Von Thorsten Schulte
Der Gaspreis war am Freitag in Europa zehnmal so hoch wie in den USA. Strom- und Gaspreise explodieren. Der Strompreis erreichte am Freitag ein neues beängstigendes Rekordniveau. Wir zeigen im Skript zu diesem Podcast all die erschreckenden Entwicklungen. Dennoch sagte Vizekanzler Habeck noch im Juli:
"Wir haben aktuell ein Gasproblem, kein Stromproblem."
Der deutschen Wirtschaft stehe "eine Art Bereinigung bevor", so die Chefvolkswirtin der KfW-Gruppe. Was für ein Euphemismus, was für eine Schönfärberei. Schon jetzt befinden sich die Geschäftserwartungen der Chemischen Industrie in Deutschland im August auf dem tiefsten jemals gemessenen Niveau, tiefer noch als zum Hochpunkt der Weltwirtschaftskrise 2008/2009. Das von der GfK, der Gesellschaft für Konsumforschung, ermittelte Konsumentenvertrauen fiel im August auf den tiefsten jemals gemessenen Wert. Aber diese Frau, die von einer "Art Bereinigung" für die deutsche Wirtschaft redet, arbeitet für die Kreditanstalt für Wiederaufbau, deren Verwaltungsvorsitzender wer ist? Richtig: Robert Habeck, Vizekanzler und Wirtschaftsminister. Da ist Schönfärberei und Träumerei Programm.
Dieser Mann, dieser Robert Habeck, hat Frackinggas in Deutschland mit seinen grünen Kollegen stets verhindert. Ich will an der Stelle Frackinggas gar nicht bewerten. Aber dass Habeck Frackinggas in Deutschland nicht fördern lässt, es jedoch aus den USA einkauft, dass ist gegen alle Vernunft und wie kann ein Grüner mit Gewissen so etwas verantworten? Ach, ein Grüner mit Gewissen, aber auf mich wirkt diese Politik gewissenlos.
Das Frackinggas wird in den USA aus dem Boden geholt, muss dann verflüssigt werden, wird dann mit Dieseltankern, nur die neuen werden mit Flüssiggas betrieben, über den Ozean geschifft und dann in Europa erneut in Gas umgewandelt. Vizekanzler Habeck verhilft der Frackinggasindustrie in den USA zu unglaublichen Gewinnen, die wir zu zahlen haben. Über die Hälfte der Deutschen heizt mit Erdgas. Ich zitiere aus einem Artikel der Nachrichtenagentur Bloomberg vom 25. August, also brandaktuell:
"Laut Deloitte LLP werden die US-Schiefergasproduzenten in diesem Jahr fast 200 Mrd. USD einnehmen, genug, um die Branche bis 2024 schuldenfrei zu machen und möglicherweise eine Umstellung auf mehr Erdgasproduktion zu finanzieren."
Weiter heißt es:
"Am deutlichsten zeigt sich dieser Trend in der US-amerikanischen Schieferölindustrie, die von 2010 bis 2019 rund 300 Milliarden US-Dollar an Barmitteln verbrannt hat. … Die Branche wird den gesamten Verlust in den Jahren 2021 und 2022 wieder hereingeholt haben …"
Wir zeigen dazu ein Schaubild von Bloomberg.
Herr Habeck, was geschieht hier? Wir haben die Zeche dafür zu zahlen. Am 25. März 2022 berichtete die US-Nachrichtenagentur Bloomberg, dieser Robert Habeck habe in Berlin angekündigt, dass Deutschland den Bezug von russischem Gas bis Mitte 2024 fast vollständig einstellen will. Im selben Artikel ist davon die Rede, dass die EU jährlich 50 Milliarden Kubikmeter LNG, also Flüssiggas, aus den USA abnehmen will, für 2022 war von 15 Milliarden die Rede. Dann heißt es in diesem Artikel:
"Derzeit kommt 150 Milliarden Kubikmeter Pipelinegas aus Russland, und zusätzlich 14 bis 18 Milliarden Kubikmeter LNG. Damit ist das Land der größte Erdgaslieferant der EU."
Wer das im März las, der konnte schon wissen, dass die 15 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas aus den USA in diesem Jahr sicher nicht reichen. Dass der Erdgaspreis jetzt in Europa mehr als zehnmal so hoch ist wie in den USA, mit verheerenden Folgen für Konsumenten und Produzenten, für die Unternehmen in Deutschland und Europa, hätte auch der Dümmste wissen müssen.
Herr Habeck, ich kann Ihr Regierungshandeln nicht mit Dummheit und Naivität erklären! Ich frage Sie, sind Sie selbstbestimmt? Sind Sie Ihr eigener Herr? Handeln Sie nur so, wie der Leitspruch des am 30. November 1989 ermordeten Chefs der Deutschen Bank Alfred Herrhausen lautete?
"Wir müssen das, was wir denken, sagen. Wir müssen das, was wir sagen, tun. Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein."
