Der weltbekannte slowenische Philosoph Slavoj Žižek hat gegenüber RT die Schritte zur Einschränkung von RT DE kritisiert und gesagt, dass der Westen sich vor der Macht des Senders fürchte. Auch wenn der Westen versuche, den TV-Kanal als Lieferanten "russischer Propaganda" darzustellen, zeige sein Umgang mit diesem, dass er ihn eben nicht nur für eine Propagandamaschine halte. Žižek erklärte:
"Indem der Westen diese Schritte unternimmt, um RT auszuschließen, zeigt er im Grunde seine Angst vor dem möglichen Einfluss von RT und sogar sein Vertrauen in die Macht von RT. Wenn sie sicher wären, dass RT nur billige russische Propaganda ist, die niemand ernst nimmt, dann hätten sie gesagt: 'Bitte, mein Gott, lasst sie zu.' Das hätte ihre Haltung sein müssen. Und dann wäre es so, als würde man eine alte stalinistische Rede hören – die Leute würden lachen, niemand wäre überzeugt."
Die jüngsten Einschränkungen gegen RT erfolgten im vergangenen Dezember, als der neue deutschsprachige Sender RT DE rund um die Uhr auf Sendung ging. Die Youtube-Seite des Senders wurde am Tag des Sendestarts blockiert, während der TV-Kanal selbst kurz darauf von dem europäischen Satellitenfernsehbetreiber Eutelsat vom Netz genommen wurde – auf Druck der deutschen Medienaufsichtsbehörde MABB.
RT sei Žižek zufolge eine Plattform, auf der bestimmte Themen, die der Westen lieber ausgeklammert hätte, behandelt würden. Žižek, der einmal als "der gefährlichste Philosoph des Westens" bezeichnet wurde, äußerte gegenüber RT, dass er selbst an den Rand gedrängt worden sei. Denn nur eine Handvoll Medien hätten es gewagt, ihn zu veröffentlichen.
"Lassen Sie es mich ganz klar sagen: Oft bin ich nicht einverstanden mit... nennen wir es die 'russische Linie' – mit dem, was auf RT läuft. Aber natürlich beweise ich mit meinem Fall, dass es viele Themen gibt, bei denen ich nur ausdrücken kann, was ich denke, [wenn ich] es als Kommentar auf RT veröffentliche."
Zu solchen ausgegrenzten Themen gehöre die Unterstützung der palästinensischen Sache, so Žižek. Selbst die vorsichtigsten Versuche, das zu tun, würden oft den Vorwurf des Antisemitismus nach sich ziehen, beklagte er. Als Beleg dafür führte er das Beispiel der Harry-Potter-Schauspielerin Emma Watson an. Diese hatte kürzlich den Zorn israelischer Diplomaten auf sich gezogen, weil sie lediglich ein Bild von palästinensischen Aktivisten geteilt hatte.
Ein weiteres Beispiel für eine solche Ausgrenzung sei der Fall des WikiLeaks-Mitbegründers Julian Assange, argumentierte Žižek:
"Das ist sein größter Beitrag – nicht die Nachrichten darüber, wie die Vereinigten Staaten Gefangene foltern oder Soldaten töten, die sich ergeben haben – wir alle wussten das. Die wichtige Arbeit von Assange ist, wie er es einmal in einer Nachricht an mich ausdrückte, (gezeigt zu haben) dass Google wirklich ein privatisiertes Unternehmensforum der NSA ist."
Google sei die Plattform, über die die NSA ihre Kontrolle ausübe. Es sei zwar nicht direkt verboten, das zu sagen. Jedoch würden solche Meinungen im Westen marginalisiert.
Žižek argumentierte weiter, dass das Konzept von "freedom" im Westen regelmäßig durch das Konzept der "liberty" ersetzt werde. Die "Freiheit", wie sie im Westen interpretiert werde, erlaube es dem Einzelnen, nur innerhalb strenger Grenzen "frei" zu sein. Die tatsächliche, existenzielle Freiheit sei hingegen nirgendwo zu finden.
Der Westen lasse Marginalität, mitunter auch den einen oder anderen größeren Protest, zu, um sagen zu können, dass im Westen alles möglich sei. Aber es werde darauf geachtet, dass dieser Protest marginal bleibt, so der slowenische Philosoph.
"In unserem täglichen Leben, die Freiheit, die wir in einer friedlichen liberalen Gesellschaft (haben) – ja, du bist formal frei. Aber niemals frei in diesem tiefen, existenziellen Sinne, mit klaren Entscheidungen konfrontiert zu werden. Wir sind in täglichen Kompromissen gefangen. Wir folgen dem, was wir wünschen – und was wir wünschen, ist bereits manipuliert."
Übersetzt aus dem Englischen.
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