Ein Kommentar von Tom Fowdy
Vor ein paar Monaten schrieb ich einen Artikel hier auf RT DE, in dem ich darauf hinwies, dass die Vereinigten Staaten die Xinjiang-Frage vorerst auf Eis gelegt haben. Ihre Anschuldigung, China betreibe Völkermord an der turksprachigen Ethnie, die als Uiguren bekannt ist und die mehrheitlich im äußersten Westen des Landes lebt. Ich stellte fest, dass die Biden-Regierung die Konfrontation mit China wohl aus strategischen Gründen heruntergefahren hatte, um sich etwas Spielraum für ein mögliches Treffen mit Xi Jinping zu verschaffen, was im letzten Monat in ein, zugegebenermaßen frostiges, Online-Gipfeltreffen der beiden Staatsführern mündete.
Jetzt, da Biden besagtes Gipfeltreffen hinter sich gelassen hat und die Olympischen Winterspiele in Peking vor der Tür stehen, ist es kein Zufall, dass die Mainstream-Medien im Westen nach monatelangem Stillhalten über Xinjiang begonnen haben, neue Beschuldigungen vorzubringen und sogenannte Enthüllungen auszubreiten sowie eine Reihe auffälliger Presseartikel, die sich alle gegen China richten.
Allein in der vergangenen Woche sahen wir Versuche, Xis Verantwortlichkeit für die angebliche Situation in Xinjiang mittels "durchgesickerter Dokumente" zu festigen, Anschuldigungen, China entwickle Überwachungstechnologie, die sich gegen Journalisten richten soll, und einen Bericht darüber, dass China die Auslieferung "Staatsangehöriger Taiwans" auf eigenes Hoheitsgebiet anstrebt, die in mehreren anderen Ländern des Betrugs beschuldigt werden.
Es sollte offensichtlich sein – abgesehen von den vielen, für die es das nicht sein wird –, dass diese Flutwelle an Propaganda gegen China ein bewusst koordinierter Versuch ist, die öffentliche Zustimmung zu einem Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking zu etablieren und einen Versuch darstellen, China zu demütigen.
Zahlreiche Quellen in den Medien haben bereits angedeutet, dass die Biden-Regierung bereits einen Boykott beschlossen habe, und andere Länder, wie Großbritannien und Australien, könnten nachziehen. Dies erklärt auch das Aufbranden antichinesischer Gräuelpropaganda, und es wird noch vieles mehr folgen, einschließlich eines Urteils des sogenannten "Uiguren-Tribunals", das Ende dieses Monats veröffentlicht werden soll. Es ist reine, ungezügelte Manipulation und politisches Theater. Doch letztendlich wird das westliche Publikum darauf hereinfallen, weil es glaubt, in wichtigen Angelegenheiten mit einer objektiven, unparteiischen Wahrheit gefüttert zu werden.
In Wirklichkeit handelt es sich hier um eine Form des "Manufacturing Consent", die "Herstellung von Konsens" – ein Begriff, der am ehesten mit dem Linguisten und Medienwissenschaftler Noam Chomsky in Verbindung gebracht wird, der ein gleichnamiges Buch verfasst hat. Seine Essays zu diesem Thema sind von unvergleichlichem Wert. Er erklärt uns, dass die Herstellung von Konsens ein Konstrukt ist, bei dem die US-Regierung die Massenmedien mit großer Effizienz manipuliert und koordiniert, um damit ihr Narrativ zu reproduzieren und öffentliche Unterstützung für ihre aggressive Außenpolitik zu gewinnen, stets unter dem Deckmantel "moralischer Besorgtheit" – meistens unter Vorbringen von Behauptungen über Gräueltaten oder andere Menschenrechtsverletzungen.
Chomsky beleuchtet in seinem Buch auch, wie eine Armee von Denkfabriken, sogenannten Experten und Medien eingesetzt wird, um Themen in der breiten Öffentlichkeit zu etablieren und eine Bühne für Debatten zu schaffen. Eine solche Berichterstattung erfolgt immer streng nach Präferenz und ignoriert bewusst und heuchlerisch ähnliche Missbräuche oder Gräueltaten in befreundeten Ländern.
Warum sprechen die Medien beispielsweise stets über China und Xinjiang, aber nie über den brutalen Krieg, den Saudi-Arabien im Jemen führt? Warum dämonisiert man Vietnam nicht, dem ein ähnlich "böses" kommunistisches Regime vorsteht? Ein Teil des Prozesses besteht jedoch darin, dass, wenn die USA es beabsichtigten sollten, solche negativen Narrative gegen eines der beiden genannten Länder loszutreten, sie dies jederzeit tun könnte. Auf diese Weise kontrollieren die USA weltweit das öffentliche Bewusstsein, und die Öffentlichkeit akzeptiert das, weil ihr eingetrichtert wurde zu glauben, dass sie als Gesellschaft erleuchtet sind und dass ihre Ideologie die ultimative politische und moralische Wahrheit widerspiegelt.
Folglich geht diese Gesellschaft davon aus, dass ihre Regierungen in der Außenpolitik nicht aus Eigennutz oder irreführend handeln, sondern legitim die Werte fördern, von denen sie vorgeben, gegen ein Ziel zu vertreten, das durch die ständige Anwendung von Gräuelpropaganda dämonisiert werden soll. Diese Gesellschaft ist konditioniert zu glauben, dass die Mainstream-Medien unabhängig und unparteiisch sind und dass Propaganda nur etwas ist, was gegnerische Länder tun.
