von Helen Buyniski
Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass Joe Biden allein aufgrund einer Welle aufrichtiger Empörung seines Amtes enthoben wird. Trotz der landesweiten Wut über seine glanzlose Leistung, US-Truppen und -Zivilisten vor Terroristen zu schützen, die nur vier Tage vor dem Ablauf des Ultimatums der Taliban verzweifelt auf ihre Rettung warteten, wird Sleepy Joe wahrscheinlich noch eine Weile an seinem Schreibtisch im Oval Office weiterschlummern.
Selbst wenn die Wut von Millionen über den völlig unnötigen Tod von einem Dutzend Marines und einem Navy-Sanitäter tatsächlich in ein, zwei Forderungen nach Amtsenthebung mündet und sich der von den Demokraten kontrollierte Kongress dann dazu entschließen sollte, "ihren Typen" anzuklagen, lässt das immer noch Raum für Wunschdenken offen – es gibt keine Garantie dafür, das der Präsident des Amtes enthoben wird. Es ist schwer vorstellbar, dass der Senat es der Vizepräsidentin Kamala Harris erlauben würde, die entscheidende Stimme in einer Abstimmung abzugeben, die sie effektiv zur Königin machen würde. Und zudem ist sowieso eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, um einen angeklagten Präsidenten seines Amtes zu entheben.
Aber: Stellen wir uns für einen Moment vor, dass all den wütenden US-Amerikanern ihr Wunsch erfüllt würde. Königin wäre der richtige Titel für die nicht gewählte Präsidentin Harris, die bereits auf zutiefst undemokratische Weise den Posten der Vizepräsidentin angetreten hat. Als die US-Amerikaner ihre Meinung über sie in den Vorwahlen zum Ausdruck bringen konnten, liefen diese tatsächlich in die andere Richtung und brachten ihr weniger als ein Prozent an Zustimmung zum Vorschein. Sie hat nichts in der Nähe des Weißen Hauses zu suchen.
Abgesehen von ihrem Twitter-Hashtag #KHive (der immens von ihrem ehemaligen Pressesprecher gepuscht wurde, der jetzt für die Social-Media-Plattform arbeitet), war jede organische Unterstützung, die sie möglicherweise gehabt hatte, nach der Debatte mit der Kongressabgeordneten aus Hawaii Tulsi Gabbard verpufft. Bei dieser Debatte hatte Gabbard methodisch Harris' schockierende Missetaten während ihrer Amtszeit als Generalstaatsanwältin von Kalifornien entlarvt.
Harris hatte als rücksichtslose Staatsanwältin versucht, sich als Strafrechtsreformerin neu zu erfinden, in der Hoffnung, auf der Welle von Black Lives Matter und der wohlklingenden Bewegung des "Antirassismus" zu reiten. Sie hatte jedoch so viele Leichen im Keller, dass dieser nahezu einem Massengrab gleichkam. Um nur einige zu nennen: Sie unterdrückte Beweise, die einen zum Tode verurteilten Gefangenen hätten entlasten können, legte ihre schützende Hand über ein korruptes Labor für Drogenanalysen und verabschiedete ein Gesetz, das Mütter von schulschwänzenden Kindern ins Gefängnis schicken würde. Nichts also, das besonders beliebt ist bei der "Entmachtet-die-Polizei"-Fraktion. Die Enthüllung dieser "Leichen" und Harris' Unfähigkeit, diese zu erklären, ließ ihre Chancen auf die Präsidentschaft in Rauch aufgehen.
Als CNN sich nach der besagten Debatte bemühte, Harris die Gelegenheit zu geben, ihr zerstörtes ihr Ego wieder aufzurichten, konnte sie lediglich vorbringen, dass Gabbard nicht Kriegstreiber genug sei für die Rolle des Präsidenten, weil sich die US-Militärveteranin mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad getroffen hatte, um mit ihm über Friedensoptionen zu sprechen.
Vor Kurzem konnte man zusehen, wie Harris' Mammut-Ego sich einen erschreckenden Weg durch Südostasien bahnte, wo sie China beschuldigte, die so wichtige "regelbasierte internationale Ordnung" zu gefährden – etwas, das Washington gerne als Knüppel gegen seine Rivalen einsetzt, wenn es diesen keine echten Vergehen vorhalten kann –, und forderte Singapur und Vietnam auf, mehr zu tun, um die größte Wirtschaftsmacht der Region in Schach zu halten. Seit ihrer Amtseinführung im Januar überholte sie Biden schnell in ihrer Begeisterung, mit ausländischen Staatsführern per Telefon zu sprechen, eine Aufgabe, die in der Regel vom Präsidenten wahrgenommen wird. Es ist kein Wunder, dass – abgesehen vom Freudschen Versprecher über eine "Harris-Biden-Präsidentschaft" – die meisten US-Bürger vermuten, dass sie oder jemand anderes, der nicht Biden ist, in Wahrheit die Show im Weißen Haus schmeißt.
