Ein Kommentar von Paul A. Nuttall
Zhang, eine ehemalige Datenwissenschaftlerin bei Facebook, die behauptet, sie sei gefeuert worden, nachdem sie auf Versäumnisse des Technologiegiganten hingewiesen hatte, Wahleinmischungen rund um den Globus zu bekämpfen, hat vor Kurzem vor dem Ausschuss über Online-Sicherheit im britischen Parlament eine Aussage gemacht.
Als sie Facebook im September 2020 verließ, schrieb sie: "Ich habe mehrere offensichtliche Versuche ausländischer Regierungen aufgedeckt, unsere Plattform in großem Umfang zu missbrauchen, um ihre eigenen Bürger in die Irre zu führen, die bei mehreren Gelegenheiten international Aufsehen erregt haben." Man kann sich förmlich die Begeisterung jener Politiker vorstellen, die eine Regulierung der sozialen Medien fordern. Diese Politiker beabsichtigen, dies in Großbritannien mithilfe des Gesetzes zur Onlinesicherheit (Online Safety Bill) durchzusetzen. In dem Gesetzentwurf wird vorgeschlagen, die Exzesse in den sozialen Medien einzudämmen, indem gegen Technologieunternehmen wie Facebook und Twitter erhebliche Geldstrafen verhängt werden, wenn sie "schädliche" Inhalte nicht entfernen.
Der Ausschuss, der die Ausarbeitung dieses Gesetzentwurfs überwacht, wird von Damian Collins geleitet. Es handelt sich um derselben Damian Collins, der behauptete, Russland habe sich in das Brexit-Referendum eingemischt und eine Untersuchung im Stile eines Robert Mueller gefordert. Er bekam zwar, was er wollte – eine Untersuchung –, aber zu Collins' Leidwesen fanden die britischen Behörden keine Verbindungen zwischen Russland und Leave EU, einer der führenden Brexit-Kampagnengruppen. Collins muss wohl wieder enttäuscht gewesen sein, falls er erwartet hatte, dass Zhang ihm einen "rauchenden Colt" überreicht. Ich würde die ganze Angelegenheit als feuchten Knallfrosch bezeichnen und viele Mitglieder des Ausschusses sind wohl von den Aussagen von Zhang enttäuscht geblieben.
Sie versuchten mehrmals, Zhang dazu zu drängen, etwas schmutzigere Wäsche vorzubringen, aber es kam nichts. Als beispielsweise ein Mitglied des Ausschusses Zhang fragte, ob sie Zeuge einer Einmischung in die Wahl von Donald Trump 2016 gewesen sei, wies Zhang darauf hin, dass sie erst im Januar 2018 ihre Stelle bei Facebook angetreten hatte.
Also, was hatte Zhang auszusagen? Nun, das Faszinierende war, dass sie deutlich machte, dass Facebook weitaus weniger Einfluss auf Wahlen in Industrieländern wie Großbritannien oder Deutschland hat als in Entwicklungsländern. Bei zahlreichen Gelegenheiten hat sie die Bedeutung von Social Media in der Politik heruntergespielt, etwas, das der Ausschuss sicher nicht hören wollte. Zhang stellte jedoch fest, dass, "während die etablierten Medien früher als Torwächter agierten, Facebook die Regeln, wie Informationen verbreitet werden, neu geschrieben hat".
Sie argumentierte, dass dies sowohl positive als auch negative Aspekte darstellt. Zum Beispiel behauptete sie, dass Themen wie die Rechte für LGBT früher nie in den Vordergrund hätten treten können. Auf der anderen Seite haben Facebook und andere Technologiegiganten "die Verbreitung radikaler Ideen" ermöglicht. Und hier trenne ich mich jetzt von Zhang, weil ich erst mal wissen möchte, wer eigentlich entscheidet, was eine "radikale Idee" ist.
