Die selektive Empörung über die Ukraine wird von einer gut geölten Propagandamaschine gesteuert

Die Menschen im Westen wurden wie die Schafe in den nächsten Emoji-Kreuzzug geführt: in die militärische Spezialoperation Russlands in der Ukraine. Professionelle Tugendwächter treiben die Wut der Bürger auf Russland an. Wann endlich endet dieses gedankenlose Signalisieren von Tugend und Moral bei jedem neuen Trend?

Ein Kommentar von Robert Bridge

Während einige im Westen mit McDonald's und anderen Unternehmen des öffentlichen Lebens und der zur Schau gestellten Haltung gegen den Krieg in der Ukraine in ihrer Haltung gegenüber Russland eine verwandte Seele finden mögen, wäre ein wenig mehr Konsequenz in Fragen von Krieg und Frieden eine höchst willkommene Entwicklung.

Tatsache ist, dass nichts lauter "Russophobie" schreit als zum Beispiel das Spektakel von McDonald's, das sich inmitten des Konflikts zwischen Moskau und Kiew vom russischen Markt zurückzieht – besonders wenn man bedenkt, dass Ronald McDonald weiterhin unbeeindruckt seine Burger auf dem Grill wenden ließ, während George W. Bush und Barack Obama sich auf ihren jeweiligen Amokläufen durch zahlreiche unglückselige Länder am anderen Ende der Welt befanden.

Abgesehen von der Frage der eklatanten Doppelmoral des Westens im Umgang mit Russland lauert dahinter ein noch mysteriöseres und beunruhigenderes Rätsel: Wie ist es möglich, den kollektiven Westen – und insbesondere die US-Amerikaner – ununterbrochen in Kreuzzüge der Tugendhaftigkeit im Namen verschiedener Anliegen zu treiben? Außerdem: Wenn die Medien nicht da wären, um sie auf den neuesten Trend hinzuweisen, würden diese Menschen dann überhaupt erfahren, dass es eines gibt?

Vom Kniefall aus Respekt für Black Lives Matter – selbst dann noch, als diese Organisation Randale in 20 US-Bundesstaaten angezettelt hatte, die als die kostspieligsten aller Zeiten in die US-Annalen eingingen – sind die Europäer und US-Amerikaner blitzschnell dazu übergegangen, diejenigen zu dämonisieren, die skeptisch gegenüber den neuen COVID-19-Impfstoffen waren, bis hin zur Schließung der Reihen gegen jeden, der im Showdown um das Recht auf Abtreibung angeblich auf der "falschen" Seite steht.

Inmitten dieser sich häufenden innenpolitischen Beben in den USA fand sich Russland plötzlich im Epizentrum des Geschehens wieder. Das größte Land der Erde ist gewissermaßen der Chris Rock unter den Nationen, der man jeden Tag ohne Sinn und Verstand ins Gesicht schlagen kann.

Es liegt ein Hauch einer raffinierten McDonald's-Werbekampagne über der ewigen Besessenheit der USA von Russland. Genau wie diese wunderbar abwegigen TV-Werbungen, in denen immer wahnsinnig glückliche – und seltsamerweise gesunde – Familien gezeigt werden, die sich mit Big Mac und Happy Meal vollfressen, hinterlässt ein Besuch bei McDonald's immer einen bitteren Nachgeschmack, wenn nicht gar regelrechte Darmprobleme. Mit anderen Worten, der Hype, den das Unternehmen betreibt, wird der Realität selten gerecht.

Eine ähnliche Art von Werbekampagne zielt seit vielen Jahren direkt auf Russland ab, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. Ähnlich wie Edward Bernays, der "Vater der Öffentlichkeitsarbeit", und seiner Fähigkeit, US-Frauen in den 1920er-Jahren davon zu überzeugen, dass das Rauchen von Zigaretten ein Symbol weiblicher Befreiung sei, pflanzten die heutigen Propagandisten erfolgreich die Botschaft in die Gehirne einer ahnungslose Öffentlichkeit ein, dass Russland die Wurzel allen Übels ist.