Jemanden zu haben, die in ihrem eigenen Land so unbeliebt ist und ihre Emotionen und ihr Ego so schlecht unter Kontrolle hat, und das inmitten einer massiven (wenn auch selten erwähnten) wirtschaftlichen Todesspirale, einer Reihe von (ebenfalls weitgehend unerwähnten) nicht zu gewinnenden Kriegen im Nahen Osten und einer Krise an der Grenze zu Mexiko während einer Pandemie, ist förmlich ein Betteln darum, den letzten Nagel in den Sarg des US-Imperiums zu schlagen. Man könnte argumentieren, dass die USA auch unter Biden zusammenbrechen könnten, aber er kann immerhin auf jahrzehntelange Erfahrung in öffentlichen Ämtern zurückgreifen. Angesichts von Harris' Auftritt in Vietnam, ihres völligen Versagens, mit der Krise an der Südgrenze der USA umzugehen, ihrer Unfähigkeit, den Puls der Durchschnittsbürger zu fühlen, und ihres unsäglichen Gekichers, das sie zu völlig unpassenden Gelegenheiten ansetzt, wird immer klarer, dass Harris nicht das hat, was es braucht, um den Job im Weißen Haus zu erledigen – sicherlich nicht mehr als Biden.
Was ihr an Fähigkeiten fehlt, macht sie mit Narzissmus wett, indem sie schiere Chuzpe aufbringt, um anderen ihren Willen aufzuzwingen. Harris ist die Art von Person, die, wenn sie zu der Geburtstagsfeier einer Freundin eingeladen wird, den Kuchen entdeckt, denkt, dass er für sie ist, und sich ein Stückchen schnappt, bevor die Gastgeber es überhaupt bemerken. Nach den Bombenanschlägen auf dem Flughafen von Kabul dauerte es Stunden, sie davon zu überzeugen, einen geplanten Wahlkampfauftritt zusammen mit dem kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom abzusagen, bei dem sich abzeichnet, dass er abgewählt werden könnte. Die US-Amerikaner sind nicht so dumm, dass sie nicht wissen, wann sie respektlos behandelt werden, und Harris hat es geschafft, einen Großteil der Wählerschaft zu missachten. Fast die Hälfte der kürzlich befragten US-Bürger hat eine negative Meinung über sie, und während auch Bidens Umfragewerte nach unten rutschen, ist es äußerst zweifelhaft, dass jemand, der seine Amtsenthebung fordert, Harris bevorzugen würde.
Es ist natürlich nicht so, dass es für solche kurzsichtigen Forderungen keinen Präzedenzfall gibt. Trump wurde nicht einmal, sondern zweimal von den Demokraten angeklagt, die davon überzeugt waren, dass sie den Schamlosen beschämen könnten, indem sie die Macht der totalen narrativen Dominanz nutzten, um die eigene Partei des Präsidenten dazu zu bewegen, ihn einzukesseln. Aber Trump, ließ sich nicht in eine Ecke drängen und widerstand den immer absurderen Anschuldigungen, die gegen ihn erhoben worden waren. Der zweite Versuch, Trump aus dem Amt zu kippen, kam zu spät und reichte gerade mal dazu, die schlechte Selbstbeherrschung seiner Erzfeinde zur Schau zu stellen. Es gab nie eine Chance auf einen Präsidenten Mike Pence, aber wenn es eine gegeben hätte, hätte der sein Bestes getan, um den Alptraum einer christlichen Theokratie zu etablieren, von der Trumps Feinde behaupteten, dass dies das Endziel des "Bösen Orangen Mannes" sei.
Biden scheint mit seiner Haarschnüffelei, seiner verbalen Inkontinenz und einem Sohn, der Keith Richards wie den Dalai Lama aussehen lässt, Scham ebenso fremd zu sein wie seinem Vorgänger. Aber seine Partei hat die totale Kontrolle über die Medien sowie über beide Kammern des Kongresses, und wenn er des Amtes enthoben wird, dann, weil sie es so haben wollen. Und wenn das der Fall wird, sollten die USA und der Rest der Welt den Atem anhalten. Präsidentin Harris würde Präsident Biden kompetent und Präsident Trump weise aussehen lassen.
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Übersetzt aus dem Englischen.
Helen Buyniski ist eine US-amerikanische Journalistin und politische Kommentatorin bei RT. Man kann ihr auf Twitter (@velocirapture23) und auf Telegram folgen.
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