Ein Schlaglicht von Stephan Fein
Beobachter im Deutschen Bundestag wussten es von Anfang an: Es gibt einen Deal zwischen den beiden GroKo-Regierungsparteien: Keiner von beiden geht.
Diese Auguren behielten seltsamerweise Recht. Und so bekommt Andreas Scheuer jetzt die am Anfang korrekte Unschuldsvermutung auch noch schwarz auf weiß als Abschlusszeugnis: "Kein Fall einer Lüge, bewusster Verheimlichung oder Manipulation konnte persönlich glaubhaft nachgewiesen werden."
Seit Dezember 2019 wurden insgesamt sechs Dutzend, also 72 Zeugen gehört, kilometerlang wurden Akten erstellt. Immerhin geht es ja um einen Schaden in Höhe von rund einer halben Milliarde Euro, die letzten Endes – wem? dem Steuerzahler! – entstanden sei. Da gab es Vorwürfe der vorzeitigen Auftragsvergabe, der bewussten Verheimlichung, schlampig ausgehandelter Verträge mit Mautbetreibern, die – auch ohne etwas zu tun – bei all dem recht gut verdienten, nein: kassierten.
Andreas Scheuer musste noch nicht einmal Erinnerungslücken hervorzaubern wie sein Kollege von der SPD in Sachen Wirecard oder Cum Ex, oder wie sie alle hießen.
Ihm ist es auch gelungen, einfach sitzen zu bleiben. Während der eine sich zum Kanzlerkandidaten aufgeschwungen hat, versuchte sich der andere unter seinen Parteikollegen – mit und ohne "Maskenerfahrung" – weiterhin unermüdlich an der Aufgabe als Minister – bis zur bittersten Stunde seiner Amtszeit gemäß dem geleisteten Amtseid gegenüber dem Volke, nämlich "seinen Nutzen zu mehren, Schaden vom ihm zu wenden." Wenigstens hat er dem eigenen Nutzen gedient. Beim zweiten Punkt, nun ja, man kennt ihn ja, den "Partyyyyy-Rufer". Nein, er meinte nicht die CSU.
Immerhin sorgte Scheuer für viele Jobs: Bei jenen beiden treuen Beamten, die ihm den Rücken frei hielten. Gerhard Sch. darf die nächsten fünf Jahre für rund zwei Millionen die Toll Collect(e) sammeln. Ex-Referatsleiterin Petra B. bekommt beim Bund einen ganz neuen Fachbereich. Vermutlich als Verschweigerin vom Dienst. Schweigen ist ja bekanntlich Gold.
So sorgte der Herr Scheuer reichlich für die wundersame Vermehrung der Einkünfte all seiner Berater: 70 Millionen Euro brachte er unter dieses Völkchen der Auserwählten. Lächerlich diese 5,8 Millionen Euro, die er seinen Anwälten in Sachen Maut und Diesel zahlte. Und dann noch diese 300.000 Euro für eine Kanzlei, deren einzige Aufgabe es laut Tagesspiegel gewesen sein sollte, die Reporter dieses Blattes mit Luft zu beschäftigen.
Und dann war da noch ein Spezialist für Kirchenrecht der Uni Bonn, der für den Herrn Bundesminister herausfand, dass man keineswegs auf den Europäischen Gerichtshof hören müsse. Auch nicht auf Österreicher. Immerhin hat Scheuer bewiesen, dass ihm der liebe Gott näher ist als Österreich und die Europäische Union. So ist das eben in Bayern. Und diese weltlichen Dinge: Schadenersatzansprüche – wo doch Scheuer gar keinen Schaden erkennen konnte, weil ja durch ihn nichts eingenommen wurde – hätten sich auf 560 Millionen Euro getürmt? Ein Schelm, wer so etwas wirklich glaubt. Und soll er das am Ende aus eigener Tasche zahlen? Hat der Scholz vielleicht die Cum-Ex-Milliarden selbst bezahlt? Milliarden sind außerdem viel mehr als Millionen, oder? Na also!
Alle müssen bezahlen. Nur eben diese beiden nicht. Hätte er doch nur auf Angela Merkel gehört. Die hatte weitsichtig schon vor Andreas Scheuers Inthronisierung gesagt: "Mit mir wird es eine deutsche Autobahnmaut nicht geben." Das hat er jetzt davon. So fährt Andreas Scheuer aus Niederbayern nach Niederbayern, ohne Maut zu zahlen, hinein in die Abendsonne, in der sich die Seinen offensichtlich sehr wohl fühlen.
Ein Parteikollege und Justiziar seiner Partei, der CSU-Jurist Michael Frieser, hat einmal gesagt: "Der Untersuchungsausschuss ist das schärfste Schwert der Demokratie." Man könnte glauben, dass so etwas nur Juristen sagen. Er hatte selbst einmal einen Ausschuss mit geleitet: Gegen Sebastian Edathy. Auch dieser Ausschuss ging allerdings aus, wie das Hornberger Schießen.
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