Während der Anhörung argumentierte Zhang, dass es nicht genügend Leute gibt, die Facebook-Inhalte überwachen, und stattdessen ein Großteil davon von KI (Künstlicher Intelligenz) überwacht wird, die nicht darüber entscheiden kann, was "Hassrede" ist und was nicht. Aber ich frage noch einmal: Wer bestimmt, was "Hassrede" ist und was nicht? Tatsächlich sind Meinungen subjektiv, und was der eine als inakzeptabel erachtet, ist für den anderen vollkommen akzeptabel. Darüber hinaus würde in einer zunehmend "woke" werdenden Welt, in der die Menschen mittlerweile von allem beleidigt zu sein scheinen, die Definition von Hassrede so weit gedehnt, wie der Atlantik breit ist.
Zhang möchte auch, dass Facebook die Sichtbarkeit bestimmter Beiträge reduziert, bis sie "faktengeprüft" wurden, was zu einer sogenannten "Schattenverbannung" (Shadowban) führen könnte. Dies geschieht jedoch bereits heute, und das beste Beispiel, das mir einfällt, ist, als Facebook und Twitter im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2020 jede Erwähnung von Hunter Biden und seinem zwielichtigen Laptop zensierten.
Ich würde argumentieren, dass Facebook, indem es Inhalte zensiert, die es, wie Collins es ausdrückte, für "problematisch" hält, damit die freie Meinungsäußerung mit Füßen tritt und den Status quo schützt. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass die Partei UKIP von einer randständigen Organisation zu einer wichtigen politischen Kraft geworden wäre, wenn sie nicht die sozialen Medien genutzt hätte.
Die Ideen der UKIP wurden jahrelang von "Torwächtern" wie der BBC absichtlich ignoriert, und erst nachdem die Partei und ihre Ideen eine große Anhängerschaft erlangt hatten, die über die sozialen Medien verstärkt wurden, waren die etablierten Medien gezwungen, nachzugeben und darüber zu berichten.
Und wer soll darüber entscheiden, was akzeptabel ist? Treten Sie vor, Sir Nick Clegg, ehemaliger stellvertretender britischer Premierminister von den Liberalen. Clegg ist jetzt Vizepräsident für globale Angelegenheiten und Kommunikation bei Facebook, was ein Beweis ist, dass es möglich ist, beim Scheitern auch nach zu oben fallen. Traue ich Clegg wirklich zu, ein unparteiischer Schiedsrichter zu sein? Darauf kann der lange warten!
Es mag nur ein Zufall sein, aber ich finde es seltsam, dass Whistleblower wie Zhang gerade dann auftauchen, nachdem Clegg angekündigt hat, dass Facebook "die Präsenz der Politik" auf seiner Plattform reduzieren will. Ich vermute jedoch, dass Clegg in Wirklichkeit die aus seiner Sicht falsche Politik reduzieren will oder politische Ansichten, mit denen er nicht einverstanden ist. Und vergessen wir nicht, dass der 45. Präsident der Vereinigten Staaten, Donald Trump, immer noch auf Facebook gesperrt ist!
Wie auch immer, zurück zu Zhang und ihrer Aussage vor dem Ausschuss vergangene Woche. Ich vermute, dass die anwesenden Abgeordneten das Ganze etwas enttäuschend fanden. Sie gab nicht wirklich neue Informationen preis oder sagte etwas Kontroverses, was Collins dazu veranlasste, nach einem Ansatz zu suchen, um ihre Aussagen relevant zu machen. Es gab kein Russland-Bashing und keine Enthüllungen darüber, wie Trump oder diese nervigen Brexiter sich ihren Weg zum Wahlsieg erschlichen haben. Allfällige Beweise konnte man leicht wieder vergessen, weil Zhang dem Ausschuss nichts zur Verfügung stellte, das er nicht bereits wusste. Das ändert jedoch immer noch nichts daran, dass Facebook anscheinend darauf versessen ist, Inhalte zu zensieren, die nicht den großstädtischen liberalen Ideen des Silicon Valley entsprechen.
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Übersetzt aus dem Englischen.
Paul A. Nuttall ist Hispautoriker, Autor und ehemaliger Politiker. Er war von 2009 bis 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments und war ein prominenter Aktivist für den Brexit.