Flankierend dazu erhalten jeweils ausgewählte Experten eine Plattform, auf denen diese Behauptungen legitimiert – so wie etwa der deutsche "antikommunistische Akademiker" Adrian Zenz, der zusammen mit einer Anzahl an Dissidenten zum standardmäßigen "Mann fürs Grobe" bei Fragen rund um Xinjiang geworden ist. Eine Debatte wird auf der Grundlage von "Wir müssen etwas unternehmen" initiiert und knüpft dann jeweils an die Agenda an, die von der Regierung vorgegeben wurde. Ein historisches Beispiel dafür ist die berüchtigte Behauptung, Saddam Hussein besitze Massenvernichtungswaffen, und Großbritannien und die USA müssten daher in den Irakkrieg ziehen. Trotz des Ausmaßes an Täuschungen, die mit diesen Bemühungen verbunden sind, scheint das westliche Publikum seine Lektionen nicht gelernt zu haben, und "Völkermord in Xinjiang" ist einfach der neueste Slogan, der regelmäßig auf diese Weise zur Legitimation verschiedener politischer Ziele der US-Regierung ersonnen wird.
Xinjiang und die Uiguren waren während der gesamten Trump-Ära ein wichtiges strategisches Instrument, um die US-Politik gegenüber China neu auszurichten und die verbündeten Länder dazu zu drängen, dasselbe zu tun. Die Behauptungen in Bezug auf Xinjiang waren erstmals im Jahr 2018 aufgetaucht, als die Trump-Administration ihren Handelskrieg gegen Peking entfesselt und begonnen hatte, die US-Politik auf den Wettbewerb mit China umzuorientieren.
Die erste Auswirkung dieser Strategie beinhaltete die Legitimation von Vorwürfen gegen chinesische Technologieunternehmen wie Huawei und Hikvision, um Sanktionen gegen sie zu rechtfertigen. Im Laufe des Jahres 2019 wurde das Thema weitgehend eingefroren, um die Handelsgespräche zwischen China und den USA aufrechtzuerhalten. Dann, im Jahr 2020, als der "Phase-1-Deal" abgeschlossen war und Trump angesichts der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen und der ausgebrochenen Pandemie versuchte, alles gegen China ins Feld zu führen, das ihm zur Verfügung stand, wurde die Geschichte von Xinjiang mit größerer Intensität wieder hochgefahren.
Dieses Muster setzte sich fort, nachdem Trump die Wahl in einem strategischen Versuch verloren hatte, Biden mit der rechtlich zweifelhaften Erklärung des "Völkermords an den Uiguren" durch den damaligen Noch-Außenminister Mike Pompeo in der China-Frage in eine Ecke zu drängen.
In den ersten Monaten setzte die Biden-Regierung Xinjiang weiterhin als Waffe ein, um die Kulisse für seine Präsidentschaft zu schaffen, Verbündete zu mobilisieren und Chinas umfassendes Investitionsabkommen mit der EU zu untergraben, bevor man das Thema für eine gewisse Zeit auf Eis legte. Und jetzt ist es wieder da, um Zustimmung zu einem Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking zu erzwingen, der zwar weitgehend symbolisch und belanglos ist, aber darauf abzielt, China daran zu hindern, jegliche Legitimität aus dieser Veranstaltung zu ziehen.
Um nur ein Beispiel dafür zu nennen, wie koordiniert und betrügerisch der gesamte Prozess ist, hat man fast zeitgleich mit der Veröffentlichung dieser neuen "durchgesickerten Dokumenten" aus Xinjiang in den Medien die Mitglieder der antichinesischen Organisation IPAC aufgefordert, sofort einen Boykott der Spiele im britischen Parlament zu fordern.
Ja, in der streng kontrollierten Region Xinjiang gibt es Menschenrechtsprobleme. Aufgrund des Erbes ethnischer Konflikte und des Terrorismus ist es ein Territorium, das unter strenger Kontrolle steht. Peking hat versucht, die Uiguren zu assimilieren, um auf diesem Territorium Stabilität zu erreichen. In den "neuen Dokumenten" wird nun anzudeuten versucht, dass Xi mitschuldig sei, indem in ihnen bestätigt werden soll, dass er Aussagen zur Assimilation gemacht haben soll, die allerdings denjenigen, die der französische Präsident Emmanuel Macron in Bezug auf französische Muslime vorgebracht hat, in ihrer Härte nicht mal nahekommen. Würde man die Integration französischer Muslime jemals als "Völkermord" bezeichnen?
Die Absurdität dieses Vorhabens zeigt, wie die Hysterie der Berichterstattung über Xinjiang bewusst ein differenziertes Bild ausblendet, wie der Wohlstand und die Chancen, die den Uiguren geboten wird, sowie die Förderprogramme der chinesischen Regierung zu ihren Gunsten ignoriert werden. Viele Uiguren sind Mitglieder und Funktionäre der Kommunistischen Partei.
In diesem Fall können der umfassende Kreuzzug und das Getue rund um die Frage der Uiguren als bewusst betrügerischer und opportunistischer Akt angesehen werden, der von einer US-Regierung vorangetrieben wird, die eine lange und gut dokumentierte Geschichte der Propaganda der Gräueltaten hat, auf der Suche nach Unterstützung für ihre hochaggressive Außenpolitik, unter dem Deckmantel einer Selbstgerechtigkeit.
Die Leute sollten sich bewusst sein, was gerade vor sich geht, und nicht wieder darauf hereinfallen.
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Übersetzt aus dem Englischen. Tom Fowdy ist ein britischer Autor und Analytiker für Politik und internationale Beziehungen mit Schwerpunkt Ostasien. Er twittert unter @Tom_Fowdy.
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