, dass das Land kein langfristiges Ölabkommen mit Russland eingeht und seine indirekten Waffenexporte nach Kiew drastisch erhöht.

Der zweite Teil dieser spekulativen Forderungen würde natürlich den Abschluss eines entsprechenden Abkommens über die Bedingungen dieser "Not-Lieferungen" mit sich ziehen, somit auch die Gespräche zwischen Pakistan und der Ukraine auf Außenministerebene. Kuleba würde seine Zeit nicht damit verschwenden, nach Pakistan zu reisen, nur um landwirtschaftliche Probleme zu erörtern, wenn solche Gespräche aus der Ferne geführt werden könnten, während er über Waffen mit anderen Ländern bestimmt gern persönliche Gespräche führt.

Die offizielle Erklärung für seinen möglicherweise bevorstehenden Besuch hält einer Überprüfung eindeutig nicht stand, weshalb es Gründe für die Annahme gibt, dass der eigentliche Zweck darin besteht, die Bedingungen eines "Notfall"-Waffengeschäfts mit Pakistan auszuhandeln, um Kiews Gegenoffensive bis zum kommenden Winter aufrechtzuerhalten. Die NATO braucht dringend zusätzliche Partner, die der Ukraine Kiew Waffen liefern können, nachdem im Westen in diesem Neuen Kalten Krieg die Vorräte langsam zur Neige gehen. Diese Rolle in ihrem Stellvertreterkrieg gegen Russland wird wohl Pakistan übernehmen.

Übersetzt aus dem Englischen

Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger US-Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien sowie auf Chinas Belt-&-Road-Initiative, Russlands geopolitischen Balanceakt und hybride Kriegsführung spezialisiert hat.

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