Selbst die US-treue Atlantik-Brücke beweist uns, dass die USA bereits 2017 und 2019 alles unternahmen, um die neue Ostsee-Pipeline von Russland nach Deutschland namens Nord Stream 2 zu verhindern. Habeck und die Grünen fordern das seit Jahren. Habeck ist der Master of Desaster. Und er macht das, was er in der US-Hauptstadt bei seinem Antrittsbesuch versprach. Er dient führend in Europa. "Der grüne Bückling" wird er in den Geschichtsbüchern wahrscheinlich heißen.
Jutta Ditfurth, die bei der damals noch existierenden sogenannten Elefantenrunde (Diskussionsrunde der Parteivorsitzenden der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien) neben Helmut Kohl, Franz Josef Strauß und Hans-Dietrich Genscher vor der Bundestagswahl 1987 mitdiskutieren durfte, enthüllt Interessantes. Nach der Wahl ließ ihr das US-Außenministerium mitteilen, dass man sie besser kennenlernen wolle. Sie lehnte zwar ab, aber nahm eine Einladung zu einer Vortragsreise in die USA von verschiedenen Universitäten an. Bei einem Abendessen habe ein Gastgeber vom "American Institute For Contemporary German Studies"sie gefragt, ob sie nicht eine Studie über ihre Partei Die Grünen verfassen wolle. Auch dies habe sie abgelehnt und schreibt dann:
"Um mich zu überreden, nannte er mir Namen von Grünen, die kooperationsbereiter waren. Einer hieß Lukas Beckmann, der andere Otto Schily. Petra Kelly kannte man gut. Es blieb beim Nein." (Buch "Fremdbestimmt", Fußnote 760: Jutta Ditfurth, "Krieg, Atom, Armut. Was sie reden, was sie tun: Die Grünen", Rotbuch Verlag 2011, Seite 144/145)
Petra Kelly war die Gründungsikone der Grünen, Otto Schily trat 1989 zur SPD über und wurde dann unter Gerhard Schröder von 1998 bis 2005 Bundesminister des Inneren. Lukas Beckmann war von 1994 bis 2010 Fraktionsgeschäftsführer der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Beide machten Karriere, während Jutta Ditfurth scheiterte … Die Sache sei ihr wieder eingefallen, so schreibt Jutta Ditfurth weiter, …
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"… als ich las, dass Cem Özdemir, nachdem er 2002 sein Bundestagsmandat niederlegen musste, weil er ein günstiges Privatdarlehen vom PR-Berater Moritz Hunzinger erhalten und dienstlich erworbene Bonusmeilen privat genutzt hatte, 'Transatlantic Fellow' des German Marshall Funds wurde und 2004 zu den Unterzeichnern eines von der neokonservativen US-amerikanischen Denkfabrik Project for the New Amercian Century (PNAC) veröffentlichten offenen Briefes an die Staatsoberhäupter und Regierungschefs von NATO und EU gegen die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin gehörte." (Buch "Fremdbestimmt", Fußnote 760: Jutta Ditfurth, "Krieg, Atom, Armut. Was sie reden, was sie tun: Die Grünen", Rotbuch Verlag 2011, Seite 144/145)
Özdemir war von November 2008 bis Januar 2018 Bundesvorsitzender der Partei Bündnis 90/Die Grünen, seit Dezember 2021 ist er Bundeslandwirtschaftsminister und angeblich einer der beliebtesten Politiker. Im Jahre 2019 tat er sich wiederholt mit kritischen Aussagen zur zweiten im Bau befindlichen Ostsee-Pipeline von Russland nach Deutschland namens Nord Stream 2 hervor. Bei unserem jetzigen Wissensstand kann dies nicht verwundern.
Jutta Ditfurth fragt sich jedenfalls, ob es ein Wunder ist, dass an der Leine der USA laufende Politiker wie der damalige Bundesvorsitzende Cem Özdemir im November 2010 warnten, WikiLeaks habe mit der Veröffentlichung geheimer diplomatischer Dokumente "eine Grenze überschritten, die unserer Demokratie insgesamt nicht guttut". Vizekanzler Habeck, Außenministerin Baerbock und alle anderen sind für mich reine Steigbügelhalter der USA. Danke an Jutta Ditfurth für ihre schonungslose Offenheit über die Geschichte der Grünen.
Ich fordere: Beendet den Wahnsinn und genehmigt – wie selbst der FDP-Politiker Kubicki jüngst forderte – die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Sie wurde auf deutsches Verlangen aufgrund damaliger deutscher Vernunft genehmigt und gebaut. Ich sage es überdeutlich: Nur US-gesteuerte politische Geisterfahrer können den Kurs jetzt weiter beibehalten, der uns frontal gegen eine Betonwand führt. Ich sage Ja zur Vernunft und Nein zum Kurs des Vizekanzlers und energiepolitischen Geisterfahrers Robert Habeck.
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Thorsten Schulte ist eine Stimme der Vernunft zu Wirtschaft und Politik in Europa. Er ist der Autor von Büchern wie "Kontrollverlust – Wer uns bedroht und wie wir uns schützen" (Spiegel-Bestseller Platz 1, mit Vorwort von Willy Wimmer) und "Fremdbestimmt: 120 Jahre Lügen und Täuschung", redet Tacheles, deckt auf, klagt an und entwirft einen besseren Weg für Deutschland.