von Arthur Buchholz
Der Christopher Street Day erinnert an die Unruhen nach einer Polizeirazzia in einer Schwulenbar in New York – so weit, so bekannt. Mittlerweile ist ja ein ganzer Monat daraus geworden, der Pride Month. Firmen haben diesen Trend längst aufgegriffen. Was als Greenwashing bekannt ist, die Anbiederung von Firmen an den ökologischen Zeitgeist, wird einen Monat lang als Pridewashing oder Rainbowwashing zu einem ausgedehnten Werbefest. Denn Geld kennt schließlich kein Gender.
So wechseln alle Firmen auf ihren sozialen Kanälen mal eben für einen Monat ihr Logo, aus den letzten Ecken werden LGBTQ-Mitarbeiter herausgezerrt, die freudestrahlend in die Kamera erzählen, wie toll inklusiv es sich anfühlt, da zu arbeiten. Da werden Flaggen in die Geschäfte gehängt und Mitarbeiter auf Pride Parades geschickt, immer schön mit dem Logo der Firma vorneweg.
Nichts gibts ohne den Regenbogen. Die Pommes, die Schuhe, die Mundspülung.
Für Firmen ist die Lage fast alternativlos: lieber auf den Zug aufspringen und sich im schlimmsten Fall Anbiederung vorwerfen lassen, als überhaupt nichts oder um Gottes willen etwas Kritisches zu sagen.
So ähnlich ging es Guido Barilla, dem Chef der weltgrößten Pastaherstellers, als er in einem Radiointerview sagte: "Ich würde nie einen Werbespot mit einer homosexuellen Familie machen, nicht aus Mangel an Respekt, sondern weil wir nicht mit ihnen einverstanden sind."
Das war 2013, und das Unternehmen, das für klassische Familienwerte stand, brauchte Jahre, um den angekratzten Ruf wieder her- und sich mit der LGBTQ-Bewegung gutzustellen. Und damals steckte die sogenannte "Cancel Culture" noch in den Kinderschuhen.
Der Pride Month ist ein bisschen wie Weihnachten: überall dieselben Farben, und es muss heftig konsumiert werden. Aber Weihnachten wird auch nicht überall gefeiert. In Saudi-Arabien werden auch nicht so viele Weihnachtsmänner verkauft. Sie wissen, worauf ich hinauswill.
Firmen halten sich in den Ländern, in denen mit so einer Art von Aktivismus kein Blumentopf zu holen ist, mit der Regenbogenflagge vornehm zurück.
Erstaunlicherweise ist in Riad noch keine Pride Parade angekündigt. Da lernt man als Europäer doch schnell den Unterschied zwischen Aktivismus und Slacktivismus, also des Handelns und des "So tun als ob". In Deutschland eine Pride Parade zu veranstalten ist mittlerweile so mutig und kontrovers, wie einen Elternabend im Sitzkreis abzuhalten. Gegen wen soll man denn kämpfen, wenn sogar die Deutsche Bank bei der Pride Parade mitläuft und die Bundeswehr ihre Trans-SoldatXnnen in Szene setzt?
Weil der Bewegung hier der Feind längst abhandengekommen ist, sie aber auch zu bequem ist, sich in Riad verhaften zu lassen, denkt man sich eben imaginäre Bösewichte aus wie das "Patriarchat" und den "alten, weißen Mann", den man symbolisch jedes Jahr aufs Neue mit einer glänzenden Glitterparade für besiegt erklären kann.
Frauen, die in Teheran öffentlich das Kopftuch abstreifen, lächeln wahrscheinlich müde über ihre Alliierten hier in Europa, die fähnchenschwenkend im Schlüpfer durch die Straßen hüpfen. Ich kaufe mir jetzt eine MAGA-Kappe in Regenbogenfarben.
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