Ein Meinungsbeitrag von Stephan Fein
Es geschah an einem Dienstag im Bundestag. Das Bundeskabinett beschloss großzügig den Bürokratieabbau. Endlich sollten Hunderttausende kleiner Betriebe des Mittelstands Erleichterung finden. 22 Tagesordnungspunkte, darunter die "digitalen Verfahren zur Gewährung von Familienleistungen", ein "Unternehmensstammdatenregister" zur Beantragung noch einfacherer Krisenhilfen und manch anderes Unaussprechliches mehr sollten nun endlich mal vom Tisch. Alles Erleichterungen für den Bürger, auf die er lange schon gewartet hatte. Kaum war der Tagesordnungspunkt vom Tisch, beschloss dieselbe Runde die Testpflicht für Unternehmen. Und schuf ein weiteres Bürokratie-Monster.
Mit großer Leichtigkeit wurde mal eben schnell abgehakt, dass unter Androhung von Gewalt und hohen Geldbußen deutsche Unternehmer verpflichtet werden, zwei Corona-Tests pro Woche und Mitarbeiter besorgen zu müssen. Die Kosten für den durchschnittlichen Unternehmer mit rund 100 Angestellten: pro Monat mindestens 30.000 Euro. Sie wurden nicht erwähnt. Darauf bleibt er erst mal sitzen. Verbandsvertreter murrten und murmelten etwas von "wovon sollen wir denn das schon wieder nehmen?". Doch nix passierte. Das Kabinett befand sich ja schließlich noch in Geberlaune. Und die wollte man sich nicht vermiesen lassen. Außerdem habe sich diese faule, dauergeschlossene Wirtschaft ja gar nicht richtig um Tests bemüht.
Und überhaupt muss die Regierung ja nicht alles machen! Was das für den Einzelnen bedeutet, haben die Damen und Herren von Muttis Küchenkabinett nicht wirklich durchdacht. Schließlich war es ja schon nach eins, und da macht ja bekanntlich jeder seins.
Testauflagen für jeden Besuch beim Fachhändler. Testbescheinigungen für jeden Topf Farbe. Ein unüberschaubares Dickicht an Verordnungen prasselte aufs gemeine Wahlvolk herab, geschaffen in nur einer Sitzung, in der eigentlich die Bürokratie vereinfacht werden sollte.
Was aber, wenn der Test dann statt negativ auf einmal positiv ausfällt? Darf man dann noch einkaufen? Wer bringt dann die Kinder in den Kindergarten oder in die Schule, und darf man das dann überhaupt noch nach einem Jahr Lockdown? Wer besorgt uns dann noch die Sommerreifen, die Balkonblumen? Die neue Sommerjacke? Und wer – zum Kuckuck – soll diese seltsamen Tests bezahlen und dem Kleinunternehmer die Kosten zurückerstatten, wenn er hoffentlich gerade überhaupt noch damit klar kommt, auf reduzierter Fläche und mit teuren Hygienemaßnahmen seinen kleinen Laden zu eröffnen und wieder zu schließen?
Eine einfache Antwort wird es immerhin auf die Testpflicht geben: Es wird dann einfach mehr gefälscht, weniger getestet und noch mehr unter den Tisch fallen. Andererseits wird bei den 56 Prozent im Land, denen laut Umfragen die Maßnahmen immer noch nicht hart genug sind, die Überwachung der Nächsten mit oder ohne Testat eine neue Spezies hervorbringen: die der Test-Prüfer und vielleicht des Obertestwarts.
Hinzu kommen nächtliche Ausgangssperren und Sonderkontrollen zu Nummernschild- und Distanzverbrechern. Wahrscheinlich darf man dann ohne einen Test, der nicht älter als zwölf Stunden ist, auch nicht mehr ins Bett gehen. Und bloß nicht vergessen, den Wecker zu stellen! Ausschlafen ist dann nicht mehr möglich, sieben Stunden müssen für die Volksgesundheit reichen. Schließlich könnte man ja mit einem ehemals gültigen, aber nun leider abgelaufenen Test aufwachen. Und was dann?
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