Wenn diese Öffentlichkeit die sorgfältig konstruierten Stereotypen nicht von sich aus aufgibt und nicht physisch ein Flugzeug Richtung Moskau besteigt, wird sie wahrscheinlich nie erfahren, dass die Darstellung von Russland im Westen, durch Hollywood und Mainstream-Medien, ganz einfach die schlimmste Form der Propaganda ist. Sobald ein Einzelner die Realität Russlands erlebt, ohne den Schall und den Rauch aus zweiter Hand – wie es beispielsweise Millionen von Sportfans während der FIFA Fußballweltmeisterschaft 2018 taten, in deren Rahmen Fußballspiele in elf russischen Städten stattfanden –, versteht er schnell, dass alle Schwarzmalereien über diesen Teil der Welt ein Haufen von Lügen ist.

Aber leider kann nicht jeder Bürger auf diesem Planeten nach Russland reisen, um die Realität mit eigenen Augen zu sehen. Unfreundliche Nationen, die mit gekauften Medien unter einer Decke stecken, verstehen dieses Handicap perfekt auszunutzen, das es ihnen erlaubt, Russland als das "Reich des Bösen" darzustellen, etwas, das direkt aus einem Bond-Streifen zu stammen scheint. Und dann, eines schönen Tages, nachdem sich Russland in einer Situation wiederfand, in der es sich gezwungen sah, "Genug!" zu sagen, und zu einem seiner Meinung nach legitimen Akt der Selbstverteidigung greift – sicherlich nicht weniger legitim als die militärischen Offensiven des Westens im Laufe der vergangenen Jahrzehnte –, beginnt eine ernsthafte und bösartige Kampagne um Tugend und Moral gegen Russland und die Russen – und dies mit großer Wirkung.

Die Reaktion auf die Ereignisse in der Ukraine demonstrierte die geballte Macht der westlichen Medien und der Regierungen, die selbst wahrgenommene Tugendhaftigkeit der westlichen Welt praktisch nach Belieben zu kanalisieren. Das Establishment hätte genauso gut eine Kampagne im Namen anderer umkämpfter Völker lostreten können, wie zum Beispiel für den Jemen, der seit sieben Jahren von Saudi-Arabien unerbittlich belagert wird, mit der Unterstützung der üblichen westlichen Verdächtigen. Laut UNICEF, der humanitären Organisation für den Schutz und die Rechte der Kinder, wurden seit Beginn der saudischen Militäroperation, die im ganzen Land zu Krankheiten, Hungersnöten und Todesfällen geführt hat, mehr als 10.000 Kinder getötet oder verletzt.

Und was ist mit den leidenden Menschen im Donbass, der russischsprachigen Region der Ukraine, die acht Jahre lang von Kiews Truppen belagert wurden? Wie viele Menschen im Westen sind sich bewusst, dass diese Tragödie auf einen von den USA angeführten Putsch zurückzuführen ist, der 2014 die demokratisch gewählte Regierung der Ukraine aus dem Amt gefegt hatte?

Hätten die woken Kreuzritter des Tugendhaften die Not dieses unterdrückten Volkes ins Rampenlicht gerückt und gefragt, warum das Minsker Protokoll für einen Waffenstillstand regelmäßig durch Kiew verletzt wird, könnte heute sehr wohl Frieden in der Ukraine herrschen.

Eigennützige Unternehmen wie McDonald's und Länder wie die Vereinigten Staaten und jene der EU schreien von den Dächern herab, dass sie die ultimativen Verteidiger der Unterdrückten sind. Die Realität ist jedoch ernüchternder. Die Realität ist, dass ihre tugendhafte Theatralik von sehr selektiver Art ist, die eine starke Tendenz hat, sich am außenpolitischen Diktat Washingtons auszurichten statt an den tatsächlichen Bedürfnissen der Unterdrückten. Tugend sollte keinen politischen Meister kennen, sonst verkommt sie zu einem billigen Tugendgetue im Auftrag von verborgener Motive.

Übersetzt aus dem Englischen. Robert Bridge ist ein US-amerikanischer Schriftsteller und Journalist. Er ist Autor von "Midnight in the American Empire – Wie Konzerne und ihre politischen Diener den amerikanischen Traum zerstören". Er twittert unter @Robert_Bridge.

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